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Ein Leben unter Toten

Ein Leben unter Toten

Titel: Ein Leben unter Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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feuchte Erde des Friedhofs gelegt werden. Wenn diese Freundin es tatsächlich schaffte, früh genug einzutreffen, sie würde sofort kehrt machen und wieder dorthin fahren, wo sie hergekommen war.
    »Nein«, sagte jemand. »Ich kann es nicht glauben. Es wird hier kein Entkommen geben. Uns kann niemand helfen. Das ist ein Leben unter Toten. Ich kann es nicht mehr aushalten…« Die Frau schluchzte auf und preßte ihre Hände gegen das Gesicht.
    Die Nachbarin tröstete sie und legte ihre Hand auf das dünne Haar der weinenden Frau. »Warte noch und hab bitte Geduld. Vielleicht ändert sich alles zum Guten.«
    »Das kann ich nicht glauben. Es ist zu schlimm, wirklich. Wir sitzen hier in einer Falle. Sie schnappt zu, und wir können uns nicht wehren.«
    Im Prinzip hatte sie recht. Aber das gab keiner offen zu. Sie dachten nur darüber nach, mehr nicht, wobei sich manch einer fragte, ob es wirklich ein Leben unter Toten war.
    Die Gedanken einiger Frauen beschäftigten sich auch mit dem Friedhof. Zu diesem Totenacker hatte man hier eine besondere Beziehung. Die Everett sprach den eigentlichen Namen nur selten aus. Für sie war es kein Friedhof oder eine Begräbnisstätte, sondern eine Ubergangsstation. Eine seltsame Bezeichnung aber die alten Frauen hatten sich inzwischen daran gewöhnt, nur wußten sie nicht genau, was damit gemeint war.
    Und noch ein Wort der Everett war ihnen unklar. Sie hatte am gestrigen Tag bekanntgegeben, daß man zum Sommerfest Gäste erwartete. Wer das war, wollte sie nicht sagen, doch ein jeder glaubte daran, daß es sich nicht um normale Besucher handelte.
    »Eßt, meine Lieben«, sagte Carola, die so etwas wie die Anführerin unter den Frauen war. »Es hat keinen Sinn, daß wir hungrig umherlaufen. Vielleicht gibt es wegen der Beerdigung kein Mittagessen. Das ist ja schon des öfteren geschehen.«
    Da hatte sie ein wahres Wort gesprochen, und die Frauen widmeten sich wieder ihrem Frühstück. Der Kaffee war längst kalt geworden. Butter oder Brötchen bekamen sie nicht. Nur dünne Margarine, die aussah, als bestünde sie hauptsächlich aus Wasser. Ebenso schlecht war die Marmelade. Nur Brot gab es reichlich.
    Da es ziemlich still war, hörten die Frauen Motorengeräusch. Es kam aus den Hügeln, und es war ungewöhnlich, daß ein Fahrzeug zu dieser Zeit eintraf. Dementsprechend groß war die Neugierde der Personen. Nur wenige, es waren die, die sich schlecht bewegen konnten, blieben auf ihren Plätzen sitzen. Die anderen erhoben sich und verteilten sich an den drei breiten, hohen Fenstern. Durch sie fielen ihre Blicke auf den Weg und bis in die Hügel hinein, wo eine in der Luft schwebende Staubfahne die Ankunft des Wagens ankündigte.
    »Wer mag das sein?«
    »Vielleicht ein Lebensmitteltransport für den Abend.«
    »Glaube ich nicht. Der ist schon gestern gekommen.«
    »Die können doch etwas vergessen haben.«
    »Für uns?« Ein schrilles Lachen ertönte. »Nein, uns läßt man lieber verrecken, bevor man uns etwas extra gibt. Ist doch so, nicht wahr?« Die Sprecherin drehte sich zu Carola um, die nur die schmalen Schultern hob. Sie wußte auch nichts Genaues.
    Nach zwei weiteren Kurven sahen die Frauen, wie sich der Wagen aus den Staubwolken hervorschälte.
    Es war ein dunkler Kastenwagen. Ein Transporter, der den Frauen ebenfalls nicht unbekannt war. Er schaffte das heran, was in diesem Altersheim am meisten benötigt wurde.
    »Die Särge kommen«, flüsterte jemand.
    »Nachschub für den Friedhof!«
    Nach diesen Sätzen zogen einige Frauen die Schultern hoch, als würden sie frösteln.
    Der Wagen wurde auf den kleinen Platz gelenkt und stoppte erst vor dem breiten, repräsentativen Eingang. Mit einem Blubbern erstarb der Motor. Im nächsten Augenblick flog die Fahrertür auf, und ein Mann sprang nach draußen. Er war ebenfalls älter, hatte eine Halbglatze und trug einen grauen Kittel. Nur einen kurzen Blick warf er auf die Fenster des Speisesaals. Er mußte die Frauen hinter den Scheiben sehen, winkte und lief danach die breite Treppe hoch.
    Einige Frauen hatten den Gruß erwidert. Die Besucher stellten so etwas wie die letzte Verbindung zur Außenwelt dar. Aber auch sie kümmerten sich nicht um die Sorgen und Nöte der alten Frauen. Wahrscheinlich wußten sie gar nicht, welche Hölle die hier Einsitzenden durchmachten.
    »Bin gespannt, wie viele Särge er diesmal mitgebracht hat«, sagte jemand.
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Natürlich. Dann wissen wir, wie viele von uns in naher Zukunft

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