Ein Magier im Monsterland
dem Jahrmarkt der Mittleren Königreiche gegeben haben? Du weißt schon, als du dieses Haus über den Hof gezerrt hast! Könntest du vielleicht auch das Schiff ins Schlepptau nehmen?«
Der Drache stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ach! An einem besseren Tag würde ich es versuchen. Doch der heutige Tag hat all meine Stärke und all meinen Mut aufgebraucht. Du hast ja meine letzte Landung gesehen! Einfach fürchterlich! Ich brauche dringend etwas zu essen!«
Der Bootsmann sah beunruhigt aus. Ich versicherte ihm rasch, daß der Drache keine Personen aus seinem persönlichen Bekanntenkreis zu verspeisen pflegte.
»Verdammnis.« Hendrek deutete über den Schiffsbug hinaus. »Der Nebel.«
Der mächtige Krieger hatte recht. Eine Nebelwand schien leise über den Ozean in unsere Richtung zu gleiten. Sie befand sich zwar noch in einiger Entfernung, doch die tastenden grauen Ausläufer sahen ganz so aus, als würden sie uns bald erreichen.
Ebenezum hob seinen Rucksack auf. »Hätte ich nur nicht meine Bibliothek verloren, während wir von dem Rok transportiert wurden. Als ich die Westlichen Königreiche damals verließ, habe ich für jede Gelegenheit einen Spruch eingepackt!« Er zog die drei restlichen Bücher hervor. »Alles, was uns noch zur Verfügung steht, ist ein Reiseführer, ein Sprachführer für den Fall, daß wir uns mit Hubert in seiner Muttersprache unterhalten möchten, und ein Band mit Alltagssprüchen von meiner alten Mentorin.«
Ich dachte an unser Treffen mit Tante Maggie, wie sie Ebenezum einen Spruch gegeben hatte, mit dessen Hilfe er sich seinen Weg gegen Tod und seine Geisterlegionen freigeniest hatte. Ich teilte meine Überlegungen dem Magier mit.
»Es ist nur schade, daß wir nicht Tante Maggie hier haben, auf daß sie uns helfen könnte«, beschloß ich meine Ausführungen.
»Wuntvor!« Der Zauberer sprang so hastig auf, daß er beinahe über die Reling gefallen wäre. »Das ist es!« Er wog das Buch in seiner Hand hin und her. »Wir haben Tante Maggie hier! Wir haben damals einen ihrer Saat-Wachstums-Sprüche für meine Bedürfnisse umgewandelt, so daß ich, anstatt wie ein normaler Mensch mit einer schlimmen Erkältung zu niesen, einen übermenschlichen Machtnieser produzieren konnte. Und solch einen Nieser brauchen wir jetzt wieder!«
Schnell instruierte mich der Zauberer, wonach ich in dem Buch Ausschau halten sollte und welche geringen Abwandlungen ich vornehmen mußte. Er setzte seinen Spitzhut ab und legte ihn in den Sack, dann wandte er sich den anderen zu.
»Snarks, nimm deine Kapuze ab! Hendrek, wirbele deine Kriegskeule durch die Luft! Hubert, blase so stark wie du kannst! Norei, mach deinen Spruch fertig! Und Schiffer, haltet die Pinne fest, denn unser aller Leben wird davon abhängen!«
Mein Meister holte einmal tief Luft. »Ich muß darauf achten, das Heck im Blick zu behalten. Wuntvor, wiederhole den Verstärkungs-Spruch!«
Wir taten wie geheißen. Und mein Meister reagierte prächtig.
So niesten wir uns nach Vushta.
Das dachten wir zumindest. Der Nebel verzog sich, als wir das Land erreichten, und eine frische Brise erlaubte es Ebenezum, sich ein wenig zu erholen.
Doch es war nicht Vushta, das vor uns lag. Ich sehnte mich danach, die Stadt der tausend verbotenen Lüste vor mir zu sehen, aber nur einige braune, niedrige Hügel dehnten sich vor meinen Augen aus.
»In der Tat.« Ebenezum stemmte sich aus seiner liegenden Position auf dem Schiffsdeck auf die Ellbogen empor. »Vielleicht habe ich uns vom Kurs abgeniest.«
»Meinen Berechnungen nach habt Ihr das nicht«, warf der Bootsmann ein. »Beim Grab meiner Großmutter, so stark Ihr auch geblasen habt, ich habe unseren Kurs gehalten! Die Stadt sollte eigentlich jeden Augenblick vor uns auftauchen. Es sei denn, Vushta selbst ist ein wenig gewandert.« Der Bootsmann lachte über seinen absurden kleinen Scherz.
Der Nebel klärte sich nun völlig auf, als wir uns dem Strand näherten. Die niedrigen braunen Hügel standen deutlich vor uns. Vielleicht konnte ich bald die Türme erspähen und die eine oder andere verbotene Lust auf der Spitze eines Minaretts beobachten.
»O Wuntie!« hauchte Alea in mein linkes Ohr. »Es ist eine so wunderbare Stadt! Du mußte mich dir die Sehenswürdigkeiten zeigen lassen!«
Ich bemerkte, daß Norei dicht neben mir stand. »Es tut mir ja so leid für dich, Wuntvor, aber ich fürchte, wir werden alle damit beschäftigt sein, die Niederhöllen zubekämpfen. Aber ich glaube, mit so etwas
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