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Ein Lied für meine Tochter

Ein Lied für meine Tochter

Titel: Ein Lied für meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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geschafft, an der Erziehung teilzuhaben.«
    »Und Sie kennen diese Leute?«
    »Sehr gut sogar«, antwortet Pastor Clive und lächelt. »Und du auch. Gott gab Jesus an Maria, um ihn auszutragen, und Joseph, um ihn großzuziehen. Er wusste, dass das getan werden musste. Und Jesus … Nun, ihn hat das offensichtlich nicht verwirrt.«
    Aber ich bin nicht Gott. Ich bin nur jemand, der immer wieder und wieder Mist gebaut hat und der alles versucht, nicht noch einen Fehler zu begehen.
    »Es wird schon alles gut werden, Max«, verspricht mir Pastor Clive.
    Und ich tue, was ich immer tue, wenn er bei mir ist: Ich glaube an das, was er mir sagt.
    Ich muss zugeben, dass meine Zweifel verblassen, als Reid den Saal betritt. Er trägt einen seiner eleganten Anzüge von der Savile Road und handgenähte italienische Slipper. Sein schwarzes Haar ist perfekt geschnitten, und ich weiß, dass er sich heute Morgen sogar von einem Barbier hat rasieren lassen. Er ist ein Mann, der Aufmerksamkeit erregt, wenn er einen Raum betritt, und das nicht nur, weil er gut aussieht, sondern weil er so selbstsicher ist. Als er an mir vorbeigeht, um den Zeugenstand zu betreten, rieche ich Aftershave und noch etwas anderes. Kein Parfüm – das benutzt Reid nicht. Es ist der Geruch von Geld.
    »Bitte, nennen Sie uns Ihren Namen fürs Protokoll«, sagt Wade.
    »Reid Baxter.«
    »Und wo leben Sie, Mr. Baxter?«
    »In Newport. 41 Ocean Drive.«
    »In welchem Verhältnis stehen Sie zum Kläger, Max Baxter?«
    Reid lächelt. »Ich bin sein großer Bruder.«
    »Sind Sie verheiratet, Mr. Baxter?«
    »Ja, mit meiner wunderbaren Frau Liddy, und das seit elf Jahren.«
    »Haben Sie Kinder?«, fragt Wade.
    »Gott hat uns nicht mit Kindern gesegnet«, antwortet Wade, »obwohl wir – wie ich gestehen muss – es oft genug versucht haben.«
    »Erzählen Sie mir ein wenig über Ihr Heim«, bittet ihn Wade.
    »Das Haus ist viertausendfünfhundert Quadratfuß groß und liegt am Meer. Wir haben vier Schlafzimmer und dreieinhalb Bäder. Wir haben einen Basketballkorb und einen großen Hof. Das Einzige, was uns noch fehlt, sind Kinder.«
    »Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?«
    »Ich bin Portfoliomanager bei Monroe, Flatt & Cohen«, sagt Reid. »Ich arbeite nun seit siebzehn Jahren für sie und bin inzwischen Senior Partner. Ich manage Fonds und Investments und versuche, das Geld anderer Leute zu vermehren.«
    »Auf wie viel beläuft sich Ihr Vermögen, Mr. Baxter?«
    Reid schaut bescheiden in seinen Schoß. »Auf etwas mehr als vier Millionen Dollar.«
    Heilige Scheiße.
    Ich wusste ja, dass es meinem Bruder gut geht, aber vier Millionen Dollar?
    Ich könnte einem Kind höchstens die Partnerschaft in einer armseligen Landschaftsgärtnerei bieten und das Wissen, wie man Rosen in widrigem Klima zieht. Das ist nicht gerade eine Lebensversicherung.
    »Arbeitet Liddy, Ihre Frau, auch?«, will Wade wissen.
    »Sie arbeitet ehrenamtlich für verschiedene Organisationen. Sie organisiert die Sonntagsschule in unserer Kirche. Sie verteilt Essen in einem Obdachlosenasyl, und sie ist Mitglied im Förderverein des Newport Hospitals. Außerdem sitzt sie auch im Denkmalschutzausschuss. Aber wir haben es so geplant, dass sie als Mom daheimbleiben soll, um die Kinder selbst zu erziehen.«
    »Betrachten Sie sich als einen frommen Mann?«, fragt Wade.
    »Ja, das tue ich«, antwortet Reid.
    »Und in welche Kirche gehen Sie, Mr. Baxter?«
    »In die Eternal Glory Church. Ich gehöre ihr seit fünfzehn Jahren an.«
    »Bekleiden Sie irgendwelche Posten in der Kirchenhierarchie?«
    »Ich bin der Schatzmeister«, erwidert Reid.
    »Und gehen Sie und Ihre Frau regelmäßig zum Gottesdienst?«
    Er nickt. »Jeden Sonntag.«
    »Betrachten Sie sich selbst als wiedergeborenen Christen?«
    »Wenn Sie damit meinen, dass ich Jesus als meinen persönlichen Retter erkannt habe, dann ja«, antwortet Reid.
    »Ich würde Ihre Aufmerksamkeit gerne auf den Kläger in diesem Fall lenken, Max Baxter.« Wade deutet auf mich. »Wie würden Sie Ihre Beziehung zu ihm beschreiben?«
    Reid denkt eine Minute lang nach. »Als gesegnet«, antwortet er schließlich. »Es ist so unglaublich, meinen kleinen Bruder wieder in meinem Leben zu haben und noch dazu auf dem rechten Weg.«
    In meiner ältesten Erinnerung bin ich drei Jahre alt und eifersüchtig auf Reids Geheimclub. Der war in seinem Baumhaus, einem besonderen Versteck, in das er mit seinen Schulfreunden fliehen konnte. Ich war noch zu jung, um dort

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