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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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einem, die Knie umspielenden, schmalen Rock
bestand, saß an Frau Schal so gut, als hätte man sie extra für sie
geschneidert. Die Hausdame hieß Christina ganz freundlich willkommen und
übergab ihr das Arbeitsmaterial nebst Zimmermädchenuniform. Christina musste
die blau-weiß gestreifte Mischung aus Kittel und Kleid anprobieren, weil die
Hausdame auch bei ihren Zimmermädchen auf einen perfekten Sitz der Kleidung
bestand. Ferner gab es noch eine frischgestärkte, schneeweiße Schürze und ein
kleines weißes Spitzenhäubchen für die Haare. Während der Anprobe erzählte
Christina ihrer Chefin jetzt schon wesentlich routinierter ihre Lügenvita. Habe
ich doch gleich gesagt. Mit der Zeit werde ich noch selber daran glauben!,
lobte sie ihre Schwindelfortschritte. Frau Schal zupfte schnell noch hier und
da an Häubchen und Schürze herum, bis sie mit Christinas Erscheinungsbild
zufrieden war. Am Ende musterte sie ihr Gegenüber mit durchdringendem Blick,
lächelte dann aber freundlich zu Christina hinüber und verabschiedete das neue
Zimmermädchen bis zum nächsten Morgen.
    Christina beschloss noch einen kleinen Bummel um den Dom zu
machen, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Die nächstgelegenste
Telefonzelle erinnerte sie daran, Pilar anzurufen, um ihr alles Erlebte
haarklein zu berichten.
    Zurück im Hotel suchte sie den Aufenthaltsraum, wo für das
Personal immer ein Büfett mit Essen bereitstehen sollte. Sie aß noch eine
Kleinigkeit und fiel danach, satt bis oben hin und hundemüde, aber ungemein
zufrieden mit ihrem ersten erfolgreichen Tag in Köln, ins Bett.
     
    Frühes Aufstehen machte ihr nach ihrem langjährigen
Gefängnisaufenthalt gar nichts mehr aus. Um fünf Uhr riss der Wecker sie aus
dem Schlaf. Sie nahm eine ausgiebige heiße Dusche und ging mit einem
Bärenhunger zum Frühstück. Im Personalraum ging es so früh am Morgen schon
ziemlich munter zu. Morgenmuffel gab es hier anscheinend nicht. Die jungen
Leute waren in lautstarke Unterhaltungen über die Gäste oder auch private
Angelegenheiten vertieft. Christina schaute nach einem freien Platz und setzte
sich mitten in die lebhafte Meute.
    Frau Schal erwartete die Neue in ihrem Team bereits, als
Christina zusammen mit den anderen Zimmermädchen im Fahrstuhl in der dritten
Etage ankam. Die Abteilungsleiterin stellte ihr sogleich Bettina, eine etwas
flippig wirkende Anfang-Zwanzigerin vor. Bettina hatte ein schmales, für
Christinas Geschmack etwas übertrieben geschminktes Gesicht. Ihre Haare waren
kurz geschnitten und standen der jungen Frau wild in alle Himmelsrichtungen vom
Kopf ab. Irgendwie erinnerte diese Haartracht sie sofort an Pumuckl, den
Zeichentrickkobold aus dem Kinderfernsehen. Bettinas Haare waren jedoch nicht
ganz so feuerrot, sie waren vielmehr ... undefinierbar. Ich würde mal sagen, es
ist dunkel-pink. Oder eher hell-lila?, fragte Christina sich.
    Die beiden sollten in den ersten Tagen zusammenarbeiten und
waren für  insgesamt zwanzig Doppelzimmer zuständig. Nach einer unbestimmten
Einarbeitungszeit würde Christina ihr eigenes Zehn-Zimmer-Revier im dritten
Stockwerk bekommen.
    Christina war allerdings im Aufzug schon etwas aufgefallen.
Alle Kollegen, außer Frau Schal, waren über den Daumen gepeilt ungefähr in
Bettinas Alter. Christina war definitiv die Etagenälteste. Egal! Was soll’s?
Die einstige Hotelmanagerin ließ sich geduldig von dem pink-lila Küken in die
Arbeit einweisen. Hier würde sich grundsätzlich geduzt, erklärte Bettina ihr.
Das war für Christina nichts Außergewöhnliches. Im Gefängnis hatten die
Insassinnen grundsätzlich keine Nachnamen. Überdies gab es in Spanien dieses
ewige „Sie sagen“ schon gar nicht.
    Bettina sah nicht nur so aus, sie war wirklich eine offene
und fröhliche Person. Sie ging nett auf Christina zu und hatte der neuen
Kollegin fast schon ihr komplettes Leben erzählt, als sie mit dem ersten Zimmer
fertig waren. „Hey, du bist aber ganz schön flott! Das machst du auch nicht zum
ersten Mal, oder?“, rief Bettina begeistert aus, als sie auf die Uhr schaute
und feststellen musste, wie schnell sie zusammen mit ihrer ersten
gemeinschaftlichen Aufgabe fertig geworden waren.
    Nach einer Woche schon erklärte Frau Schal Christinas
Einarbeitungszeit für beendet und übergab der Debütantin die Zimmer 321 bis 331
als ihr persönliches Revier.
    Christina musste leider Gottes sehr schnell feststellen,
dass Wohnungen in der Innenstadt äußerst knapp und sehr teuer waren.

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