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Ein Kuss vor Mitternacht

Ein Kuss vor Mitternacht

Titel: Ein Kuss vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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können.
    Die Strahlen der tief stehenden Sonne tauchten das rote Backsteingebäude in einen warmen Schein und ließen die unzähligen Fenster aufblitzen. Es wurde von drei zinnenbewehrten Giebeltürmen gekrönt, die aus der imposanten Fassade hervorsprangen. Aus dem Walmdach des Haupthauses ragte eine Vielzahl von Kaminen auf, an der Ostseite erstreckte sich ein langer, einstöckiger Flügelanbau, dessen Flachdach von einer geschwungenen weißen Balustrade begrenzt war.
    Constance fragte sich verwundert, wieso Lord Leighton sein Elternhaus so ungern besuchte. An seiner Stelle hätte sie ein solches Heim gar nicht erst verlassen.
    Die Kutsche hielt vor dem mittleren vorgeschobenen Turmbau, der ein schweres Eichenportal überdachte. Die Woodleys stiegen aus und blickten bewundernd die Fassade hinauf. Über dem Portal prangten drei Wappen in Stein gemeißelt, und weitere behauene Schmuckelemente und Ornamente zierten den steinernen Rundbogen.
    Das Portal wurde von einem livrierten Lakaien geöffnet, der die Gäste durch eine große Halle in einen Salon führte. Constance starrte auf den steifen Rücken des Dieners und fragte sich bangen Herzens, was geschehen würde, wenn Francesca nicht zugegen wäre, um sie zu begrüßen. Sie befürchtete, dass Lord und Lady Selbrooke über den Besuch von fünf völlig fremden Menschen nicht sonderlich begeistert wären.
    Zu ihrer großen Erleichterung saß Francesca auf einem Sofa und unterhielt sich mit einer älteren Dame, vermutlich ihrer Mutter. Constances Blick wanderte weiter durch den Raum und entdeckte Lord Leighton an einem Fenster stehend. Er hatte sich bei ihrem Eintreten halb umgedreht, und das Abendlicht erhellte seine schönen Gesichtszüge. Constances Herz machte einen Satz, als er ihr zulächelte.
    Francesca sprang mit einem kleinen Freudenschrei auf, eilte herbei, ergriff Constances Hand, führte sie zu der älteren Dame und stellte sie einander vor.
    Lady Selbrooke sah ihrer Tochter erstaunlich ähnlich. Ihr blondes Haar war von silbernen Fäden durchzogen, und um ihre blauen Augen lag ein dünner Faltenkranz. Allerdings fehlte ihr die Lebhaftigkeit des Mienenspiels, das Francesca so sympathisch machte. Ihre Mimik wirkte beherrscht und ein wenig eisig. Lady Selbrooke nickte Constance und ihrer Familie höflich zu und murmelte einen Willkommensgruß, schien aber an der Begegnung nicht weiter interessiert zu sein.
    Lord Selbrooke erhob sich von seinem Sessel und begrüßte die Gäste ebenso reserviert wie seine Gemahlin. Ein gut aussehender, stattlicher Herr in mittleren Jahren, dem allerdings das Lachen in den Augen und die ungezwungene Art fehlte, die seinen Sohn so liebenswert machte.
    „Kennen Sie Lady Rutherford und Miss Muriel Rutherford?“, fragte Francesca fröhlich und winkte den beiden anderen Damen im Zimmer aufgeregt zu. „Lady Rutherford, Miss Rutherford, darf ich Sie mit Sir Roger Woodley, seiner Gemahlin und ihren Töchtern bekannt machen? Und dies ist Miss Constance Woodley.“
    Constance wandte sich einer dunkelhaarigen Dame in mittleren Jahren zu und einer neben ihr sitzenden jüngeren, gleichfalls dunkelhaarigen Dame. Beide maßen Constance mit kühlen Blicken, und sie erkannte mit einiger Beklemmung, dass es sich um die beiden Frauen handelte, die sie auf dem Ball vor einer Woche so feindselig gemustert hatten.
    Constance machte einen höflichen Knicks und murmelte eine Begrüßung. Während Francesca ihre Verwandten in ein höfliches Gespräch verwickelte, betrachtete sie die Damen verstohlen. Muriel Rutherford saß kerzengerade und mit sittsam im Schoß gefalteten Händen auf dem Stuhl, ohne die Lehne mit dem Rücken zu berühren. Sie trug ein Sommerkleid mit Streublumenmuster, an Ausschnitt und Saum mit Rüschen besetzt, ein mädchenhaftes Kleid, das nicht zu ihrem ernsthaften blassen Gesicht passen wollte. Ihre wasserblauen Augen verstärkten den Eindruck feindseliger Reserviertheit. Sie war die jüngere Ausgabe ihrer Mutter, einschließlich der dünnen Lippen und schmalen Nase.
    „Miss Woodley!“ Lord Leightons Stimme lenkte Constance von Miss Rutherford ab, und sie drehte sich zu ihm um. Er lächelte, und seine Augen funkelten amüsiert. Er beugte sich über ihre ausgestreckte Hand und hielt sie einen Moment länger, als schicklich gewesen wäre.
    Aus den Augenwinkeln glaubte Constance zu bemerken, wie Muriel Rutherfords Lippen noch dünner wurden.
    „Es ist mir eine große Freude, Sie wiederzusehen“, erklärte der

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