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Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Titel: Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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dass du dich sehr verändert hast, Lia. Sogar die Art, wie du dich anziehst. Früher warst du total sympathisch und wir hatten immer voll Spaß. Jetzt … keine Ahnung … jetzt kommst du ganz anders rüber … irgendwie …«
    »Eingebildet oder was? Egoistisch? Danke, Shaz!«
    Shaz sah man eigentlich nie an, was sie dachte. Sie wirkte immer ernst und vernünftig. Weil ich inzwischen heulte, sah ich alles nur verschwommen, trotzdemfiel mir ein neuer Ausdruck in ihrem Gesicht auf: ein selbstgerechter, überheblicher Ausdruck.
    »Vergiss es!«, schrie ich sie an. »Ich dachte, du bist meine Freundin! Aber es ist dir total egal, wie es mir geht!«
    »Lia …!« Ich war schon an der Tür.
    »Ich frage Raf, ob er mit mir durchbrennt«, verkündete ich. »Nach Paris … oder nach New York.«
    Shaz verdrehte die Augen. »Dazu sage ich nichts.«
    »Besser so!« Ich knallte die Tür hinter mir zu.
    Ich rannte in Richtung Hauptstraße. Vielleicht war Raf ja im Café. Vielleicht konnte er die Arbeit ja mal Arbeit sein lassen.
    Wir konnten uns in den Eurostar setzen und die Nacht in Paris verbringen. Oder nach New York fliegen und im Ritz absteigen. Mir war ganz schwindlig vor lauter Möglichkeiten. Nichts konnte mich mehr aufhalten. Die ganze Welt stand mir offen. Ich konnte tun, was ich wollte.
    Jedenfalls, wenn Raf das Gleiche wollte.

15
    Erst denken, dann handeln.
    »Lia!« Dad stand in der Tür von Latimers Backstube. »Gott sei Dank! Wir haben uns schreckliche Sorgen gemacht. Komm rein, Schätzchen, dann können wir reden.«
    Ich schüttelte entschlossen den Kopf. »Nein.«
    »Na, komm schon. Nur wir zwei, ohne Mum. Ihr beide seid euch einfach zu ähnlich. Ihr geht immer gleich in die Luft.«
    »Aha.«
    »Die Mädels können’s kaum erwarten, dich zu sehen. Seit du das große Los gezogen hast, hast du dich nicht mehr hier blicken lassen.«
    Die alte Leier. Die egoistische Lia, die nur an sich denkt.
    »Na gut«, sagte ich.
    Er tätschelte mir die Schulter. »Sag den beiden guten Tag, ich muss noch kurz etwas im Büro erledigen. Dauert nur fünf Minuten. Dann trinken wir Tee.«
    Er verschwand. Ich holte tief Luft und trat ein.
    »Hallo, Lia!«, jubelten Rita und Norma im Duett. Sie waren beide an die siebzig, aber schon mein Opa hatte sie »die Mädels« genannt. Mittlerweile hatten sie unzählige Enkelkinder, von denen sie mir unbedingt jedes Mal, wenn ich in den Laden kam, ausführlichberichten mussten. Wenn ich Rita und Norma sah, musste ich an meinen Opa denken. Er hatte mir immer Lebkuchenmänner mit Zuckergussjacken gebacken, für mich ganz allein.
    Latimers Backstube war immer schon Teil meines Lebens gewesen – die Auslagen mit den Törtchen und Rosinenbrötchen, den Sahneschnitten und Muffins. Im Lauf der Jahre hatte sich kaum etwas verändert. Meine Kindheit roch nach Zucker und Hefe: warm, freundlich, geborgen … und stickig.
    Ich lächelte die Mädels strahlend an und Rita sagte: »Wir freuen uns ja so für dich, Herzchen. Man stelle sich vor – mit sechzehn im Lotto gewinnen!«
    »Danke, Rita.«
    »Amüsierst du dich denn auch, Süße?«, fragte Norma. »Wir haben dich im Fernsehen gesehen und alle Artikel über dich gelesen. Wir sind so was von stolz!«
    »Äh … danke, Norma. Es ist alles irgendwie ziemlich krass.«
    »Sei froh, dass du jetzt gewonnen hast, wo du noch jung bist. Ich spiele zwar jede Woche Lotto, aber was sollte ich in meinem Alter noch mit so viel Geld anfangen?«
    »Das kann ich dir sagen!«, kam es von Rita. »Ich würde eine Kreuzfahrt machen, das wollte ich immer schon mal. Und natürlich meine Kinder und Enkel unterstützen.«
    »Du bist so blass, Herzchen«, meinte Norma. »Geht’s dir nicht gut?«
    »Gib ihr einen Lebkuchenmann«, sagte Rita. »Die magst du doch so gern, Herzchen.«
    Rita schenkte mir jedes Mal einen Lebkuchenmann, wenn ich in den Laden kam. Als ich älter wurde, ließ ich mir alle möglichen Ausreden einfallen, um die Dinger nicht essen zu müssen. Diesmal jedoch biss ich dem braunen Männchen das rechte Bein ab – Nervennahrung.
    »Lecker!«, nuschelte ich mit vollem Mund.
    Die Tür ging auf.
    »Da bist du ja! Hab ich doch richtig gesehen.« Es war Donna, Jacks Mutter.
    »Tag, Donna«, begrüßte Norma sie. »Wie geht’s, wie steht’s? Was führt dich her?«
    »Ich muss mit Lia sprechen, das führt mich her.«
    »Tag, Mrs Hargreaves.« Mir war nicht wohl in meiner Haut. Ich biss in den rechten Arm des Lebkuchenmannes und Rita freute sich.
    »Diesmal

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