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Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Titel: Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kofi Annan
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Befugnissen eines Regierungschefs –, was er bis heute ist.
    Dieselben Eigenschaften, die Mugabe zu einem beeindruckenden Revolutionsführer gemacht hatten, machten ihn nun zu einem autokratischen und letztlich für das Volk von Simbabwe gefährlichen Präsidenten. Das Verlangen nach Einigkeit, die Aversion gegen Pluralität, der Widerwille gegen Spaltungen, die aus der revolutionären Erfahrung erwachsen waren, hatten zur Folge, dass seine Herrschaft immer autokratischer wurde.
    Aber die Gefahren dieser personalisierten Herrschaftsform wurden erst in den neunziger Jahren deutlich, als Mugabe eine Reihe ebenso aggressiver wie katastrophaler Landreformen durchführte. In den achtziger und den frühen neunziger Jahren galt Simbabwe nicht ohne Grund als eines der Länder Afrikas, in denen sich die Lebensbedingungen am positivsten entwickelten. Doch die irregeleiteten Reformen lähmten die Wirtschaft und führten zu einem dramatischen Rückgang des Lebensstandards und des Gesundheitszustands der Simbabwer. Die Vorstellung von Mugabes Autorität war jedoch zu tief im politischen System und in seinem eigenen Denken verwurzelt, als dass sein Rücktritt auch nur in Erwägung gezogen worden wäre. Die politischen Institutionen waren nicht stark genug, um seine Herrschaft eindämmen oder seine Absetzung durchsetzen zu können. Stattdessen nahm die brutale Repression zu, um Mugabe trotz verbreiteter Unruhe an der Macht zu halten.
    Von außen, von anderen afrikanischen Führern, wurde nur langsam und schwach Druck aufgebaut, vor allem, weil Mugabe aufgrund seiner revolutionären Leistungen in ganz Afrika in hohem Ansehen stand. Darüber hinaus hatte er anderen Führern von Freiheitsbewegungen geholfen, etwa in Namibia, Südafrika und Mosambik, wo jetzt eben diese Leute an der Spitze der Regierungen standen. In der Gemeinschaft der afrikanischen Führer war er so etwas wie der Vorsitzende der Gewerkschaft der Freiheitskämpfer.
    Das schlimmste Merkmal dieses Herrschaftstypus ist, dass sich Machthaber, die zunächst als gute, wünschenswerte Führer erscheinen, verändern können – was oft genug geschieht. Das bedeutet, dass die Menschen Gefahren ausgesetzt sind, gegen die sie keinerlei institutionellen Schutz haben. So geschah es mit Mugabe. Seine größten Fehltritte als Regierender beging er erst, nachdem er schon zwanzig Jahre im Amt war.
    Ich verfolgte besorgt, wie sich sein Führungsstil veränderte und sein anfangs vernünftiges, kalkuliertes Vorgehen einer jähzornigen, sogar paranoiden Haltung wich, die ständige Abwehrbereitschaft signalisierte. Seinem politischen Charakter, der im revolutionären Kampf im Buschland von Simbabwe geprägt worden war, entsprach es, bei Bedrohungen zurückzuschlagen. Das war seine Art. Als er älter wurde und die Kritik von Seiten der Außenwelt zunahm, trieb ihn dieser Charakterzug dazu, mit immer größerer Halsstarrigkeit auf seiner destruktiven Innenpolitik zu beharren.
    Als ich das Amt des Generalsekretärs antrat, hatte ich ein gutes persönliches Verhältnis zu Mugabe. Noch inmitten der Unruhen sah ich meine herzliche Beziehung zu ihm als Vorteil an, eröffnete sie der Weltgemeinschaft doch einen potentiellen »Zugang«, um ihn zu einem Kurswechsel zu veranlassen. Aber diesen Vorteil dürfte ich verloren haben, als ich Anna Tibaijuka, die Leiterin des Siedlungsprogramms der Vereinten Nationen ( UN - HABITAT ), beauftragte, eine Untersuchung über die brutale Slumsäuberung in Harare durchzuführen. Die Ergebnisse der Studie zeigten klar und schonungslos, welche Schuld der Regierung anzulasten war. Danach warf Mugabe, der seit langem den britischen Einfluss in Simbabwe argwöhnisch beobachtete, Tibaijuka vor, eine britische Spionin zu sein, die in sein Land geschickt worden sei, um Tony Blairs Pläne umzusetzen.

    Die Entwicklung in Simbabwe zeigt, wie gefährlich es ist, sich bei der Führung und Gestaltung eines Landes allein auf die Qualitäten eines einzigen Mannes zu verlassen. Ihr kollektives Schicksal sollten die Bürger ausschließlich repräsentativen, verantwortlichen und rechenschaftspflichtigen Institutionen anvertrauen, die eine größere Vollmacht, Unantastbarkeit und Lebensdauer als ein einzelner Mensch besitzen. Führer wie Nelson Mandela haben dies begriffen. Als Mandela nach einer Amtszeit, ohne zu zögern, zurücktrat, führte er genau diesen Grund an: Institutionen seien stets wichtiger als irgendeine Einzelperson.
    Die Unterstützung für das System des

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