Ein Königreich für einen Kuss!
wieder in die Küche trat, musterte er sie mit einem Blick, der ihr durch und durch ging. Sie errötete. „Ab Mittwoch ginge es. Wie lange, meinen Sie, sollten wir bleiben?“
„Am liebsten für immer.“ Sein breites Lächeln ließ sie erschauern. „Aber vielleicht sollten wir erst mal mit einem Monat anfangen.“
„So lange kann ich nicht von meinem Arbeitsplatz weg.“ Besser gesagt, sie konnte es sich nicht leisten, vier Wochen nicht nach einem neuen Job zu suchen.
Vascos Blick wurde weich. „Sie haben doch gar keinen Job mehr“, warf er leise ein.
„Woher wissen Sie das?“ Misstrauisch sah sie ihn an. Hatte er etwa etwas mit ihrer Entlassung zu tun?
„Ich habe da angerufen, weil ich wissen wollte, ob auch Sie von den Kürzungen betroffen sind. Es tut mir sehr leid.“
„Mir auch. Jetzt muss ich möglichst bald wieder Arbeit finden, denn eine Lücke in meinem Lebenslauf macht sich nicht sonderlich gut.“
„Es muss gar keine Lücke geben. In der Palastbibliothek gibt es über zehntausend Bücher, darunter auch alte Handschriften aus einem Kloster. Soviel ich weiß, hat sich bisher noch keiner darum gekümmert, was aber dringend nötig wäre. Es gibt genug zu tun, falls Sie so freundlich wären, sich der Sache anzunehmen.“
„Das hört sich nicht uninteressant an.“ Nur mit Mühe verbarg sie ihre Erregung. Zugriff zu einer alten Bibliothek zu haben war der Traum eines jeden Büchernarren und besonders von Buchrestauratoren. Wer weiß, was für Schätze diese Bibliothek enthielt, möglicherweise auch Kostbarkeiten, von denen niemand etwas wusste.
„Sie würden gut bezahlt werden. Da ich jedoch nicht weiß, was man für derartige Arbeiten verlangen kann, müssten Sie sich selbst zu Ihren Honorarvorstellungen äußern. Alles, was Sie für Ihre Arbeit brauchen, wird Ihnen selbstverständlich zur Verfügung gestellt.“
„Danke, aber ich bringe mein eigenes Werkzeug mit. Und ich glaube, dass ich mir in einem Monat einen Überblick über den Zustand der Sammlung verschaffen und Vorschläge machen kann, welche Bände eine Aufarbeitung besonders nötig haben.“
„Ausgezeichnet.“ Sein Lächeln vertiefte sich.
In seinen ausgeblichenen Jeans, schwarzen Stiefeln, dem weißen Hemd und Jackett könnte er glatt als Model eines Männermagazins durchgehen, ging es Stella durch den Kopf. Gleichzeitig musste sie daran denken, dass sie in ihren Yogahosen und dem gestreiften T-Shirt bestimmt keine besonders gute Figur machte. Dennoch musterte Vasco sie immer wieder von oben bis unten, was sie ganz nervös machte. Flirtete er mit ihr? Trevor hatte vom Flirten und romantischen Gesten nicht viel gehalten, sodass sie in diesem Punkt nicht verwöhnt war und Vascos Verhalten nicht einschätzen konnte.
„Möchten Sie ein Glas Wasser?“, fragte sie, weil ihr selbst der Mund trocken geworden war.
„Ja, warum nicht.“ Er ließ sie nicht aus den Augen.
Hastig füllte sie ein Glas mit Wasser und war froh, als sie Nickys Stimme von oben hörte. „Oh, er ist wach.“ Wenigstens würde sie jetzt nicht mehr mit diesem irritierend attraktiven Mann allein sein.
„Warten Sie lieber hier“, sagte sie schnell, als Vasco aufstand, um sie nach oben zu begleiten. „Ich bin gleich wieder da.“
Irgendwie war es ihr unangenehm, ihn oben in ihrer Privatsphäre zu wissen. Aber auch unten wollte sie ihn eigentlich nicht allein lassen. Warum, wusste sie selbst nicht. Das alles ging viel zu schnell. Vielleicht hätte sie nicht gleich auf sein Angebot eingehen sollen. Er blieb stehen, als sie den Raum verließ. Wahrscheinlich wollte er die Gelegenheit nutzen und in ihren Sachen herumstöbern, um sich ein klareres Bild von ihr und ihrem Leben zu machen. Sie lief die Treppe hoch, hob Nicky aus seinem Bettchen und hastete wieder nach unten.
Bei dem Blick, den Vasco auf dem Kind ruhen ließ, schämte sie sich ihrer schäbigen Gedanken. Ein Lächeln verklärte sein Gesicht und ließ die markanten Züge weich erscheinen. Als erste Reaktion drückte sie den Kleinen fest an sich, als müsse sie ihn vor dem Fremden schützen, der mit ihrer Liebe konkurrieren wollte. Doch dann spürte sie den Wunsch, ihn Vasco zu übergeben, damit auch er das Glück empfinden konnte, das sie erfüllte, wenn sie den kleinen warmen Körper hielt.
Vorsichtig setzte sie Nicky auf den Boden, und er fing sofort an davonzukrabbeln. „Wahrscheinlich ist er schon länger wach, denn er ist bereits voller Tatendrang“, bemerkte sie
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