Ein Königreich für die Leidenschaft
Unter einer Palme standen zwei bequeme Sessel, und AJ und Lani setzten sich.
„Was ist deiner Meinung nach mit Vanu passiert?“, wollte AJ von ihr wissen.
„An dem Morgen fehlte im königlichen Jachthafen ein kleines Segelboot, mit dem er manchmal rausgefahren ist. Manche sind davon überzeugt, dass Vanu mit dem Boot unterwegs war. In der Nacht herrschte ein ziemlich starker Sturm.“ Wie oft hatten sie in den letzten beiden Monaten Bilder von Vanu verfolgt, wie er gegen die Wellen ankämpfte.
„Möglich ist aber auch, dass sich das Boot einfach losgerissen hat. So etwas ist schon häufiger passiert. Der Hafen ist nicht gut gesichert.“
„Das ist wahr. Aber die Insel ist nicht sehr groß, und man hätte Vanu finden müssen. Er hat sie bestimmt verlassen. Und da die Flugzeuge alle da sind, kann er nur das Boot genommen haben.“
„Aber warum?“ Fragend sah AJ sie an.
Kurz zuckte sie mit den schmalen Schultern. Ja, warum? Doch spielte das jetzt noch eine Rolle? Ihre Ehe war vorbei, und keiner brauchte zu erfahren, dass das Leben mit Vanu die Hölle auf Erden gewesen war. Das zumindest war sie ihrer Schwiegermutter schuldig, die alles dafür getan hatte, damit sie sich am Hof wohlfühlte, und die ihren ältesten Sohn geliebt, ja, vergöttert hatte. „Wahrscheinlich war er ruhelos. Und konnte nicht schlafen.“ Gedankenverloren blickte sie in die Ferne, wo der Tropennebel in den Bäumen hing. „Er ist oft nachts noch im Garten spazieren gegangen. Er brauchte wohl nicht viel Schlaf.“
„So war er auch schon als Kind. Manchmal hatte ich den Eindruck, er schläft überhaupt nicht.“
Das stieß er so düster hervor, dass Lani ihn erstaunt ansah. Die Brauen zusammengezogen, starrte AJ vor sich hin. Kein Wunder, dachte sie, er trauert um Vanu, den älteren Bruder, den er nie mehr wiedersehen wird. Äußerlich ähneln sich die beiden Brüder wirklich nicht, fiel ihr dabei auf. Vanus scharf geschnittenes Gesicht mit den schmalen Lippen und den stechenden Augen war das krasse Gegenteil von AJs freundlichen Zügen, den warmen braunen Augen und dem wohlgeformten Mund.
Sie hatte Vanu nicht aus Liebe geheiratet. Alle hatten gemeint, sie müsse es tun, es sei ihre große Chance, die sie als Tochter einer Wäscherin nicht ausschlagen dürfe. Damals hatte sie nicht gewusst, wie sie sich darüber hinwegsetzen sollte.
„Und wie geht es meiner Mutter?“, fragte er jetzt leise. „Wie erträgt sie den Verlust?“
„Nur schwer. Sie weint viel, und das sieht ihr überhaupt nicht ähnlich.“
„Ja, es muss schrecklich sein, ein Kind zu verlieren. Immerhin hat sie noch dich. Ich weiß, dass sie sehr an dir hängt.“
Lani lächelte traurig. „Sie war so nett zu mir. Alle waren nett zu mir.“ Nur Vanu nicht.
„Wenn ich nun wieder nach Los Angeles zurückkehre, wirst du wohl als Königin regieren, oder?“
„Ich?“ Lani fuhr hoch und sah ihn erschrocken an. „In meinen Adern fließt doch kein königliches Blut.“
„Das nicht. Aber durch die Heirat mit Vanu bist du nun mal die Königin. Hast du das nicht gewusst?“, fügte er lächelnd hinzu.
„Doch. Aber im Grunde bin ich doch nur ein einfaches Mädchen vom Land.“
„Wieso? Bist du nicht in New Jersey geboren?“
„Ja. Aber als ich sieben war, haben meine Eltern sich scheiden lassen, und meine Mutter ist mit mir wieder in ihre Heimat Rahiri gezogen.“
„Dennoch wirkst du sehr viel gebildeter als das übliche Mädchen vom Land.“
Nachdenklich sah AJ sie an, und Lani überlief es heiß.
„Es gibt hier gute Schulen, dafür hat dein Vater gesorgt. Viele unserer Lehrer haben im Ausland studiert.“
„Ist dein amerikanischer Vater nicht sogar Professor?“ Er beugte sich weiter vor, sodass Lani seinen herben männlichen Duft wahrnahm.
Wieder wurde sie rot. Was sollte diese Fragerei? „Ja, er ist Geologe. Und er hat meine Studienpläne immer unterstützt. Ich hatte angefangen, Geschichte zu studieren, brach das Studium aber ab, als ich Vanu geheiratet habe.“ Vanu war immer ärgerlich geworden, wenn er sie mit einem Buch erwischte. Ein so hübscher Kopf, hatte er gemeint, solle nicht mit solchen Sachen vollgestopft werden.
„Dann fang doch wieder an, wenn du Lust dazu hast.“ AJ lachte kurz auf. „Ich für meinen Teil bin fürs Pauken völlig ungeeignet. Das Filmset ist meine Welt.“
„Dann bist du glücklich in Los Angeles?“
„Absolut. Ich habe nie Sehnsucht nach Rahiri.“
„Aber deine Mom hat Sehnsucht nach dir.“
„Ich
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