Ein Leben als Geist (Romeo & Julian) (German Edition)
damit beschäftigt war, einzubrechen.“
„Finden Sie ihn.“ Es klickte in der Leitung, dann war sie tot. Julian schauderte. Er zuckte zusammen als das Telefon in seiner Hand klingelte sobald er es ausgeschaltet hatte.
„Harris.“
„Ich bin’s.“ Romeos Stimme war angespannt.
„Ich weiß.“
„Wir müssen reden.“
„Oh ja, das müssen wir.“
Romeo seufzte. „Kannst du mich in einer Stunde treffen?“
Julian schnaufte. Oh, diese Frechheit! „Wo?“
„Du weißt , wo.“
Julian bekam keine Chance, noch etwas zu sagen. Die Leitung wurde schon wieder unterbrochen. Er starrte das Telefon einige Sekunden lang an und legte es dann weg. Eine Stunde. Der verlassene Flugplatz, zu dem Barnes Romeo vor beinahe genau vierundzwanzig Stunden gebracht hatte, befand sich nur etwa eine Viertelstunde Fahrzeit entfernt. Irgendwie lag eine gewisse Ironie darin, dass Barnes Befehle ausgeführt hatte, die von Romeo selbst gekommen waren, wie sich inzwischen wussten. Und dennoch war Romeo verletzt worden. Soweit es Julian betraf, verdiente der Mistkerl die Schmerzen. Er sah auf die Uhr. Vierzig Minuten, bis er los musste. Vierzig Minuten, in denen er einige Nachforschungen anstellen konnte.
* * * *
Als Julian sein Auto hinter dem Gebäude parkte, das einst kleine Privatflugzeuge beherbergt hatte aber seitdem vor sich hin rottete, hatte sich ein Teil seiner Wut in kalte Entschlossenheit verwandelt.
Er hatte also von Anfang an recht gehabt. Romeo hatte genau das getan, was Julian von ihm erwartet hatte. Er hatte gelogen und betrogen und seine Position sowie Julians Schwäche für ihn zu seinem eigenen Vorteil ausgenutzt. Für seine eigenen Zwecke. Und leichtgläubig wie er war, hatte Julian die süßen Lügen bereitwillig geschluckt, obwohl er es hätte besser wissen müssen. Jetzt konnte er noch tun, was er schon vor langer Zeit hätte tun sollen. Den Mistkerl festnageln. Allerdings würde es diesmal in einem anderen Wortsinn sein.
Er stieß die Tür auf , dann stieg er aus dem Auto. Seine Waffe fühlte sich ungewohnt schwer an in ihrem Schulterholster und die kleinere Ersatzpistole drückte gegen seinen Knöchel. Die Entscheidung, seine Waffen mitzunehmen, war ihm nicht leichtgefallen, aber er war nicht länger bereit, ein Risiko einzugehen. Romeo war durchaus gefährlich, wie Julian inzwischen wusste, und er würde sich wohl kaum aufhalten lassen. Ein leises Rascheln hinter ihm ließ ihn innehalten und aufhorchen.
„Danke, dass du gekommen bist, Jules.“
„Ach, du kennst mich doch. Ich kann einfach keiner Gelegenheit widerstehen, einen Dieb zu fangen.“ Julian drehte sich langsam um. Romeo sah noch genauso aus wie zuvor. Warum auch nicht? Absichten zeigten sich nicht in der Kleidung, die jemand trug, und Romeos wahre Absicht hatte sich ja in all der Zeit, die sie sich kannten, sowieso nie geändert.
Romeos Lippen zuckten im Anflug eines Lächelns, doch seine kühlen blauen Augen blieben ernst und wachsam.
„Was denn, keine scharfsinnige Antwort?“ grummelte Julian.
„Nein.“
„Auch gut. Dann kommen wir also gleich zur Sache, oder?“
„Sozusagen.“
„Vielleicht könntest du mir einfach erzählen, warum du hier bist. Das würde uns eine Menge Zeit sparen“, sagte Julian kalt. Romeo blinzelte, und seine Augen blieben einen Sekundenbruchteil länger als gewöhnlich geschlossen. Julian sah genauer hin. Es war kalt, und der Wind wehte ziemlich heftig über das flache Stück Land. Er hatte angenommen, das sei der Grund für Romeos rot geränderte Augen, doch jetzt bemerkte er den Glanz von Tränen in ihnen. Andererseits konnte der Wind auch genau diesen Effekt haben, und er war überzeugt, dass Romeo gut genug schauspielern konnte, um ein paar Tränen hervor zu pressen wenn es seinen Absichten nützte.
„Ich bin hier um…“ Romeo brach ab. Seine Stimme klang rau und er schluckte mehrmals bevor er wieder ansetzte. „Ich dachte, du würdest einige Antworten wollen.“
„Oh, das ist wirklich nett von dir, aber bemüh dich nicht. Ich bin durchaus in der Lage, selbst Antworten zu finden.“
„Ich weiß“, antwortete Romeo ernst. „Ich möchte nur sichergehen, dass es auch die richtigen sind.“
„Sehr freundlich. Der Plan war brillant, das muss ich dir lassen. Wenn du einfach so ins Archiv eingebrochen wärst, hätte es eine Untersuchung gegeben. Die hätten jeden einzelnen Schnipsel zehnmal umgedreht. Da aber alle wussten, dass und warum du drin warst, hat sich keiner bemüht zu
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