Ein Magier im Monsterland
in eisigem Ton, »solltet ihr zumindest die Güte haben, mit mir aufzuschließen. Wir müssen noch eine gute Strecke zurücklegen, bevor es dunkel wird.« Ebenezum brütete so finster vor sich hin, wie das wohl nur ein Magier vermochte, den man seiner Magie beraubt hatte.
Ich machte die Entdeckung, daß mein Meister ebenso wie wir unter den Strapazen der Reise litt. Entkräftung zitterte in seiner Stimme, und sein Bart war zerzaust, was ich vorher nie bemerkt hatte. Mein Meister, der große Zauberer Ebenezum, pflegte den Marsch und die gelegentlich in seinem Verlauf auftretenden Schlachten mit solcher Grandezza zu bewältigen, daß ich manchmal vergaß, daß auch er ermüden konnte. Weiter konnte er jedoch nicht an uns herantreten, denn sobald er sich Snarks näherte, wenn dieser seine schützende Kapuze zurückgeschlagen hatte – oder Hendrek, wenn der seine verzauberte Kriegskeule aus dem Sack gezogen hatte –, war der große Ebenezum augenblicklich in den Klauen eines gräßlichen Niesanfalls gefangen.
Als ich mir die Sache genauer überlegt hatte, wurde mir ganz klar, daß es ihm einfach nicht gut bekam, aufgrund seiner Erkrankung von der Unterhaltung seiner Gefährten ausgeschlossen zu sein. Ich teilte ihm also unsere Befürchtungen mit.
»In der Tat.« Der Magier strich sich nachdenklich den Bart. »Es gibt nur einen Weg, um herauszufinden, ob der Schuhbert ehrlich zu uns war oder nicht. Wir müssen durch eigene Magie Kontakt mit der jungen Hexe aufnehmen.«
Magie! Unglücklicherweise war mir zum damaligen Zeitpunkt meiner Karriere nur zu wenig von dieser Kunst geläufig. Ganz zu Anfang meiner Laufbahn, damals in den Wäldern des Westens, war Ebenezum einfach zu beschäftigt, um mich in mehr als den Künsten des Wischens und Eimerholens zu unterrichten. Doch nach Ausbruch seiner Krankheit und unseren schrittweisen Einblicken in die Intrigen der Niederhöllen gestaltete meine Lehrzeit sich immer hektischer. Nun gut, wir benötigten dringend neue Magie, und Ebenezum schlug vor, daß wir sie ausprobieren sollten. Ich lauschte aufmerksam. Ich mochte zwar nicht viel von Zaubersprüchen verstehen, aber mein Eifer würde schon die fehlenden Kenntnisse ersetzen.
»In der Tat«, bemerkte Ebenezum; er quittierte meine unübersehbare Aufmerksamkeit mit einer hochgezogenen Augenbraue. »Ich schlage einen Kommunikationsspruch vor. Sehr wirksam und sehr einfach. Wuntvor sollte ihn in kürzester Zeit meistern können.«
Der Magier zog mich beiseite, während er sorgsam seine Nase zusammenpreßte.
»Wuntvor.« Ebenezum sprach sanft und mit viel Gefühl. »Ich glaube, daß wir an einem Wendepunkt unserer Queste angelangt sind. Mit Heemats Herberge haben wir auch die Zivilisation hinter uns gelassen. Wir werden keine weitere Stadt zu Gesicht bekommen, bevor wir nicht die Küste des Binnenmeers erreicht haben.« Er machte eine kleine Pause, um sich den langen, weißen Schnurrbart zu streichen. »Ich spüre eine gewisse Uneinigkeit unter unseren Freunden. Sie haben beide ihren Wert erwiesen, und ich bin sicher, sie werden das auch im weiteren Verlauf unserer Reise tun. Aber wenn wir sie richtig führen, werden sie noch viel wertvoller für uns sein. Und Magie wird uns zu wahren Führern machen. Wie wir gesehen haben, kann ich in äußersten Zwangslagen immer noch den einen oder anderen Spruch einsetzen, aber unter normalen Umständen kostet es mich einfach zu viel Kraft. Und wir brauchen eine ganze Menge Sprüche, einfache Sprüche, Alltagsmagie, um uns ein wenig aufzumuntern. Und das, Wuntvor, ist die Aufgabe, mit der du dich immens nützlich machen kannst!«
Der Zauberer hüstelte diskret. »Ich bin mir meiner Versäumnisse als dein Lehrer durchaus bewußt. Du kennst ja die Gründe. Und nun muß ich dir die Sprüche beibringen, die uns in unserem täglichen Leben von Nutzen sein werden. Was auch immer geschieht, es darf nie so aussehen, als hätten wir die Kontrolle über die Situation verloren.«
Er hatte uns also endlich erhört! Ich stimmte vorbehaltlos mit ihm überein. Wir konnten nur Erfolg haben, wenn die Stimmung gut war; nur so würden Snarks und Hendrek es schaffen. Er schwieg taktvoll darüber, wie sehr auch er und ich neue Lebensgeister nötig hatten.
»Wuntvor«, hub mein Meister an. »Ich erinnere mich da an einen Spruch, mit dem du überhaupt keine Probleme haben solltest.« Er klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. »Wir brauchen den Inhalt von deinem Reisesack.«
Rasch ließ ich die schwere Last
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