Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
Vom Netzwerk:
kleingeschnittenen Zwiebeln und Knoblauchzehen zu, und sie lässt sie vom Schneidebrett in die Töpfe rutschen, bevor sie die Hitze herunterschaltet. Wir haben nie über den Morgen mit der Trockenmauer gesprochen.
    »Was machst du?«
    »Mit Gerry?«
    Sie zuckt die Schultern. »Ich habe den Eindruck, dass das die interessantere Geschichte ist.«
    »Vollkommen anders. Gerry legt sich auf den Rücken und ich knie mich zwischen seine Knie und liebkose ihn. Ich
lecke die runzlige Hautfalte zwischen seinem Hintern und seinen Eiern.« Ich mache eine Faust, gleite mit meiner Zunge darüber, um es zu illustrieren, und Kelly schaut mich skeptisch an, während ihre Hand ihre Kehle entlangfährt. »Und wenn ich zum Schwanz komme …«
    »Man kommt immer zum Schwanz«, sagt sie.
    »Aber nicht direkt. Genau das versuche ich dir zu erzählen. Es kann sehr langsam vor sich gehen. Es kann eine Woche oder ein Jahr dauern, und ich benutze Mund und Hände, um den Kanal, den du mit deiner Kehle simulierst, nachzubilden. Ich weiß, ich weiß, es ist nicht ganz dasselbe. Es ist eine raffinierte Sache. Es hat mit der Struktur zu tun und mit Verehrung.«
    »Verehrung?« Ein Lächeln umspielt ihren Mund, den Kopf hat sie zur Seite geneigt.
    Ich erzähle ihr vom letzten Beisammensein von Gerry und mir. Es ist nicht sehr mitfühlend, ich weiß. Ich zwinge sie, an meinem Sexualleben Anteil zu nehmen, so wie ich früher diejenige war, die all ihre Geheimnisse für sie aufbewahrt hat. Seit Jahren haben wir uns nicht mehr so unterhalten wie jetzt, aber jetzt beugt sie sich nach vorn, stützt die Hand aufs Kinn und hört mir so konzentriert zu, dass ich nicht sagen könnte, ob ich sie unterhalte oder ihr das Herz breche.
    Es waren noch zwei Stunden, bis wir zum Flughafen fahren mussten. Es hatte sich herausgestellt, dass der Morgen, an dem Gerry in New York den Wecker zertrümmert hatte, eher eine Besonderheit darstellte; wir waren nämlich nicht dazu bestimmt, in einer Zen-Welt des Augenblicks der Ewigkeit zu leben - ganz im Gegenteil. Im Lauf der Wochen und Monate habe ich die wichtigste Regel der Untreue gelernt: Du musst immer wissen, wie viel Uhr es ist. Wie viele Stunden sind wir hier gewesen, wie lange sind wir
schon weg? Manchmal ertappe ich ihn dabei, wie er mit gespielter Beiläufigkeit auf die Uhr am Bett schielt, genauso wie ein Mann nach den Kurven einer vorbeigehenden Frau schielt. Ich bin nicht auf seine Frau eifersüchtig, ich bin eifersüchtig auf die Uhr. Die Uhr, seine andere Geliebte. Diejenige, die über mehr Macht verfügt, um ihn in Bewegung zu setzen, diejenige, der er immer gehorcht.
    »Ihr hattet noch zwei Stunden«, souffliert mir Kelly.
    »Gerry sagte, er habe sich verausgabt. Er sei alle, sei trockengelegt. Das erzählte er mir seit dem Frühstück ununterbrochen. Auf dem Sportsender lief irgendein Quatsch, ich nehme an, er sieht so was häufiger. In dieser Sendung ging es um das Fischen von Barschen. Wir lachten wie irre, denn der Anfang war ziemlich dramatisch. Alle Männer schnallten ihre Ausrüstung um und die Musik hörte sich an, als wäre sie aus einem Western. Der Kommentator sagte: ›Es gibt Tage, an denen bezwingst du den See, und es gibt Tage, an denen bezwingt der See dich.‹ Gerry war total albern, spazierte in seiner Unterwäsche herum, o-beinig wie ein Revolverheld, und machte diese tiefe Kommentatorenstimme nach. Hab ich dir schon erzählt, dass er Stimmen imitieren kann? Er kann das ziemlich gut. Ich schaute auf die Uhr und sah, dass wir noch etwas Zeit hatten. Gerry sagte ständig: ›Hör dir diese Musik an, die klingt, als würden sie gleich mitten auf die Hauptstraße hinausgehen, die Barsche in die Luft werfen und ihnen die verdammten Köpfe herunterschießen.‹«
    »Aber er war doch alle.«
    »Hast du die Hitze heruntergedreht?«
    »Du weißt doch, dass ich das habe. Erzähl weiter, Elyse. Du unterbrichst dich ständig und fängst wieder an, das ist … Im Übrigen bin ich so weit für das Hühnchen.«
    »Okay, also ich habe alles so gemacht, wie ich es dir eben
erzählt habe, nur noch langsamer, und er war völlig still. Vielleicht hat ja auch die Sendung über das Barschfischen alles andere gedämpft. Die Männer waren vom Ufer weggerudert, und ich hörte das Wasser des Sees gegen das Boot schlagen. Wir waren beim Vögeln leiser als sie beim Fischen.«
    »Das ist stark.«
    »Und als er kam, da kam er unerwartet …«
    »Unerwartet?«
    »Na ja, nicht ganz unerwartet natürlich, aber

Weitere Kostenlose Bücher