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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Und die alte Minna hatte das alles gehört, sie hatte es geglaubt und sich zu Herzen genommen. Wenn er jetzt in seinem schönen Schneideranzug als gemachter Mann neben ihr herging, so glaubte sie kein Wort davon. Das war alles nur Prahlerei, wie das Zurückschicken des Geldes Prahlerei war, er bekam es gerade zu hören: »Wenn du Geld brauchst, ich will dir gerne die zweihundertfünfzig wiedergeben. Und tu mir die Liebe, Karl, erzähl nichts von den fünf Autos und all das Zeug. Es glaubt dir ja doch kein Mensch ein Wort, und mich narren sie damit, wo sie mich nur sehen!«
    Es war das alte Lied vom Propheten, dem überall geglaubt wird, nur nicht in seinem Vaterland. Es war die Klatschsucht, die Ungläubigkeit der engen Welt: der Vater hatte es zu nichts gebracht, warum sollte es der Sohn zu etwas bringen? Sie kannten ja die ganze Familie. Zorn erfüllte ihn. In Berlin konnte er kommen, wohin er wollte, man hörte ihn an, man prüfte, was er leistete. Hier war er von vornherein abgetan, er konnte leisten, was er wollte. Sein Vater hatte ja einmal Bankrott gemacht! Er hielt inne, er besann sich. Jetzt haßte er schon die Heimat, die er noch vor wenigen Stunden so sehnsüchtig herbeigewünscht hatte. Haßte er etwa auch Minna? Auch Minna dachte und fühlte wie alle hier … »Minna«, sagte er. »Sei ganz ruhig, ich werde mit keinem von den Leuten hier ein Wort über meine Angelegenheiten reden. Ich werde auch keinen um Geld bitten, ich brauche kein Geld. Ich kann in Berlin soviel Geld kriegen, wie ich will.« Das hätte er wieder nicht sagen dürfen, obwohl es der Wahrheit entsprach. Er sah es sofort an ihrem Gesicht. »… Das mit der Karre ist wahr.Aber ich habe mir anständig damit mein Geld verdient, ich habe nie einen Menschen angebettelt, das ist gelogen. Du weißt es ja auch, wie die Leute hier klatschen. Das alles ist aber schon lange her. Zuerst habe ich mit einem Karren Gepäck gefahren, dann mit Pferden, und jetzt fahre ich es mit Autos. Wenn einmal einer von deinen Leuten nach Berlin kommt, dann soll er sich auf dem Stettiner Bahnhof nach einem gelben Lastauto umsehen. An dem hängt ein Schild: ›Berliner Gepäckbeförderung Siebrecht & Flau‹. Und der Siebrecht bin ich!« Er zeigte mit dem Daumen auf seine Brust.
    Die alte Minna sah ihn aufmerksam an. In ihrem hölzernen Gesicht bewegte sich kein Muskel.
    »Es ist mir ganz egal«, fuhr er fort, »was die Leute hier von mir schwatzen. Aber du mußt mir glauben. Ein Mensch in der alten Heimat muß doch an mich glauben, Minna! Nein, ich bin wirklich nicht wie der Vater, ich bin eher zu hart. Wenn ich Schwierigkeiten habe, kommen sie dadurch, daß ich zu hart bin. Ich könnte dir jetzt sagen, daß ich dir alle Monate Geld schicken will. Ich könnte es, es täte mir nicht mehr weh. Aber ich weiß, du würdest es doch nicht nehmen. Darin sind wir gleich, wir mögen uns beide nicht gerne etwas schenken lassen. Aber ich will dir nun fest versprechen, daß ich dir schreibe, nicht häufig, aber dann und wann. Und wenn du einmal zwei oder drei Tage frei hast, dann besuchst du mich und lernst meine Freunde kennen: den Kalli und die Rieke.«
    »Hast du denn schon ein Mädel, Karl?«
    Er lachte. »Nein, Minna, dafür habe ich noch keine Zeit gehabt, und dafür werde ich auch noch lange keine Zeit haben. Ich muß immer arbeiten. Ich will sehr viel erreichen. Die Rieke ist meine Freundin, so wie du meine Freundin bist, Minna.«
    »Ist sie denn auch alt?«
    »Nein, sie ist ganz jung, erst achtzehn. Aber das hat wohl nichts damit zu tun, Minna!«
    »Nein, wohl nicht«, sagte sie, ein wenig verlegen und ein wenig ungläubig. Sie blieb stehen, nahe vor ihnen lag das Städtchen. »Ich will dann zurück. Es wird Zeit fürs Schweinefüttern.Mach’s weiter gut, Karl!« Sie streckte ihm ihre harte Hand hin.
    »Ach, Minna!« rief er. »Glaubst du mir denn wenigstens?!«
    »Mein Jung, mein Jung«, sagte sie, und plötzlich zitterten die Lippen in ihrem alten Gesicht. »Ich seh doch, du wirst ein feiner Mann, ein richtiger Herr. Was brauchst du noch die alte Minna? Ich bin doch bloß ein Dienstbote!« Plötzlich hatte sie seinen Kopf zwischen den Händen: »Ach, wenn du doch noch einmal klein wärst, Karl! Daß ich dich abküssen könnte wie früher –«
    »Küß doch zu, Minna, küß doch – für dich bleibe ich immer der Karl!«
    Er sah ihr nach, wie sie den Weg zwischen den Äckern entlangging. Sie ging sehr gerade, aber ihr Rücken war rund. Sie ging von ihm, ohne sich noch

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