Ein Mann für alle Sinne - Roberts, N: Mann für alle Sinne
einen tiefen, traumlosen Schlaf – zumindest konnte sie sich an keine Träume erinnern. Um halb elf am nächsten Morgen hatte sie alle ihre Anrufe erledigt und ein enormes Frühstück verspeist. Sie frischte ihr Make-up auf, zog ihr Kostüm wieder an und ging nach unten in die Hotellobby, um sich mit Carlo zu treffen.
Es hätte sie nicht überraschen sollen, dass er mit drei Frauen in einer der gemütlichen Sitzecken der Lobby zusammensaß. Es hätte sie aber auch nicht so verstimmen sollen. Sich den Anschein gebend, dass beides nicht passierte, ging sie hinüber zu der Gruppe. Als sie näher kam, konnte sie sehen, dass alle drei Frauen erstaunlich gut gebaut waren. Nun, das hätte sie ebenfalls nicht verwundern sollen.
„Ah, Juliet.“ Carlo lächelte ihr zu, ganz Charme, ganz Nonchalance. Sie erlaubte es sich nicht, genauer darüber nachzudenken, warum sie diese maßlose Lust verspürte, ihm eine Ohrfeige zu versetzen. „Und wie immer pünktlich. Meine Damen.“ Er stand auf und verbeugte sich vor den dreien. „Es war mir ein Vergnügen.“
„Bye-bye, Carlo.“ Eine der Frau schickte ihm einen Blick, der Stahl zum Schmelzen gebracht hätte. „Und denken Sie daran –sollten Sie zufällig nach Tucson kommen ...“
„Wie könnte ich das vergessen?“ Er hakte sich bei Juliet ein und schlenderte mit ihr nach draußen. „Juliet, wo liegt Tucson?“, fragte er raunend.
„Haben Sie eigentlich nie genug?“, wollte sie wissen.
„Genug wovon?“
„Frauen zu sammeln.“
Er hob eine Augenbraue und hielt die Fahrertür für sie auf. „Juliet, man sammelt Streichholzbriefchen, keine Frauen.“
„Man könnte meinen, dass manche Leute beides auf die gleiche Stufe stellen.“
Er versperrte ihr den Weg. „Wenn es solche Leute gibt, dann sind sie zu dumm, als dass man auch nur einen Gedanken an sie verschwenden sollte.“ Erst dann ließ er sie hinters Steuer gleiten und ging um den Wagen herum.
„Wer waren die drei überhaupt?“, fragte sie, als er auf der Beifahrerseite einstieg.
Sorgfältig richtete er die Krempe seines hellen Filzhutes. „Weibliche Bodybuilder. Es scheint, hier findet gerade ein Kongress statt.“
Das Lachen entschlüpfte ihr, bevor sie es zurückhalten konnte. „Das passt.“
„Ja, in der Tat. Eine wahrhaft einschüchternde Masse Weiblichkeit“, sagte er mit todernstem Gesicht.
Einen Moment lang biss Juliet sich auf die Zunge, dann gab sie auf und lachte laut heraus. Mit keinem anderen hatte sie auf einer Büchertournee bisher so viel Spaß gehabt, sie konnte es genauso gut zugeben. „Tucson liegt in Arizona“, erklärte sie noch immer lachend. „Und nein, die Stadt steht nicht auf unserer Liste.“
Sie hätten pünktlich zur Signierung kommen können, wären sie nicht auf eine Umleitung gestoßen. Wegen der Filmaufnahmen waren Straßen gesperrt und die Autofahrer alles andere als begeistert, als der Verkehr sich mehr und mehr staute. Juliet versuchte sich zwanzig Minuten lang daran, einen anderen Weg zu finden, bog hier ab und dort, nur um dann feststellen zu müssen, dass sie einen großen Bogen gefahren und wieder genau an der gleichen Stelle angekommen war.
„Hier waren wir doch schon“, bemerkte Carlo zerstreut und erntete dafür einen vernichtenden Blick von Juliet.
„Nein, wirklich?“ Sarkasmus troff aus ihrem zuckersüßen Ton.
Er setzte sich um und streckte die langen Beine aus. „Eine interessante Stadt. Ich glaube, wenn Sie an der nächsten Ecke rechts abbiegen und dann zwei Straßen weiter wieder nach links, müssten wir die Absperrung eigentlich umfahren haben und uns wieder in die richtige Richtung bewegen.“
Juliet faltete die Wegbeschreibung sorgfältig auseinander, auch wenn sie eigentlich nichts lieber getan hätte, als den Zettel zu zerknüllen. „Die Buchhändlerin hat aber deutlich gesagt, dass wir ...“
„Ich bin sicher, sie ist eine sehr nette Frau, aber heute scheinen die Dinge wohl ein bisschen durcheinandergeraten zu sein.“ Ihn störte das nicht wirklich. Als jemand laut hinter ihnen hupte, zuckte Juliet erschreckt zusammen. Amüsiert drehte Carlo sich um und schaute zum Rückfenster hinaus. „Sie kommen aus New York, da müssen Sie an so etwas doch gewöhnt sein.“
Juliet biss die Zähne zusammen. „Ich fahre nie in der Stadt.“
„Ich schon. Vertrauen Sie mir einfach, bella mia.“
Nie im Leben, dachte Juliet, bog aber nach rechts ab. Bei dem schleichenden Verkehr dauerte es fast zehn Minuten, um zwei Häuserblocks hinter
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