Ein Lied für meine Tochter
nicht, dass sie darüber nachdachte, wem wir wie viel schuldeten, wenn wir erst das Kind hatten.
Außerdem hat Reid das Geld ja nie zurückverlangt. Ich glaube, wir wussten beide, dass das kein Kredit, sondern eher eine Spende war. Während er seinen Namen auf den Scheck schrieb, sagte er zu mir: Ich weiß, wäre die Situation andersherum, Max, dann würdest du alles tun, um mir zu helfen.
Als Zoe wieder den Saal betritt, schaut sie mich nicht an. Sie starrt stur geradeaus, während ihre Anwältin Reid ins Kreuzverhör nimmt. »Sie haben sich also ein Baby gekauft«, beginnt Angela Moretti.
»Nein. Das Geld war ein Geschenk.«
»Aber Sie haben Ihrem Bruder doch zehntausend Dollar gegeben, mit denen die Embryonen gezeugt wurden, um die es hier geht, oder?«
»Ja.«
»Und Sie haben ein Recht auf diese Embryonen, weil Sie sie gekauft haben, korrekt?«, setzt Angela ihn unter Druck.
»Ich habe die moralische Verantwortung, für ihre angemessene Erziehung zu sorgen«, sagt er.
»Das habe ich Sie nicht gefragt. Sie glauben, ein Recht auf diese Embryonen zu haben, weil Sie sie gekauft haben. Ist es nicht so, Mr. Baxter?«
Wir haben so oft darüber gesprochen, dass Reid und Liddy die Kinder bekommen sollen, doch Reid hat niemals den Scheck erwähnt, den er mir damals ausgestellt hat. Er hat nie etwas gesagt, was mir das Gefühl gegeben hätte, ich würde ihm etwas schulden.
Reid senkt den Blick und überlegt ganz genau, dann sagt er: »Wenn ich nicht gewesen wäre, würden diese Kinder gar nicht existieren.«
Als der Richter verkündet, er habe genug für heute, da springe ich auf, bevor Wade mich aufhalten kann, und laufe aus dem Saal. Ich muss mich durch eine Gruppe der Westboro-Leute drängen, die mir zurufen, dass sie auf meiner Seite stehen.
Wann ist aus alledem ein Krieg geworden?
Kaum komme ich aus dem Gebäude, da strömt eine Meute von Reportern auf mich zu. Als ich hinter mir Wades Stimme höre, bekomme ich vor Erleichterung weiche Knie. »Mein Mandant wird keinerlei Kommentar abgeben«, sagt er, legt mir die Hand auf die Schulter und führt mich den Fußweg zum Parkplatz hinunter. »Machen Sie das ja nicht noch mal mit mir«, zischt er mir ins Ohr. »Sie werden nirgendwo mehr hingehen, ohne dass ich Ihnen vorher erlaubt habe zu gehen. Ich werde nicht zulassen, dass Sie alles ruinieren, Max.«
Ich bleibe stehen und richte mich zu meiner vollen Größe auf und stoße Wade mit dem Finger auf die so scheußlich arrogante Brust. »Sie«, sage ich, »arbeiten für mich.«
Doch auch das stimmt nicht zu hundert Prozent, denn Reid hat auch für Wade gezahlt.
Am liebsten würde ich jetzt auf irgendwas einschlagen. Wades Gesicht ist ein verführerisches Ziel, doch stattdessen drücke ich ihm nur die Hand auf die Brust und versetze ihm einen leichten Stoß, gerade stark genug, dass er ins Stolpern gerät. Dann gehe ich zu meinem Truck, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
Ich weiß, wo ich hinfahre, lange bevor ich dort ankomme. Es gibt da eine Stelle in Newport, nicht weit von der Ruggles Avenue. Da sind ein paar Felsen, und bei Wind ist die Brandung einfach atemberaubend.
Und die Wellen sind stark genug, um auch erfahrene Surfer vom Brett zu werfen.
Mein Shortboard liegt hinten im Truck. Ich ziehe mich bis auf die Unterwäsche aus und streife den Neoprenanzug über, den ich immer auf dem Rücksitz habe, nur für den Fall. Dann mache ich mich auf den Weg die Felsen hinunter und ins Wasser, wobei ich sorgfältig darauf achte, nicht eingeklemmt zu werden.
Außer mir ist niemand im Wasser, und die Schaumkronen sind die schönsten, die ich je gesehen habe.
Ich weiß nicht, warum die Probleme, die ich an Land habe, auf dem Meer so ganz anders wirken. Vielleicht liegt das daran, dass ich mich hier so klein im Vergleich zu meiner Umgebung fühle. Vielleicht ist es aber auch das Wissen, dass ich es immer wieder neu versuchen kann, wenn ich mal ins Wasser falle.
Falls Sie noch nie gesurft haben, können Sie die Anziehungskraft dieses Sports auch nicht verstehen. Egal, was Pastor Clive tut oder sagt, nirgendwo fühle ich mich Gott so nah wie in der Brandung. Es ist eine seltsame Mischung aus vollkommener Gelassenheit und wahnsinniger Aufregung. Man treibt im Wasser und wartet darauf, dass sich eine Welle erhebt. Dann paddelt man wie wild mit den Armen, bis der Schaum zu einem Flügel unter dem Brett wird und die Welle das Kommando übernimmt. Und man fliegt. Man fliegt, und in dem Augenblick, wenn man glaubt, das
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