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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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hoch und sagte zu dem Alten: »Die werden mir Glück bringen, Vater Busch, was –?« Und sofort fing der Alte wieder an, auf diese lautlose Art in sich hineinzulachen, als habe er einen trefflichen Witz gemacht. Es hatte aber etwas Unheimliches, dieses Lachen. –Die Anprobe war gottlob gegangen, Karl Siebrecht konnte zu Rieke.
    »Morjen, Karl«, begrüßte sie ihn. »Hattste wat Besonderes, det du so rinjeplatzt bist? Die kleene Bruhn hat sich in ihr Neglischee direkt erschreckt. Sie hat jedacht, du kuckst ihr wat weg!«
    »Nein, nichts Besonderes«, sagte er zerstreut. »Ich wollte dir nur mal guten Tag sagen.«
    »Und det mit deine Pferde vor der Tür, det nennst ooch nischt Besonderes? Ick ha jedacht, ick kann nich mehr richtig kieken.«
    »Ach, hör schon auf von den Pferden!« sagte er gereizt. »Seit einer Stunde hör ich immer nur: die Pferde! Die Pferde! Jawohl, das sind die Pferde, die mir der Franz gestellt hat. So sind sie alle. Sonst noch was?«
    »Entschuldige man, Karle, du bist ja heute lieblich! Ick habe jedenfalls noch nich mit dir über die Pferde jekakelt!«
    Und Rieke setzte sich energisch an ihre Maschine.
    Er war sofort bei ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Sei nicht bös, Rieke, seit zwei Stunden warte ich, daß sich einer von den Schindern langlegt. Ich bin schrecklich nervös.«
    »Is schon jut, Karle, ick vasteh dir ja. Den Franz, wenn ick den hier hätte!«
    »Paß auf, Rieke, ich will dich was fragen. Ich habe hier den Vertrag mit Franz Wagenseil, willst du dir den nicht maldurchlesen? Du hast doch solch einen guten Verstand. Ich grüble und grüble, ob es nicht irgend etwas gibt, wie ich von dem Vertrag loskomme, ohne daß die mich fassen können.«
    »Du willst janz von Franzen los?«
    »Ganz! Mit Franz ist für immer Schluß!«
    »Jott sei Dank!« sagte sie und nahm den Vertrag. Er war mit den Jahren ein recht umfängliches Schriftstück geworden, dieser Vertrag zwischen der Firma Siebrecht & Flau und dem Fuhrwerksbesitzer Franz Wagenseil, aber all diese Zusätze und Änderungen, die jetzt manche Seite füllten, bezogen sich nur auf Abrechnung und Zahlungsart, auf Sonntagsarbeit und Überstunden. Die Grundbedingung, daß Karl Siebrecht alle benötigten Gespanne nur von dem Fuhrherrn Wagenseil entnehmen durfte, war nie geändert oder eingeschränkt worden. Rieke las lange, endlos lange. Schließlich hob sie den Kopf und sagte: »Da steht nischt, det du nich mit Handkarren fahren kannst!«
    »Daran habe ich auch schon gedacht, aber das Geschäft ist zu groß geworden dafür, wir schaffen es nicht mehr mit Handwagen. Ich glaube auch nicht, daß wir die Kutscher und Beifahrer dazu kriegen, Handkarren zu ziehen, das geht vielleicht für zwei, drei Tage …«
    »Zwei, drei Tage sind eine lange Zeit, Karle, da kann viel passieren!«
    »Was soll denn passieren? Ich komme nicht los von dem Vertrag!«
    »Hat denn der Franz so ville Zeit zu warten, ick denke, der is Matthäi am letzten?«
    »Ein bißchen Geld wird er ja durch den Pferdetausch gekriegt haben, der hält es schon noch eine Weile aus.«
    »Und wie lange halten wir es aus?« – Er zuckte die Achseln. – Sie sah ihn nachdenklich an. »Ick an deiner Stelle, ick würde mal mit die Leute von der Bahn reden, mit die Bahnhofsvorsteher. Oder wenn da noch eener höher is, mit dem! Imma gleich bei’s höchste Tier jehen, Karle. Die kleinen Hunde, det sind imma die Kläffa!«
    »Ja, da ist noch die Eisenbahndirektion, aber das sind so hohe Herren, was ist für die Siebrecht & Flau?«
    »Det sare nich, jerade zu solchen mußte jehn! Mensch, Karle, du bist doch sonst so for det Feine, wenn de dem Mann erzählst, so und so und dies und das, det ha ick jemacht, und so spielen die Brüda mit mir – der Mann hat doch Verständnis für so wat! Uff de Stelle jehst de bei dem!«
    »Ich glaube, du hast wirklich recht, Rieke. Nicht, daß er mir jetzt helfen könnte, da muß ich allein durch. Aber vielleicht drücken sie ein Auge zu, wenn es diese Tage nicht so klappt.«
    »Also jeh schon, Karle! Schieb et nich uff de lange Bank!«
    »Nein, Rieke, jetzt kann ich noch nicht gehen. Ich warte –«
    »Uff wat wartest de denn?«
    »Auf einen Zwischenfall! Daß ein Pferd tot hinfällt oder so etwas!«
    »Ach, Karle, wat biste doch for een Mensch! Mit was für Sachen quälste dir?! Wenn der Zosse umfällt, is et doch früh jenug, dir zu quälen! Und det malste dir nu allens vorher schon so schön aus! Da mußte dir ja hinmachen! Valleicht

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