PR 2631 – Die Stunde der Blender
»Die Revolution ist wie Saturn: Sie frisst ihre eigenen Kinder.«
Pierre Vergniaud, kurz vor seiner Hinrichtung am 31. 10. 1793
Prolog
Protektor Kaowen
Innerer Frieden war nur etwas für Schwächlinge.
Diesem Credo zufolge strebte Kaowen keine Harmonie für seine Seele an. Als xylthischer Heerführer und Protektor der QIN-SHI-Garde stand ihm der Sinn nach weitaus Wichtigerem. Und doch fühlte er Erleichterung, dass seine Beunruhigung allmählich schwand.
Mehr noch, seine Angst.
Er hätte es niemals und vor niemandem zugegeben, aber nach all seinen Niederlagen fürchtete er sich, von QIN SHI für sein schändliches, wiederholtes Versagen zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Diese Angst nahm allerdings im selben Maß ab, wie sich die RADONJU dem Planeten Meloudil näherte, dem Ort seines kommenden Triumphes, der darauf wartete, all seine Fehler aufzuwiegen. Nichts vermochte sich dort der Weltengeißel in den Weg zu stellen. Die Aktivierung musste gelingen, millionenfache Lebensenergie QIN SHI zuströmen – und die Superintelligenz würde zufrieden sein.
Kaowen erwies sich erneut als fähiger Protektor, der sich selbst von einem Perry Rhodan nicht stören ließe. Der Xylthe empfand nur Abscheu, als er an seinen Feind dachte, der mit dem Raumschiff namens BASIS in die Galaxis Chanda gelangt war. Seit seiner Ankunft versagte Kaowen immer wieder aufs Neue. Ganz gewiss hatte dieser Rhodan auch seine Finger beim Versagen der Weltengeißel im Spiel gehabt!
Aber die Serie von Misserfolgen fand nun ein Ende.
QIN SHI sollte keinen Grund mehr haben, an ihm und seinen Fähigkeiten zu zweifeln. Die Bewohner von Meloudil standen bereit, um serviert zu werden. Abgeerntet.
Bislang hatte QIN SHI niemals die Lebensenergien der Bevölkerung eines Planeten aufgenommen, den seine Diener bewohnten; aber Dinge änderten sich eben. Zudem hatte der Verzweifelte Widerstand bisher noch nie eine Aktivierung unterbrochen und gestört.
Warum sich QIN SHI ausgerechnet eine Welt der Dosanthi aussuchte? Kaowen vermochte es sich nur so zu erklären, dass Meloudil kosmisch gesehen in geringer Entfernung zu Cruny lag, dem letzten Einsatzort der Weltengeißel. Und dass die dortigen Bewohner außerdem den Anforderungen entsprachen: einfache, leichte Beute.
Der Protektor wartete gespannt auf das, was ihnen bevorstand. Wie bei jeder Aktivierung standen Dosanthi-Horden bereit, über den Planeten herzufallen und die Bevölkerung in Angst und Panik zu versetzen. Nur diesmal bedeutete es, dass Dosanthi gegen ihresgleichen kämpften.
Kein Grund jedoch, sich auf irgendwelche Schwierigkeiten vorzubereiten. Seine Soldaten würden ihm gehorchen, ihren Befehl ausführen und ihre Aufgabe erfüllen. Das System funktionierte. Es war perfekt; notfalls unterstützten xylthische Heerführer es mit etwas Gewalt.
Noch vor Jahren war Kaowen der Überzeugung gewesen, dass die Dosanthi nichts so sehr fürchteten wie ihre Furcht; ein Kreislauf, der diese erbärmlichen Wesen immer tiefer in ihre Ängste und jämmerliche Schwachheit riss. Inzwischen jedoch ängstigten sie sich vor allem vor den Xylthen, weil diese in QIN SHIS Machtgefüge über ihnen standen, weil sie stärker waren als sie selbst.
Dosanthi mochten in QIN SHIS Sinne Verbündete sein, doch sie stellten das Fußvolk. Mehr noch, sie dienten als Kanonenfutter, zwar nützlich, aber auch lästig. Man musste sie mit übermächtiger Willenskraft und der nötigen Gewalt führen und sie an ihren Platz zwingen.
Falls das mit sich brachte, dass sie einen Planeten ihres eigenen Volkes der Weltengeißel überließen, sollte es eben so sein.
Kaowen ließ sich zufrieden in die Sitzmulde seines Privatquartiers sinken und schloss die Augen. Seine Serie aus Versagen und Scheitern gehörte schon bald der Vergangenheit an.
Alles war gut.
Alles ... war ... gut.
0.
Tokun Gavang
Er war kein Agal-Atimpal mehr.
Tokun schrie.
*
Vergangenheit, 1379 NGZ
Tokun Gavang klebte wochenlang an seiner Wand.
Ärzte und Geistheiler untersuchten ihn, gaben ihm alle möglichen Medikamente, injizierten ihm sogar eine Tinktur aus der Dosedo-Pflanze; allein: Sein Zustand besserte sich nicht.
Tokun bemerkte meist nicht einmal, wenn jemand kam, um ihn zu versorgen. Das Fieber schmolz seine Welt zusammen.
In den wenigen klaren Momenten zwischen den Schüben überkam ihn die Angst, dass er Dinge verraten könnte, die er mit aller Gewalt für sich behalten musste.
Geheimnisse des Verzweifelten
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