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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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kaputtriß, was mir in die Hände kam, Papier, Bilder, einfach alles!«
    »Schweigen Sie!« rief Ilse Gollmer zornig und warf ihre Locken zurück. »Sie sind taktlos! Nun wollte ich einmal nett zu Ihnen sein und Sie fragen, wann Sie Geburtstag haben,aber jetzt tue ich es nicht! Sie und mündig –? Sie werden nie mündig, das sage ich Ihnen!«
    »Streitet euch nicht, Kinder«, sagte Herr Gollmer behaglich. »Ilse, gieß mir lieber noch ein Glas Bowle ein. Was hat er dir denn zerrissen? Ein Bild? Schenkt er dir einfach ein neues!«
    Die beiden sahen sich an und mußten lachen.
    »Seht ihr, das höre ich lieber! Nein, fahren Sie getrost! Die fünf bestellten neuen Autos werde ich kaum noch an Sie abliefern …«
    Herr Gollmer sprach behaglich fort, und schließlich versöhnten sich die beiden. Die Bowle schmeckte so gut, und die Nacht war so warm, und es war viel schöner, zu lachen als sich zu streiten.
    Sie nahm sogar sein Bild in Gnaden an, ein Duplikat des Bildes aus dem Führerschein, auf dem merkwürdig lang, schmal und fest sein Kopf unter einer Ledermütze und über einer Lederjacke zu sehen war. »Mit Lederschürze würden Sie ganz hinreißend sein«, sagte sie, als sie das Bild in ihre Tasche steckte.

52. Auf Wiedersehen zu Weihnachten

    »Und du willst wahrhaftig reisen!« rief der Rittmeister von Senden. Er sah völlig verändert aus in seiner feldgrauen Uniform, mit langen Reitstiefeln. Nicht eine Spur von seidenen Söckchen mehr. »Ich gehe heute nachmittag zu meinem Regiment! Todsicher kommt Krieg, und da willst du reisen!«
    »Gerade wenn Krieg kommt, möchte ich gern noch einmal die alte Heimat sehen!«
    »Was willst du denn dort? Du wirst staunen, wie fremd dir die Heimat geworden ist. Deine Heimat ist doch jetzt Berlin.«
    »Glauben Sie wirklich, Herr Rittmeister?«
    »Aber natürlich! Junge, wenn ich daran denke, wie du vor vier oder fünf Jahren auf dem Bau erschienst, voll Kohlenstaub, eine Kokskiepe in der Hand und in einer alten Manchesterhose – ich sehe die Hose noch! Erinnerst du dich –?«
    Karl Siebrecht nickte: »Die hatte ich noch vom Vater!«
    »Du würdest dich selbst nicht wiedererkennen! Jetzt bist du ein smarter Geschäftsmann geworden. Dieser Anzug ist bestimmt nicht von der Stange.«
    »Herr Gollmer meinte, sein Schneider –« sagte Karl Siebrecht etwas verlegen.
    »Natürlich hat Herr Gollmer recht! Aber du hast dich eben gewaltig verändert, und deine Kleinstädter werden sich überhaupt nicht verändert haben. Zwischen denen läufst du ja fremd wie unter Mondmenschen herum. Hier ist deine Heimat. In Berlin bist du zu Hause. Diese Stadt hat dich zu dem gemacht, was du heute bist.«
    »Ich weiß wohl. Aber ich möchte das alles doch einmal wiedersehen. Meist denke ich nicht daran, die Bahnhöfe und die Straßen und die Koffer, das ist mein Leben! Aber plötzlich, wenn ich abends heimgehe und bin ein bißchen müde, und den ganzen Weg lang brennen die Gaslaternen vor den fremden Häusern, dann denke ich an ein Haus und an den Garten dahinter und an einen dunklen Geräteschuppen, in dem auch die Hühner hausten … Und dann ist mir, als müßte ich dorthin, als müßte ich es mit dem vergleichen, was ich heute geworden bin. Ob mich dort wirklich nichts mehr bindet und hält?«
    »Also dann fahre, mein Sohn, fahre! Wir werden uns wahrscheinlich erst nach dem Kriege wiedersehen. Ich nehme an, daß der nicht sehr lange dauern wird, sechs, acht Wochen – zu Weihnachten sind wir jedenfalls bestimmt zu Haus. Also auf Wiedersehen zu Weihnachten, Karl!«
    »Auf Wiedersehen zu Weihnachten, Herr von Senden!«

53. Die Heimat aus der Ferne

    Er war doch immerhin noch so jung, daß er sich für diese Reise von zwei oder drei Tagen einen wunderschönen ledernen Coupékoffer kaufte. Und herrliche Oberhemden, wie er sie noch nie besessen. Und Söckchen, die der Rittmeister hättetragen können. Und braungelbe Halbschuhe zum Knöpfen. Und einen Strohhut, eine Kreissäge. Rieke, die ihm beim Packen half, kam aus dem Staunen nicht heraus. »Wat willste bloß mit all det Zeug herumschleppen? Ick denke, Mittwoch biste schon wieda hier?«
    »Ja, bestimmt, Rieke.«
    Sie fragte leise: »Denkste denn noch immer an ihr? Du weeßt schon! Sie hat dir doch all die Jahre nich een Wort jeschrieben! Oder doch –?«
    »Nein«, sagte er kurz. Und dann plötzlich eifrig: »Das ist doch wegen der Vormundschaftsabrechnung, Rieke. Ich muß doch da zum Bürgermeister. Die sollen gleich sehen, daß sie mir nichts

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