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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Gerede. Mit Verlaub. Manches, was sich im ersten Augenblick richtig angefühlt hatte, entpuppte sich nachher als Fehler.«
    »Ihr verwechselt impulsive Begeisterung mit wohlüberlegter Erforschung der eigenen Seele.«
    Ich schaute den alten Mann an. Der Knabe wollte tatsächlich ein metaphysisches Gespräch mit mir führen. Wahrscheinlich machte das diese Umgebung, dass man unwillkürlich die Beschäftigung mit solcherlei Themen suchte.
    »Ihr haltet mich für einen geschwätzigen Trottel, Baron!«
    Ich sagte nichts. Warum nur war ich immer so leicht zu durchschauen?
    »Ihr habt wahrscheinlich recht.«
    Ich erwiderte immer noch nichts. Diese Art von Antworten war ziemlich entwaffnend, außerdem suchte ich keinen Streit.
    »Aber der Graf war der Ansicht, dass Ihr genau wisst, was ich mit dem meine, was ich gerade gesagt habe. Er hatte zum Schluss viel Angst.«
    »Angst? Wovor?«
    »Dass Bell und Tulivar einen unerklärten Krieg ausfechten würden, einen Bürgerkrieg.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wovor hatte er denn da Angst? Das kleine Tulivar …«
    Der Priester lächelte. »Er hatte Angst, dass Ihr gezwungen sein würdet, Bell zu verwüsten und mit blutiger Hand zu erobern. Er hatte keinen Zweifel daran, dass Euch dies gelingen würde, wenn es wirklich Euer Wille sei.«
    Dann wandte er sich ab und verschwand.
    Selur sah mich vielsagend an.
    Ich schwieg, wie es sich gehörte.
        * * *    
     
    Erneut gingen wir früh zu Bett, ohne auch nur andeutungsweise etwas aus dem Palais gehört zu haben. Das war nicht unwichtig, denn obgleich nicht eingeladen, wurden wir auch nicht ausdrücklich ausgeladen, und daher konnte ich mein Recht als Lord des Reiches in Anspruch nehmen, zur Zeremonie am folgenden Tag zu erscheinen.
    In der Nacht hatte ich ein wenig über das nachgegrübelt, was der Priester mir erzählt hatte. Ich fühlte mich bestärkt in meinem Plan, der mich hierher geführt hatte und der exakt das zu vermeiden trachtete, wovor sich der alte Graf gefürchtet hatte. Allerdings war meine Motivation weniger, meine brandschatzende Eroberung Bells zu verhindern, sondern eher den umgekehrten Vorgang des neuen Grafen in meine Richtung. Aber das war wohl alles nur eine Frage der Perspektive.
    Wir waren jedenfalls bereit.
    Entsprechend herausgeputzt und mit gewichtiger Miene verlangten wir am kommenden Morgen erneut Einlass in den Festsaal. Er wurde uns anstandslos gewährt. Das ging viel leichter, als ich es mir vorgestellt hatte.
    Der Festsaal war deutlich voller als bei unserem letzten Besuch, was auch Plothar von der Notwendigkeit enthob, meiner Anwesenheit offiziell gewahr zu werden. Ich suchte mir einen Platz irgendwo hinten, möglichst in der Nähe des Buffets, und ließ die letztlich langweilige und sehr gedrechselt wirkende Ernennungszeremonie, administriert von einem Priester sowie einem Gesandten des imperialen Hofes – den ich nicht kannte –, über mich ergehen. Plothar sah sehr würdevoll aus, man hatte ihm Schminke aufgelegt, er war reich gekleidet, den Amtsstab des Grafen umklammerte er fast schon, als ob er Angst habe, dass ihm jemand dieses Symbol seiner neu erworbenen Autorität wieder wegnehmen wolle.
    Selbst ich hatte keinesfalls die Absicht, dies zu tun.
    Der ganze Ablauf zog sich gut zwei Stunden hin. Danach, zur allgemeinen Erleichterung, befahl der nunmehr auch offiziell gekürte Graf sogleich, das Buffet zu eröffnen und die Getränke zu verteilen. Ich fühlte ein wenig mit ihm. Unter der dicken Zeremonialperücke und eingehüllt in mehrere Lagen Brokat und Seide musste sich der Arme entsetzlich fühlen, und den ersten Kelch Wein goss er in Rekordgeschwindigkeit in sich hinein. Als ich an ein Fenster trat und auf den Platz vor dem Palais blickte, sah ich, dass sich dort die Stadtbevölkerung versammelt hatte und nun begann, dem neuen Herrn pflichtschuldig zuzujubeln. Immerhin, auch hier hatte Plothar in die Familienschatulle gegriffen und ich sah einige Feuerstellen, über denen ganze Schweine und Ochsen gegrillt wurden, viele Fässer mit Bier und Wein, deren Inhalt freigiebig verteilt wurde, und als der Jubel ein Ende fand, spielte Musik auf, Gaukler machten ihre Späße und allgemeine Feststimmung verbreitete sich.
    Es tat mir fast leid, dass es mein Ziel war, dem Graf diese Stimmung, so er sie selbst in seiner zeremoniellen Ermattung noch zu empfinden bereit war, gründlich zu verderben.
    Ich war ein böser Baron.
    Als sich jeder ausreichend am Buffet gesättigt hatte, war es für

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