Ein Mann wie Mr Darcy
Sie hat diese Reise nach Cancun gebucht. Zwei Leute sind im letzten Augenblick abgesprungen, was bedeutet, dass zwei Plätze frei geworden sind.« Sie strahlt. »Ich«, verkündet sie und presst sich den Daumen an ihre Brust. »Und du.« Theatralisch richtet sie den Finger auf mich. »Wir müssen nur unsere Flüge ab New York selbst bezahlen.«
»Und wer soll hier die Arbeit machen, während wir zusammen nach Mexiko fahren?«, murmele ich. Im Ernst, Stella hat nicht die geringste Ahnung, was es bedeutet, Geschäftsführerin zu sein. Sie denkt, der Laden läuft von alleine.
»Ist alles schon geklärt«, verkündet sie triumphierend. »Mr. McKenzie hat sich angeboten.«
»Unser Mr. McKenzie? Du meinst, du hast ihn schon gefragt?«
»Ich habe ihn vorhin angerufen. Er sagt, er würde sich sehr gern um alles kümmern, während wir weg sind. Ehrlich gesagt habe ich das Gefühl, er freut sich sogar, dass ich ihn gefragt habe«, erklärt sie. »Er hat gesagt, es würde ihm gut tun, zur Abwechslung nicht immer seiner Frau im Weg zu stehen.«
Verblüfft starre ich sie an. Ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll, zum ersten Mal seit fünf Jahren nicht zwischen Weihnachten und Neujahr arbeiten zu müssen. Oder ob ich mich darüber ärgern soll, dass Stella das Ganze über meinen Kopf hinweg organisiert hat. Ich entscheide mich für Ersteres.
»Oh, okay«, stammle ich nickend, weil mir nichts Besseres einfällt.
»Irre«, jubelt Stella, bläst eine große rosa Kaugummiblase auf und zerknallt sie mit der Zunge. »Es wird toll werden. Offenbar ist es eines dieser All-inclusive-Hotels für Erwachsene und Singles. Club 18-30 …«
Oh nein.
Plötzlich beschleicht mich ein ungutes Gefühl. Ich blättere oft durch die englischen Magazine, die wir verkaufen, deshalb weiß ich alles über diese Art von Urlaub. Zumindest genug, um zu wissen, dass sie meiner Vorstellung der Hölle entspricht.
»Club 18-30, ja?«, wiederhole ich und stelle überrascht fest, dass die Worte an sich noch keinen Würgereiz auslösen.
»Mhmhmm.« Sie strahlt mich stolz an. »Toll, was?«
»Na ja, das Problem ist nur...«, sage ich, während ich mein Gehirn fieberhaft nach einer Ausrede durchforste.
Aber sie lässt mich nicht ausreden. »Oh, Scheiße«, stöhnt sie auf und schlägt sich die Hände vor den Mund. »Daran habe ich überhaupt nicht gedacht.«
Was ist denn jetzt wieder?
»Ich bin so taktlos...« Tröstend legt sie mir die Hand auf die Schulter. »Ich habe nicht an das Alter gedacht -« Sie hält einen Moment lang inne. »Du bist nicht mehr unter 30, oder?«, flüstert sie dann.
Ich starre sie wütend an. »Entschuldigung, aber ich bin 29!«, protestiere ich, ehe ich augenblicklich meine Wangen berühre, als hätte ich Angst, sie seien mir seit meinem letzten Blick in den Spiegel bis zu den Knien heruntergesackt. Im Ernst, ich mag Stella wirklich gern und weiß, dass sie es nur gut meint, aber manchmal frage ich mich, was in diesem (derzeit) platinblonden Kopf vor sich geht. Zuerst versucht sie, mich mit einem Alkoholiker zu verkuppeln, und jetzt erzählt sie mir, ich wäre alt.
»Ich bin nur zwei Jahre älter als du«, füge ich trotzig hinzu.
Stella zuckt zusammen. »Oh, tut mir leid. Ich wollte nicht … Ich wollte nur … Du weißt ja, wie das bei mir mit Zahlen und all diesem Zeug und … du bist einfach alterslos, Em«, endet sie und strahlt mich mit ihrem pausbäckigen, verschmitzten 27-jährigen Gesicht an.
»Und du bist demnächst arbeitslos, wenn du so weitermachst«, grolle ich.
»Komm schon, Em, das ist genau das, was du brauchst.«
Stellas Begeisterung ist wie eine kugelsichere Weste. Da geht nichts durch, ich schwöre.
Ich drehe meinen Stuhl herum, sodass ich sie direkt ansehen kann. »Stella, glaub mir, das ist das Allerletzte, was ich brauche.«
»Ist alles inklusive«, ergänzt sie augenzwinkernd.
Ich will gar nicht erst anfangen, darüber nachzudenken, worauf sie damit anspielt. Glücklicherweise brauche ich das auch nicht, denn wir werden unterbrochen.
»Entschuldigen Sie, aber ich hätte gern dieses hier.«
Ich schaue auf und sehe die Frau aus der Biografie-Abteilung vor mir. Meine Güte, ist die immer noch hier? Ich dachte, sie wäre längst gegangen. »Haben Sie gefunden, wonach Sie gesucht haben?«, frage ich und sehe sie neugierig an. Mit ihrer Pelzmütze, den zierlichen Hängeohrringen und dem schweren, blumigen Parfüm hat sie etwas seltsam Altmodisches an sich. Man könnte fast meinen, sie
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