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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Vorschußkonto des Herrn Ersten Direktors abgedeckt sein!«
    »Es wird abgedeckt werden, in aller Kürze, Herr Direktor Bremer, verlassen Sie sich darauf!«
    »Mit Zins und Zinseszins?«
    »Mit Zins und Zinseszins, jawohl!«
    »Meine Herren, ich beschwöre Sie –!« bat Herr Körnig mit erhobenen Händen. »Ein Streit zwischen unseren Direktoren! In diesen Zeiten! Ein Bruderzwist!«
    »Sie haben ganz recht, Herr Körnig«, sagte Karl Siebrecht. »Das ist alles Unsinn – ich möchte die Wagen nicht en bloc verkaufen, ich glaube, im Einzelverkauf erzielen wir bessere Preise. Wollen Sie den Verkauf übernehmen, Bremer?«
    »Nein!«
    »Sie weigern sich wieder?«
    »Ich weigere mich aus rein kaufmännischen Gründen. Ich halte den Verkauf in dieser Depression für ein Verbrechen.« Bremer steckte die Hände in die Taschen und sah seinen Gegner herausfordernd an.
    »Auch gut«, sagte Karl Siebrecht gleichmütig. »Soviel ich weiß, Herr Körnig, ist Herr Bremer mit seinem Gehalt um vier Monate im Rückstand?«
    »Gestatten Sie, Herr Direktor«, antwortete Herr Körnig eifrig, »Herr Direktor Bremer hat heute früh auf seinen dringenden Wunsch das ganze rückständige Gehalt behoben. Es wurde mir schwer, zumal wir morgen Zahltag haben. Aber da Herr Direktor Bremer es so dringend wünschte …«
    »Ach nein!« sagte Karl Siebrecht und wurde beinahe heiter. »Herr Bremer hat heute früh sein Gehalt behoben – gerade vor unserem Zahltag! Ein übelwollender Mensch könnte denken, Sie wollten uns Schwierigkeiten machen, aber solcher Gedanke sei ferne von uns!« Er betrachtete lächelnd seinen Mitdirektor, der, die Hände in den Taschen, noch immer im Büro auf und ab bummelte, als gehe ihn dies alles nichts an. »Aber, Bremer, da Sie die von mir vorgeschlagenen Beschäftigungen ablehnen und da sich unser Betrieb immer weiter verkleinert, wird es mit der Arbeit für Sie in nächster Zeit flau aussehen. Ich schlage Ihnen vor, Sie gehen sofort in Urlaub. Herr Körnig, zahlen Sie Herrn Bremer sein Gehalt noch für zwei weitere Monate aus. Bremer soll sich gründlich erholen.«
    »Ich gehe nicht in Urlaub!«
    »Natürlich tun Sie das. Ich wenigstens kann mir keinen anderen Grund für Ihre Arbeitsverweigerung denken als völlige Überarbeitung. Während Ihres Urlaubs werde ich mir dann schlüssig werden, ob der verkleinerte Betrieb überhaupt noch einen zweiten Direktor braucht.«
    »Das wagen Sie nicht!«
    »Aber, lieber Bremer, wer redet hier von wagen?! Eine selbstverständliche Betriebseinschränkung!«
    »Ich werde jeden Tag weiter auf das Büro kommen und meine Arbeit wie bisher tun, und ich will den sehen, der mich daran hindert!«
    »Sie sehen ihn vor sich. Ich werde mir erlauben, morgen früh um neun hier an Ort und Stelle zu sein, und sollte ich einen beurlaubten Angestellten in meinem Büro finden, werde ich ihn auf Grund des Hausrechts fortweisen. Geht er nicht, werde ich den nächsten Schutzmann holen lassen!«
    »Das wagen Sie nicht!« sagte Bremer noch einmal, war aber doch blaß geworden.
    »Ich wage bestimmt nicht soviel wie Sie, Bremer, aber das wage ich. Herr Körnig, machen Sie das Gehalt für Herrn Bremer wie besprochen fertig. Verweigert er die Annahme, schicken Sie es ihm per Postanweisung. Verweigert er die Anweisung, hinterlegen Sie es an Gerichtsstelle. Alles klar?« – Stumm und verängstigt nickte Herr Körnig. – »Und nun, Herr Direktor Bremer, da Sie erst morgen in Urlaub gehen, schenken Sie mir jetzt noch eine halbe Stunde. Ich möchte Mann für Mann mit Ihnen unser Außenpersonal durchsprechen. Es ist mir nämlich aufgefallen, daß alle alten Namen von den Lohnlisten verschwunden sind. Keiner von den alten Leuten, die ich einmal eingestellt habe, arbeitet noch im Betrieb. Seien Sie bitte so gütig und erklären Sie mir Art und Vorzüge eines jeden dieser neuen, von Ihnen angenommenen Leute. Ich wüßte da gerne Bescheid, weil ich Ihre Arbeit in der nächsten Zeit tun muß.«
    Einen Augenblick sahen sich die beiden an. Dann sagte Bremer überraschend friedlich: »Wie Sie meinen, Siebrecht, Sie scheinen ja plötzlich ein sehr starker Mann geworden zu sein.« Er setzte sich und nahm die Papiere vor: »Gehen wir nach dem Alphabet. Da haben wir zunächst den Fahrer Albers …« Kopfschüttelnd, mit einem vernehmlichen Seufzer, ging Herr Körnig aus dem Büro.

118. Ungewißheit

    Siebrecht hatte nicht erwartet, gerade an diesem Abend Hertha als Tischgenossin anzutreffen, aber sie war unten, sie

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