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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Kinder wirkten klein und unterernährt, waren aber die Einzigen, die noch wirklich Leben in sich zu haben schienen. In Geriks Dorf hatte es auch viel Armut gegeben, aber, so wollte ich im rückblickenden Vergleich sagen, etwas mehr Würde und Selbstachtung. Recht betrachtet, wirkte selbst Lorn neben Gerik wie eine schwächere, ärmere Version des Dorfschulzen aus Goviar. Dies waren meine Untertanen, und sie erschütterten mich. Mein Schrecken war vor allem deswegen so groß, weil der Krieg mit all seinen Fährnissen niemals so weit in den Norden vorgedrungen war. Hier hatte es nicht einmal Scharmützel oder Überfälle marodierender Plünderbanden gegeben. Sicher, auch hier waren die Söhne rekrutiert worden, ob nun freiwillig oder nicht, und viele davon würden niemals zurückkehren. Es fehlte an Arbeitskräften, hatte der Krieg den Familien doch eine ganze Generation geraubt. Ich hoffte, dass einige im Laufe der Zeit den Weg zurückfinden würden, wusste aber aus eigener Erfahrung, dass es Gegenden im Imperium gab, die für einen jungen Mann weitaus attraktiver waren, als die Aussicht, hierher zurückzukehren.
    Ich konnte es niemandem verübeln.
    Irgendwo in der Mitte Floßheims stieg ich vom Pferd. Vor mir versammelte sich eine Art Abordnung. Lorn war dabei und mit ihm eine Gruppe älterer Männer und Frauen. Ich vermutete, es mit dem Dorfrat oder dem zu tun zu haben, was in Floßheim als Honoratioren durchging. Sie standen da, unschlüssig, unwillig, ganz sicher nicht unterwürfig, aber auch nicht sicher, was jetzt von ihnen erwartet wurde und wie sie sich zu verhalten hätten.
    Ich spürte, dies war ein wichtiger Moment. Ich hätte einfach weiterreiten und dieses arme Drecksloch hinter mich lassen können. Lorn hätte das wahrscheinlich nicht einmal besonders geärgert. Im Grunde wurde von einem hohen Herrn wie mir gar kein anderes Verhalten erwartet.
    Aber ich wollte nicht.
    Bei allem Zorn über dieses Geschenk des Kronrates, über die Art und Weise, wie man mich losgeworden war: Dies waren meine Leute.
    Ich war ihr Baron, ihr oberster Herr, der Mann, der für sie zu sorgen und sie zu regieren hatte. Und das konnte mir nicht gelingen, wenn ich einfach wieder auf mein Pferd stieg und davonritt.
    Es war albern, aber ich war aufgeregt, sogar nervös, als ich auf die heruntergekommenen, abgerissenen alten Menschen zuschritt.
    Lorns Stimmung hatte sich seit unserem letzten Aufeinandertreffen nicht gebessert. Er sah mich mit einer Mischung aus Trotz und Unwillen an, und seine Haltung schien sich auf die anderen Ältesten übertragen zu haben. Da war kein freundliches Lächeln, kein Kopfnicken, nicht einmal die Unterwürfigkeit gegenüber dem Herrn, wie man sie vielerorts vorfand und deren Falschheit ich auch nicht sonderlich schätzte.
    Augenscheinlich wurde erwartet, dass ich als Erster das Wort ergriff.
    Ich holte tief Luft.
    »Ich bin der neue Baron Tulivar. Ich grüße Lorn, den Dorfschulzen von Floßheim. Ich habe ihn bereits kennenlernen dürfen, als wir begonnen haben, die Brücke zu errichten. Mit wem habe ich das Vergnügen? Ich vermute, den Dorfrat vor mir zu haben.«
    Schweigen antwortete mir. Eine alte Frau spuckte etwas aus, wahrscheinlich Kautabak. Die glitschige Masse landete recht zielsicher vor meinen Füßen – nicht nah genug, um sofort als Beleidigung durchzugehen, aber auch nicht weit genug entfernt, um zufällig dort aufzutreffen. Sehr subtil.
    »Was soll das mit der Brücke?«, ergriff einer der Alten das Wort. Es bestand offenbar kein Bedarf daran, sich mir vorzustellen.
    Ich ging darauf ein. »Die Brücke wird helfen, leichter über den Fluss setzen zu können. Wir haben sie so gebaut, dass sie in der Mitte aufgeklappt werden kann, damit Flussboote leicht hindurchfahren können.«
    »Was für Boote? Hierher kommen keine Boote.«
    »Das liegt dann wohl an der fehlenden Anlegestelle«, vermutete ich. Nach einer solchen hatte ich in der Tat vergeblich Ausschau gehalten.
    »Wir brauchen keine Anlegestelle«, meinte die kauende Frau.
    »Und keine Brücke!«, bestätigte Lorn.
    Ich machte eine theatralische Geste, die die gesamte Umgebung umfasste.
    »Ich bin der Ansicht, dass Ihr beides benötigt«, erklärte ich. »Floßheim ist arm. Handel könnte etwas Reichtum in das Dorf bringen. Die wichtigste Voraussetzung für Handel ist eine gute Verkehrsverbindung. Eine Brücke und eine ordentliche Anlegestelle also.«
    Die Frau spuckte zu Boden und sah Lorn auffordernd an. Dessen bedurfte es aber

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