Ein Mann will nach oben
bestraft!«
»Im schlimmsten Fall mit einer kleinen Geldstrafe!« sagte der Anwalt. »Außerdem wird der Händler Engelbrecht bezeugen, daß die Pferde gefüttert sind.«
»Jawohl, mit Häcksel und ein bißchen Stroh! – Franz, besinn dich! Was soll denn das? Vielleicht ruinierst du mich damit, aber bestimmt richtest du dich zugrunde! Sieh die Pferde an, die können doch nicht arbeiten!«
Ehe Franz Wagenseil noch antworten konnte, sagte der Anwalt rasch: »Es sind gute Arbeitspferde, auch das wird Herr Engelbrecht bezeugen. Gewiß, ich gebe zu«, lächelte er, »es sind vielleicht keine Schönheiten. Aber Sie fahren auch keine Gräfinnen, Sie fahren nur die Koffer von Gräfinnen! Nirgends in unserem Vertrage steht, daß wir Ihnen ausgesucht schöne Gespanne stellen müssen. Wir haben Ihnen Gespanne zu stellen – da sind sie!«
»Die Pferde können nicht arbeiten, du hast mir arbeitsfähige Gespanne zu stellen, Franz!«
»Wir bestreiten das! Wir bestreiten das in toto! Wir haben Ihnen einfach Gespanne zu stellen.« Der Anwalt Ziegenbink war unerschütterlich. »Aber selbst wenn sich ein Gerichtshof auf den Standpunkt stellen sollte, daß die Gespanne arbeitsfähig sein müssen, so werden wir Sachverständige über die Arbeitsfähigkeit der Gespanne bringen. Natürlich muß man sich vor Überladung hüten. Für jeden aus einer Überladung entstehenden Schaden müssen wir die Firma Siebrecht & Flau verantwortlich machen!«
Karl Siebrecht hatte dem kleinen Herrn mit der Goldbrille aufmerksam zugehört. »Quatsch!« sagte er jetzt. »Sie wissen gut, daß jedes Wort von Ihnen Quatsch ist! Aber solche Rechtsverdrehereien sind wohl Ihr Beruf, und diese Schweinereien machen Ihnen anscheinend noch Spaß! Ihnen kommt es auf ein paar krepierte Pferde nicht an! Sachverständige? Wir haben hier Sachverständige genug! Heh, Sie da, wie heißen Sie doch?« Er wandte sich an einen Kutscher. »Sie – Staffelt –nicht wahr? Trauen Sie sich zu, mit den Pferden in einem Trab vom Stettiner zum Anhalter einen vollbeladenen Rollwagen zu fahren?«
»Ausgeschlossen«, sagte der Kutscher. »Nicht bis zum Oranienburger Tor komme ich mit den Schindern.«
»Ich verbiete dir«, schrie jetzt Franz Wagenseil, »mit meinen Leuten zu reden! Das sind meine Leute, verstehst du? Auf der Stelle verläßt du meinen Hof, du und der andere Kerl da, oder –«
»Was oder?« fragte Karl Siebrecht.
»Hausfriedensbruch«, soufflierte der Anwalt.
»Jawohl!« schrie Franz Wagenseil. Das Weiß seiner Augen war gelblich verfärbt, und seine schmutzigen Hände zitterten. Sicher hatte er das beim Pferdetausch gewonnene Geld sofort in der Nacht versoffen.
»Jawohl, das ist Hausfriedensbruch! Ihr geht jetzt von meinem Hof. Ich fordere dich zum ersten Mal auf –«
Karl Siebrecht lächelte.
»Zum zweiten Mal!«
Siebrecht lächelte. Alle Gesichter waren ihm zugewandt.
»Zum dritten Mal!«
»Und ich bin immer noch hier!« stellte Karl Siebrecht fest.
»Also Hausfriedensbruch«, sagte der Anwalt trocken. »Das wäre in einer Viertelstunde das dritte Vergehen! Lassen Sie jetzt einen Schutzmann holen.«
Franz Wagenseil sah sich unentschlossen unter seinen Kutschern um, wem er wohl diese Weisung geben sollte. »Nun, Franz –?« fragte Karl Siebrecht lächelnd. »Hast du doch nicht ganz den Mut zu allen deinen Gemeinheiten?« Wagenseil zuckte zusammen. Und Karl Siebrecht rasch: »Nun, ehe du dich entschlossen hast, will ich dir das wenigstens ersparen. Komm, Kalle, überlassen wir Franz seinen Schindern …, allen seinen Schindern!« Er sah den kleinen Anwalt bedeutungsvoll an, dann gingen sie vom Fuhrhof.
43. Warten auf einen Zwischenfall
Aber, kaum vor dem Tor des Fuhrhofs angelangt, wurde Karl Siebrecht wieder düster. Wie er da mit Kalli Flau vor dem Tor des Fuhrhofs auf die Gespanne wartend auf und ab ging, besprach er noch einmal die Lage, die trostlos schien. Sie waren ganz auf Wagenseil angewiesen; jedes von anderer Seite gemietete Fuhrwerk bedeutete einen Schadenersatzprozeß, der von vornherein verloren war. Überhaupt drohten Prozesse über Prozesse … »Solange sie noch Geld bei uns wittern, werden sie nicht nachgeben, Kalli.«
»Mach doch eine Weile den Laden zu!« schlug Kalli vor.
»Und am ersten Tag, den wir nicht da sind, fahren die für eigene Rechnung! Nein, Kalli, dann können wir überhaupt nicht wieder zurück. Das wollen die ja gerade, die Firma schlucken!«
»Aber was sollen wir tun?«
»Ich weiß es noch nicht. Erst
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