Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
nichts. Sie drehte sich nur im Kreis. Sie könnte noch ewig herumspekulieren, es änderte absolut nichts daran, dass sie die magische Zahl dreißig erreicht hatte. Punkt.
Kapitel 2
Liebe Anna,
kaum zu glauben, aber es ist wirklich schon zwölf Jahre her! Bist du immer noch so verrückt? Sicherlich wunderst du dich, was ich von dir will. Also: Vincent und ich (wir haben uns im Juni das Jawort gegeben) wollen gemeinsam unseren Dreißigsten mit einer Riesenparty feiern. Klingt ganz schön alt, oder? Wir würden uns wahnsinnig freuen, wenn du mit deinem Freund dabei wärst am Samstag den 8. April um 20.00 Uhr.
Victoria Reddin (geb. Reilly)
Anna starrte eine Weile auf die Einladung, bevor sie über die zweite Hälfte ihres Kingsize Marsriegels herfiel. Das Nudelwasser kochte zwar schon, aber sie musste sofort etwas essen. Sie las die Einladung noch einmal. Und noch einmal. Dann spülte sie den Rest Mars mit einer Cola Light hinunter. Die ganze Sache war seltsam. Diese verdammte Einladung. Das war gruselig. Sie drehte die Herdplatte auf Stufe eins und bereute bereits das ganze Mars verschlungen zu haben. Es würde sie etliche Stunden Fitnesstraining mit den Videos von Mr. Motivator kosten, die Kalorien wieder loszuwerden, und daran war nur Victoria schuld. Die Einladung hatte sie völlig aus der Fassung gebracht. Sie wählte Claires Nummer. In Krisensituationen war Claire großartig. Claire war vernünftig und ausgeglichen. Sie hatte einen soliden Mann geheiratet, Simon, der mit Aktien handelte. Claire hatte für alles einen Rat.
„Claire, du wirst nicht glauben, was p–“
„Oh, Anna! Passt mir gerade nicht, kann ich dich zurückrufen?“
„Es ist ein Notfall!“
„Brennt dein Haus?“
„Nein.“
„Ist jemand gestorben?“
„Nein, nicht so was ...“
„Na, Anna, dann ist es auch kein Notfall. Ich ruf dich später an. Tschüss.“
Anna seufzte. Nutzlos lag der Hörer in ihrer rechten Hand. Was war nur mit der guten alten Freundschaft passiert? Wie sagte man doch so schön? „Ein Freund in der Not ist ein wahrer Freund.“ Genau, und Anna war in Not, aber Claire war nun nicht besonders hilfreich. Seit Claire verheiratet war, interessierte sie sich nur noch für die Ehen anderer Menschen. Junge Ehen. Gescheiterte Ehen (ein Lieblingsthema). Annullierte Ehen (Ehrlich gesagt, passierte das in Irland nicht allzu häufig. Aber doch hin und wieder). Homo-Ehen. Schickimicki- Ehen. Ehen eben. Zweite und dritte Ehen ... Das war alles so öde.
Anna verstand das nicht. Sie nahm an, dass Claire damit ihre Zugehörigkeit zu einem gemeingefährlichen und bedrohlich schnell wachsenden Clan in Irland demonstrieren wollte – dem DENVER-Clan – Dreißig Extrem Nervig Verheiratet Echt Reich. Anna vermisste die alte Claire. Früher hatte sich Claire jedes Wochenende volllaufen lassen, war jeden zweiten Montag gefeuert und jeden Donnerstag versetzt worden und hatte jeden Freitag den Laufpass bekommen. So richtig Spaß hatte man mit ihr haben können. Aber jetzt gehörte Claire zum DENVER-Clan und hatte einen Sack voll guter Ratschläge für ihre paar übrig gebliebenen Single-Freunde. Und obwohl sie es gut meinte, gingen Anna ihre „Tipps“ allmählich auf die Nerven. Das Telefon klingelte. Anna räusperte sich.
„Hallo?“, sagte sie vorsorglich mit sanfter Stimme, falls der Anrufer ein Mann war.
„Anna, ich bin‘s, wir können jetzt reden.“
„Das ist gut. Wie viele Minuten gibst du mir?“
„Warte nur, bis du selbst Kinder hast, dann weißt du alles über Zeitmanagement.“
„Rate mal, wer sich bei mir gemeldet hat.“ Anna sprach mit einer rauen tiefen Stimme, als würde sie von einem Verbrechen berichten.
„Victoria Reilly.“
„Hä? Woher weißt du das?“ Anna konnte ihre Enttäuschung kaum verbergen.
„Ich habe auch eine Einladung bekommen.“
„Echt?“
„Ja, und wenn ich das richtig sehe, gilt das für unsere ganze alte Klasse.“
„Dann wird das ja so was wie ein Klassentreffen.“
„Kann sein. Was wolltest du sonst noch?“
„Genau das.“
„Mein Gott, Anna, du bist echt die größte Drama Queen unter der Sonne“, lachte Claire.
„In der Einladung hat sie mich gefragt, ob ich immer noch so verrückt bin wie damals.“
„Komisch. Da muss sie dich wohl mit jemandem verwechseln.“
„Ich wette, dass sie sich noch nicht einmal an mich erinnert“, seufzte Anna.
„Na ja, es ist ja auch schon zwölf Jahre her.“
„Mir ist egal, wie lange es her ist. Ich habe
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