Ein Lied für meine Tochter
Zoe gezeugt haben, hatten Sie die Absicht, die daraus entstehenden Kinder mit ihr großzuziehen, korrekt?«
»Ja.«
»Und Zoe ist nach wie vor bereit und willig, diese Embryonen zu nehmen und sie als ihre Kinder großzuziehen. Sie hingegen sind einfach gegangen.«
»Ich bin nicht gegangen.«
»Hat Sie die Scheidung beantragt oder Sie?«
»Ich. Aber ich habe meine Ehe verlassen, nicht meine Kinder …«
»Nein, die geben Sie einfach weg«, sagt Angela. »Und Sie haben ausgesagt, dass Sie von Ihrer Scheidung bis zu dem Zeitpunkt, da Zoe zu Ihnen gekommen ist, nicht mehr an diese Embryonen gedacht haben.«
»So habe ich das nicht gemeint …«
»Aber das haben Sie gesagt. Was haben Sie sonst noch nicht so gemeint, Mr. Baxter?« Sie tritt einen Schritt auf mich zu. »Dass es Ihnen nichts ausmacht, die Embryonen Ihrem Bruder zu geben und selbst bei der Erziehung in den Hintergrund zu treten? Dass Sie sich vollkommen verändert haben? Dass Sie diese Klage nicht aus Rache an Ihrer Exfrau führen, deren neue Beziehung Sie in Ihrer Männlichkeit verletzt?«
»Einspruch!«, schreit Wade, doch zu dem Zeitpunkt stehe ich bereits und zittere am ganzen Leib. Mein Gesicht ist knallrot, und ich muss hundert wütende Antworten herunterschlucken.
»Das wäre dann alles, Mr. Baxter«, sagt Angela Moretti und lächelt mich an. »Das reicht vollkommen.«
Wade beantragt eine Sitzungspause, um mir die Möglichkeit zu geben, meine Fassung zurückzuerlangen. Als ich den Gerichtssaal verlasse, applaudieren mir die Mitglieder der Westboro Church. Ich fühle mich ein wenig schmutzig. Es ist eine Sache, Jesus von ganzem Herzen zu lieben, aber es ist etwas vollkommen anderes, vor Synagogen zu demonstrieren, weil man glaubt, Juden seien Christusmörder. »Können Sie die nicht loswerden?«, flüstere ich Wade zu.
»Keine Chance«, murmelt er zurück. »Die sind einfach toll für die Presse. Sie haben das Schlimmste überstanden, Max. Ernsthaft, wissen Sie, warum diese Anwältin Sie so provozieren musste? Weil sich nichts anderes in der Hand hat. Nicht das Gesetz dieses Landes und ganz sicher nicht Gottes Wort.«
Er führt mich in einen winzigen Raum mit einem Tisch, zwei Stühlen, einer Kaffeemaschine und einer Mikrowelle. Wade geht zur Mikrowelle und beugt sich hinunter, um in die spiegelnde Tür blicken zu können. Er lächelt, sodass ich seine Zähne sehen kann und wie er mit dem Daumen etwas aus ihnen herauspult. Dann grinst er erneut. »Wenn Sie dieses Kreuzverhör schon brutal finden, dann lehnen Sie sich jetzt zurück, und warten Sie ab, was ich mit Zoe vorhabe.«
Ich weiß nicht warum, aber bei dieser Vorstellung fühle ich mich nur noch schlechter.
»Können Sie mir einen Gefallen tun?«, frage ich. »Können Sie Pastor Clive für mich holen?«
Wade zögert. »Solange Sie mit ihm als geistigem Beistand reden und nicht als vorgeladenen Zeugen …«
Ich nicke. Das Letzte, was ich jetzt will, ist, die letzte Stunde im Saal noch mal zu erleben.
Wade verlässt den Raum und nimmt alle Luft mit hinaus. Ich lasse mich auf einen Plastikstuhl fallen und vergrabe das Gesicht zwischen den Knien. Ich bin sicher, das Bewusstsein zu verlieren. Ein paar Minuten später öffnet sich die Tür wieder, und ich sehe Pastor Clive in seinem weißen Leinenanzug. Er zieht sich den anderen Stuhl heran und setzt sich neben mich. »Lass uns beten«, sagt er und senkt den Kopf.
Seine Worte fließen über mich und waschen mich wieder rein. Ein Gebet ist wie Wasser – man kann sich nicht vorstellen, dass es genug Kraft hat, irgendetwas zu verändern, und doch kann es mit der Zeit die Welt verändern. »Max, du siehst aus, als würdest du mit dir ringen«, sagt Pastor Clive.
»Ich …« Ich wende mich ab und schüttele den Kopf. »Ich weiß nicht. Vielleicht sollte ich sie ja einfach Zoe geben.«
»Was lässt dich an dir zweifeln?«, fragt Pastor Clive.
»Was ihre Anwältin gesagt hat. Dass ich eigentlich der Vater bin, aber der Onkel sein muss. Wenn mich das schon verwirrt, wie wird das erst für das Kind sein?«
Pastor Clive verschränkt die Hände und nickt. »Weißt du, ich erinnere mich an eine Situation, die dieser hier sehr ähnlich war. Ich weiß gar nicht, warum ich nicht schon früher daran gedacht habe.«
»Wirklich?«
»Ja. Ein biologischer Vater, dessen Kind von einem anderen Paar großgezogen wurde. Der Mann hat sie selbst ausgesucht – genau wie du jetzt –, weil er das Beste für sein Kind wollte. Und doch hat er es
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