Ein Mann zum Abheben
handelt.
»Verdammt«, sage ich.
»Jesus hat dir geholfen.«
»Das hat er sicher.«
»Unter uns gesagt«, meint Lewis, »wenn du diesen ersten Auftrag ausgeführt hast, musst du sofort mit dem Preis hochgehen. Mann, Mädchen, das hier ist so etwas wie Kunst.«
Jetzt bin ich seit zehn Jahren verheiratet.
Die allgemeine Meinung geht dahin, dass wir etwas Besonderes unternehmen sollten, um dieses bedeutende Ereignis zu markieren. Zehn ist eine ganze Menge.
»Vielleicht Europa«, sagt Phil einer Gruppe von Leuten, als wir am Sonntag vor unserem Hochzeitstag aus der Kirche kommen. Wir haben noch kein einziges Mal über Europa gesprochen. Zumindest nicht ernsthaft. »Aber natürlich«, fährt er fort, als jeder murmelt, wie schön das sein wird, »müssen wir bis zum Sommer warten.«
»Wohin in Europa?«, fragt ein Typ aus dem Basketballteam.
»Elyse wollte schon immer einmal nach Italien«, antwortet Phil.
Ich bin in Italien gewesen. Ich habe dort ein Semester lang studiert, und Phil weiß das, oder er wusste es. Doch jeder, der auf der Treppe zur Kirche steht, hält eine Reise nach Italien für eine tolle Idee. Vielleicht in die Toskana. Wir können ein Auto mieten. Jeder erzählt, dass es so wunderschön dort sein soll. Das Essen ist fantastisch, und die Kunst - ob ich nicht die ganzen Kunstwerke sehen will? Ja klar, wer würde das nicht gern, sage ich, obwohl der Gedanke,
mit diesem Mann - diesem Mann, der alles vergisst (außer natürlich wenn ich etwas verbocke) - durch Italien zu fahren … allein schon der Gedanke, mit diesem Mann durch Italien zu fahren, klingt nach Hölle pur.
Eine Frau sagt mir, dass ich ein Glückskind bin.
Ich lächle.
Einstweilen gehen wir italienisch essen. Du musst die zehn Jahre richtig begehen, selbst wenn deine Ehe um dich herum einstürzt. Ich schenke ihm eine Kamera. Er schenkt mir ein Hörbuch mit dem Titel »Italienisch für den Urlaub«. Der Restaurantbesitzer bringt uns als Geschenk des Hauses Tiramisu.
Und dann gehen wir nach Hause und ins Bett. Er rutscht zu mir herüber und legt los. Hochzeitstagsex - er gibt ein bisschen mehr als üblich. Er will mich küssen, aber ich bin im Bett eine Meisterin der Stellungen geworden - nicht nur in Sachen X-Form, ich bitte Phil auch, es von hinten zu tun. »So geht es tiefer«, erkläre ich ihm. Er geht bereitwillig darauf ein, und deshalb gibt es keinen Grund hinzuzufügen, dass der wahre Vorteil an dieser Stellung die Tatsache ist, dass ich sein Gesicht nicht sehen kann. Heute Nacht hat er allerdings sein eigenes Programm. Ich gestehe ihm einen Kuss zu, dann reiße ich mich los und gleite mit dem Kopf seinen Torso hinunter. Vielleicht denkt er ja, ich werde ihm einen blasen. Vielleicht denkt er, ich möchte kuscheln. Bei keinem von beidem wird er mich aufhalten, und ich stoppe irgendwo auf dem festen Grund seiner Brust und schließe die Augen.
Zwischen dem Wein-, dem Knoblauch- und dem schwachen Achselgeruch befindet sich ein Geruch, der sowohl vertraut als auch ungewohnt ist. Ich erstarre. Atme tief in die Lungen ein.
Ich frage ihn, ob er Parfüm benutzt hat, und er verneint,
aber er habe eine neue Seife unter dem Waschbecken gefunden und gedacht, die rieche gut, sie rieche nach etwas, was sein Großvater benutzt habe.
Ja, ja. Er hat das Stück Bay-Rum-Seife aus dem Restoration Hardware in New York gefunden. Wie, weiß ich nicht. Ich hatte sie unter dem Waschbecken hinter der hohen Wand aus Toilettenpapier versteckt und sie manchmal herausgenommen und an ihr geschnuppert.
Doch jetzt, während ich an Phils Brust liege, bin ich verwirrt und desorientiert wegen der Bay Rum, so wie man es manchmal erlebt, wenn man eine vertraute Straße entlangfährt. Eine Straße, die du Tag für Tag nimmst, doch eines Nachmittags - keine Ahnung warum - schaust du hoch und denkst: »Wo bin ich hier?« Dann gibt es diesen panischen Moment, dieses Gefühl, dass du dich hier mitten im Vertrauten verirrt hast. Der Duft auf Phils Haut ist nur schwach wahrnehmbar, ich weiß jedoch, was er bedeutet. Ich betrüge meinen Geliebten mit meinem Ehemann.
Denn hier, in diesem Augenblick - der Geruch von Bay Rum, das Gefühl einer Brustwarze an meiner Wange, die Realität des größeren Körpers unter mir -, in diesem kurzen Augenblick denke ich, dass alle Männer im Dunkeln gleich sind.
Ich erinnere mich daran, wie Kelly mich wegen der Zwillinge im Drive-in auslachte und fragte: »Wieso glaubst du, dass sie uns nicht ausgetauscht haben?« Wie sie
Weitere Kostenlose Bücher