Ein magischer Walzer
ich auf keinen Fall missen!“ „Danke. Ich frage mich, warum mir diese Antwort so zu denken gibt.“ Sebastian stellte das leere Glas ab und reckte sich. „Ich muss jetzt gehen. Morgen habe ich in aller Frühe etwas vor.“ Er schnitt eine Grimasse. „Tanzstunden. Mit einem affektierten Franzosen, der Rouge trägt!“
Giles brach in Gelächter aus. „Ich hätte große Lust, vorbeizuschauen und mir das anzusehen.“
Sebastian warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Aber auf eigene Gefahr, Bemerton.“
„Alle Welt ist hier“, versicherte ihm Giles, als sie etwa zehn Tage später gemeinsam den Ballsaal von Frampton House betraten. Unverzüglich begann er, den Freund auf wichtige Persönlichkeiten aufmerksam zu machen, doch Sebastian interessierte sich nicht für sie. Er war nur aus einem einzigen Grund heute Abend hier.
„Und Lady Elinore?“ Er hatte sich ausgerechnet, dass er sie sechs bis acht Mal treffen müsste, ehe es angemessen wäre, ihr einen Heiratsantrag zu machen.
„Ja, ja. Sie ist dort drüben“, antwortete Giles ungeduldig. „Obwohl ich nicht weiß, warum sie sich überhaupt die Mühe macht zu kommen, so wie sie sich anzieht.“
„Gut, dann lass uns nicht weiter Zeit verlieren.“ Er ging geradewegs auf sie zu.
„Mehr Raffinesse, mein lieber Bastian. Ich bitte dich, zeige etwas mehr Raffinesse“, beschwerte sich Giles, während er Sebastian durch die Menge folgte. „Ich stehe in dem Ruf, ein feinsinniger Mensch zu sein, denk daran. Nicht so schnell!“
Sebastian grinste, ohne an Tempo zu verlieren. Er wollte diese Brautwerbung so schnell wie möglich hinter sich bringen und sich wieder dem widmen, womit er sich am besten auskannte: Arbeit.
„Lady Elinore.“ Er machte eine Verbeugung. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Giles ihm einen Blick zuwarf, der ihn an ihre Unterhaltung neulich erinnerte. Unwillkürlich blickte er an ihr herab. Giles hatte recht, sie schien keinen Busen zu haben. Hastig erklärte er: „Sie sehen heute Abend ganz reizend aus, Lady Elinore.“
Sowohl sie als auch Giles schauten ihn zweifelnd an. Sie war eine kleine Frau, sehr blass und sehr dünn, mit mausbraunem Haar, das sie zu einem festen Knoten straff nach hinten frisiert und mit einer Art Haube bedeckt hatte. Heute hatte sie sich für ein schmuckloses Kleid aus dunkelgrauem Bombasin entschieden. Die Farbe ließ sie womöglich noch blasser erscheinen, und der strenge, hochgeschlossene Schnitt gab ihrer dürren Figur etwas Kantiges. Sie hatte keinen Schmuck angelegt.
Im Geiste zuckte Sebastian mit den Achseln. Es kam nicht darauf an, ob ihr das Kleid stand oder nicht. Frauen zogen Komplimente der Wahrheit vor. Wenigstens hatte Thea das. Außerdem hasste er solche Gesellschaften und fühlte sich in keiner Weise dem leichten Geplauder gewachsen, das Giles so mühelos beherrschte. Er fand, ein Kompliment war nie fehl am Platze.
„Wie geht es Ihnen, Mr. Reyne?“, murmelte Lady Elinore. „Ich habe mich schon gefragt, ob Sie heute hier sein würden.“ Mit einer leicht fragenden Miene schaute sie auf dem Platz links neben ihn.
„Ah, ja. Mein Freund, Mr. Giles Bemerton. Bemerton, ich glaube, du kennst Lady Elinore schon.“
Lady Elinore neigte ihren Kopf kaum merklich und sagte mit kühler Stimme: „Ich denke nicht, allerdings vermute ich, dass wir entfernt verwandt sind. Sie sind ein Staffordshire Bemerton, nicht wahr?“
Ganz offenkundig hatte Lady Elinore den Tanz, der sich derart in Giles’ Erinnerung eingebrannt hatte, völlig vergessen. Sebastian verfolgte, wie sein Freund seine Erbitterung meisterte und eine anmutige Verbeugung machte. „Ganz recht. Erfreut, Sie zu treffen, Lady Elinore.“
Aus Furcht vor weiteren Wortgefechten bat Sebastian Lady Elinore um den nächsten Ländler und den Tanz vor dem Supper. Auch Giles bat die Dame um einen Kotillon und einen Walzer. Später darauf angesprochen, erklärte er, er habe unmöglich zulassen können, dass sein Freund als Einziger mit einem hoffnungslosen Mauerblümchen tanze. Sebastian dankte ihm mit ernster Miene für diese Umsicht.
Mit mühsam beherrschter Ungeduld strich Sebastian um die Tanzfläche. Einer Frau den Hof zu machen war eine langweilige Sache. Er hatte den Ländler mit Lady Elinore getanzt und wartete nun auf den nächsten Tanz. Unglückseligerweise würde es noch eine Weile dauern. Er hatte den Anblick der Beau Monde gründlich satt, wie sie sich vergnügte.
Die Beau Monde - die Welt der schönen Menschen. Menschen, die nichts
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