Ein Mann will nach oben
ich sie auch. Ich würde mich in der Zwischenzeit anders arrangieren.«
»Darüber läßt sich eher reden. An was haben Sie denn ungefähr gedacht, Herr Siebrecht?«
»Ich habe fast fünfzigtausend Mark in die Einrichtung gesteckt – Sie wissen, ich habe nicht nur bei Ihnen gekauft.«
»Gewiß, gewiß, ich kenne Ihre Einrichtung genau! Aber machen Sie einen vernünftigen Preis, seit Sie gekauft haben, sind die Preise katastrophal heruntergegangen.«
»Ich habe an dreißigtausend Mark gedacht …«
»Nein, nein!« rief der Händler empört. »An so etwas ist gar kein Gedanke, völlig zwecklos, noch darüber zu reden!«
Er wandte sich unwillig ab.
»Was würden Sie denn vorschlagen?« fragte Siebrecht zögernd.
»Ich schlage gar nichts vor!«
»Machen Sie doch ein Angebot, irgendeines!«
»Nun – aber Sie werden entsetzt sein: im besten Falle würde ich fünftausend Mark geben.«
»Fünftausend! Und ich habe fast fünfzigtausend gezahlt!«
»Ich rede Ihnen nicht zu, ich nicht«, sagte der Händler mürrisch. »Ich habe Ihnen überhaupt nur ein Angebot gemacht, weil Sie ein alter Kunde sind. Was glauben Sie, was mir die Leute heute den Laden einlaufen? Schlimmer als in der Inflation! Ganze Schlösser könnte ich einrichten! Und alle wollen nur gegen Bargeld verkaufen!« Er gab Karl Siebrecht die Hand. »Also überlegen Sie es sich. Ich halte mein Angebot, sagen wir, eine Woche lang.«
»Schön«, sagte Karl Siebrecht. »Aber ich glaube nicht, daß ich wiederkomme …« Er stieg in seinen Wagen, startete, und als er losfuhr, dachte er: Wohin nun? Morgen ist Löhnung, und Körnig hat bestimmt nicht Geld genug, ich muß Geld auftreiben! Wieder mußte er an den Händler denken. Was der Mann wohl von ihm dachte? Eigene Villa – aber sie gehörte Hertha. Riesenfuhrpark – aber er gehörte einer Gesellschaft, die in Zahlungsschwierigkeiten steckte. Eigenes Auto – er pfiff leise. Das war es! Eigenes Auto …
Er fuhr rascher den Linden zu … Er mußte nicht fürchten, Herrn Gollmer in seinem Geschäft zu treffen. Gollmer kam nur noch selten dorthin, nur wenn etwas Besonderes vorlag. Heute lag bestimmt nichts Besonderes vor, die Verkäufer standen gelangweilt herum, kein Käufer war zu sehen. Auchder backenbärtige Prokurist war nicht überbeschäftigt, er ließ ihn sofort vor. »Nun, Herr Siebrecht«, sagte er, »das ist ein seltenes Vergnügen! Faule Zeiten, wie? Sie wollen doch nicht etwa Autos kaufen?«
»Ich möchte meinen Wagen verkaufen.«
Der Prokurist sah ihn an. »Im allgemeinen nehmen wir gebrauchte Wagen nur dann, wenn neue bei uns gekauft werden. Aber bei Ihnen – selbstverständlich. Ich werde sofort mit Herrn Gollmer sprechen.« Er griff nach dem Telefon.
Karl Siebrecht hielt die Hand auf. »Ach nein«, sagte er. »Ich möchte aus bestimmten Gründen, daß dies eine einfache geschäftliche Transaktion zwischen uns ist, kein Freundschaftsdienst, Sie verstehen mich?«
»O ja, ich verstehe.« Der Prokurist überlegte. »Doch, ich kann es verantworten«, sagte er dann. »Ich müßte natürlich Herrn Gollmer später den Kauf melden.«
»Selbstverständlich. Lassen Sie den Wagen von Ihren Leuten taxieren und zahlen Sie mir den Preis, den Sie jedem Kunden zahlen würden. Der Wagen steht vor der Tür.«
»Gut!« antwortete der Prokurist. Er gab durch das Telefon seine Anweisungen. Dann legte er den Hörer zurück und sagte, langsam seinen Backenbart kraulend: »Sehr faule Zeiten, was?«
»Oberfaul!« bestätigte Karl Siebrecht. »Und was für Zeiten werden kommen?«
»Ich fürchte, gegen die Zeiten, die uns bevorstehen, sind die heutigen noch paradiesisch.«
»Ich habe jetzt schon siebenundzwanzig Lastwagen stillegen müssen«, sagte Karl Siebrecht nach einer langen Zeit.
»Verkaufen Sie die, verkaufen Sie um jeden Preis – aber nur gegen bar! Sie kosten nur Garagenmiete und Instandhaltung!« Er flüsterte: »Verkaufen! Sofort verkaufen – aber bitte nicht an uns! Wir kaufen nichts mehr. Ihr Wagen ist der letzte Wagen, den wir kaufen.«
»Ich werde einen Haufen Geld an den Wagen verlieren!«
»Du lieber Himmel! Sie werden einen Haufen Geld beidem Verkauf retten, wenn Sie die Wagen noch loswerden! Wenn Sie die Zahlungen einstellen müssen, sind Sie alles los! – Nun?« fragte er einen jungen Mann, der eintrat. »Was ist die Taxe?«
Lange flüsterten die beiden. Sie rechneten. Dann hob der Prokurist den Kopf. »Dreitausendzweihundert, Herr Siebrecht«, sagte er.
»Einverstanden!«
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