Ein Mann für alle Sinne - Roberts, N: Mann für alle Sinne
perfekte Arztfrau.“
„Nicht alle von uns sind für ein solches Leben gemacht.“
„Ich auf jeden Fall nicht.“ Sie nahm Akten- und Handtasche auf. „Wir sollten uns besser in Bewegung setzen. Man hat mir gesagt, dass die Fahrt zum Studio eine gute Viertelstunde dauert.“
Seltsam, dachte er, dass die Leute sich einbilden, andere würden ihre Verletzungen und Schwachstellen nicht bemerken. Für den Moment würde er ihr die Illusion lassen, dass ihr wunder Punkt unerkannt geblieben war.
Weil die Wegbeschreibung genau und der Verkehr noch spärlich war, lenkte Juliet den angemieteten neuen Chevy souverän durch die Stadt. Carlo erbot sich als Lotse. Ihm gefiel einfach die kompetente Art, mit der sie das Steuer handhabte.
„Sie haben mir heute noch gar keine Vorlesung über unseren Terminplan gehalten“, meinte er schmunzelnd und fügte gleich darauf hinzu: „Bei der Ampel rechts abbiegen.“
Juliet warf einen Blick in den Rückspiegel, schwenkte auf die andere Spur und bog um die Ecke. Sie war nicht sicher, wie seine Reaktion ausfallen würde, wenn er hörte, dass es kaum Termine gab. „Ich habe mir gedacht, wir könnten eine Pause gebrauchen“, behauptete sie übertrieben munter. Sie wusste doch, wie manche Autoren zu wüten und zu schäumen begannen, wenn sich auf der Tour eine Flaute ergab. „Sie treten in der Morgensendung auf, und dann geht es weiter zur Buchsignierung bei World of Books im Zentrum.“
Er wartete, weil er damit rechnete, dass da noch mehr käme. Als er ihr schließlich das Gesicht zuwandte, hatte er fragend die Augenbrauen in die Höhe gezogen. „Und?“
„Das war’s.“ Sie selbst konnte die Entschuldigung in ihrer Stimme hören. „Das kommt manchmal eben vor, Carlo. Nicht immer lässt sich alles realisieren. Mir war klar, dass wir hier einen entspannten Tagesablauf haben werden. Sie haben gerade mit den Dreharbeiten für einen großen Film in Denver begonnen. Jeder Reporter, jede Nachrichtencrew und jedes Kamerateam ist heute Nachmittag am Drehort, um darüber zu berichten. Unterm Strich heißt das also ... man hat uns abgeschmettert.“
„Abgeschmettert? Sie meinen, es gibt kein Radiointerview, keinen Lunch mit einem Reporter, kein Geschäftsdinner?
„Nein, tut mir leid. Es ist nur ...“
„Fantastico !“ Er fasste ihr Gesicht mit beiden Händen und drückte einen herzhaften Kuss auf ihre Lippen. „Ich werde mir den Filmtitel merken und zur Premiere gehen.“
Der kleine Knoten aus Anspannung und Schuldgefühl löste sich. „Nehmen Sie es nicht so schwer, Carlo.“
So musste sich ein Häftling auf Freigang vorkommen. „Juliet, denken Sie wirklich, ich würde mich darüber aufregen? Dio, seit einer Woche hetzen wir von einem Termin zum nächsten.“
Juliet entdeckte den Fernsehturm und bog links ab. „Und Sie haben sich wirklich fantastisch gehalten“, sagte sie ihm. Es war eine gute Zeit, das zuzugeben, schließlich saßen sie nur noch wenige Minuten zusammen in dem engen Wagen. „Lange nicht jeder, mit dem ich auf Tour war, hat so viel Verständnis gezeigt.“
Mit ihrer Bemerkung überraschte sie ihn. Er mochte es, wenn Frauen ihn überraschen konnten. Gedankenverloren drehte er sich eine Strähne ihres Haars um den Finger. „Also haben Sie mir vergeben? Wegen des Basilikums?“
Sie lächelte und musste sich zurückhalten, um nicht nach der Brosche an ihrem Jackenaufschlag zu fassen. „Alles längst vergessen.“
Er küsste sie auf die Wange, so leicht und freundschaftlich, dass sie nicht protestierte. „Das glaube ich Ihnen sogar. Sie haben ein großes Herz, Juliet. So etwas ist wahre Schönheit an sich.“
Er konnte sie so mühelos nachgiebig stimmen. Sie merkte es, kämpfte dagegen an und ergab sich schließlich. In einem für sie völlig untypischen Impuls strich sie ihm das Haar aus der Stirn. „Lassen Sie uns hineingehen. Wir müssen jetzt Denver aufwecken.“
Von der beruflichen Seite her gesehen hätte Juliet unzufrieden über die fehlenden Termine und Auftritte in Denver sein müssen. In ihrem Endbericht würde das eine auffallende Lücke hinterlassen. Persönlich hingegen war sie heilfroh.
Ganz wie geplant, war sie um acht Uhr wieder zurück in ihrem Hotelzimmer und hängte das ,Bitte nicht stören’-Schild an den Türknauf. Um drei Minuten nach acht hatte sie ihr Kostüm abgestreift und lag warm und zufrieden in dem Bett, das sie noch genauso vorfand, wie sie es am frühen Morgen verlassen hatte. Genau eine Stunde lang schlief sie
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