Ein Mann - Kein Wort
der
Menge
des Gesprochenen. 7 Er liegt jedoch in den
Inhalten
.
Doch nun zu der zweiten, wesentlich schwierigeren Fragestellung:
Benutzen Männer Sprache auf andere Weise als Frauen? Anders gefragt: Reden sie über andere Themen? Vermeiden sie es, über ihre Gefühle oder seelischen Belastungen zu reden?
An dieser Stelle muss ich etwas weiter ausholen und die Wissenschaft befragen. In ihrem äußerst gründlichen und umfassenden Überblick über die aktuellen Forschungsergebnisse der Wissenschaft zum Thema »Verhaltensunterschiede der Geschlechter« 8 stellt Doris Bischof-Köhler Folgendes fest:
Es scheint in der Tat schon sehr früh in der Geschichte der Menschheit eine Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern gegeben zu haben. »Die Frauen bestreiten durch Sammeln von Nahrung … einen Bestandteil des Unterhalts, übrigens einen recht wesentlichen.« 9 Sammeln ist nicht so risikobelastet wie Jagen, dafür sind mehr Umsicht und Vorsicht notwendig – zwei Eigenschaften, die auch bei der Fürsorge für kleine Kinder unabdingbar sind. Die Kinder konnten bei den Sammelexkursionen mitgenommen werden, was sicher mit ein Grund für diese Arbeitsteilung gewesen sein dürfte. Je aufmerksamerund fürsorglicher die Mutter ihrem Kind gegenüber war, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind die ersten Lebensjahre überlebte.
Fürsorglichkeit und Einfühlungsvermögen bilden existenziell wichtige Eigenschaften der Mütter, um ihre Nachkommen am Leben zu erhalten. Man muss sich klarmachen, dass schon aufgrund der rund dreijährigen Stillzeit die Betreuung des Kleinkindes fast ausschließlich in den Händen der Mutter lag. 10
Die Großwildjagd war hingegen die Domäne der Männer. Zu ihr gesellten sich sehr früh schon die Kriegsführung sowie, damit verbunden, die Metallbearbeitung und die Herstellung von Waffen, die ebenfalls ausschließlich von Männern durchgeführt wurden. Für beides, Jagen und Kriegführen, bedurfte es solcher Eigenschaften wie Risikobereitschaft, Unternehmenslust, Konkurrenzverhalten, aber auch Kooperationsbereitschaft.
Da sowohl bei der Jagd als auch im Kampf spontan massive Angstgefühle auftauchten, lag es im Interesse der Männer, sich von diesen Gefühlen nicht allzu sehr ablenken oder gar bestimmen zu lassen. Dies gelang am ehesten, wenn die Gefühle nicht ins
Bewusstsein
dringen konnten und schon gar nicht
sprachlich artikuliert
wurden, sondern stattdessen im Unterbewusstsein verblieben. Denn ein Krieger, der bei Gefahr erst einmal über seine Ängste nachdachte und womöglich noch mit anderen darüber sprechen wollte, hätte wahrscheinlich den ersten feindlichen Angriff nicht überlebt. Folglich hatten Männer, die ihre Gefühle erfolgreich verdrängten und sich wortlos und tapfer in den Kampf bzw. in die Gefahr stürzten, vermutlich wesentlich bessere Überlebenschancen. 11
Er der Jäger, der in die Ferne, in das Unbekannte zieht und sich erheblichen Gefahren aussetzt, sie die Sammlerin, die zusammen mit anderen Frauen »das Feuer hütet«, die häusliche Arbeit erledigt und die Aufzucht der Kleinkinder übernimmt – man muss davon ausgehen, dass diese auf der ganzen Welt anzutreffende Geschlechtsrollenaufteilung zwischen Männern und Frauen uralt ist. 12 Sie ist wohl durch die anlagebedingten Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht erst geschaffen worden, sondern hat diese Unterschiede aufgegriffen und sozusagen optimal ausgenutzt. 13
Natürlich fand dadurch auch eine Selektion statt – es überlebten eher die Kinder der aufmerksamen und einfühlsamen Frauen, und es überlebten eher die Männer, die tapfere Krieger und damit gute »Gefühlsverdränger« waren.
Doch nun zu den Unterschieden zwischen Männern und Frauen in den verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung:
Säuglingsalter
Dass das lebhafte Interesse und die Aufmerksamkeit anderen Menschen gegenüber beim weiblichen Geschlecht nicht anerzogen, sondern
angeboren
ist, beweisen Forschungen, die zeigen, dass schon einen Tag alte weibliche Säuglinge »sich leichter vom Anblick eines Gesichts gefangen nehmen (lassen)« und häufiger den Kopf »in die Richtung einer menschlichen Stimme« drehen. »Sie suchen öfter als neugeborene Jungen Blickkontakt und halten diesen länger aufrecht« 14 – übrigens ein Unterschied, der über alle Altersklassen bis ins Erwachsenenalter bestehen bleibt.
Mädchen zeigen vom ersten Lebenstag an eine höhere Kontaktbereitschaft und reagieren sensibler auf
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