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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
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nicht bewegen zu können.
    »Was hättest du gerne zum Geburtstag geschenkt bekommen?«
    Sie lacht. Es kommt eher wie ein Bellen daher.
    »Eine Cappuccino-Maschine.«

Kapitel 34
    Zum Abschied gibt es eine Zeremonie. Wir haben zwei Tage in seiner Stadt verbracht, wo ständig die kleine, aber doch vorhandene Möglichkeit besteht, dass ihn jemand erkennt, wenn er mir gegenüber im Café sitzt oder wenn wir an einer Ampel stehen. Das gilt ganz besonders hier auf dem Flughafen, als er mich für meinen Rückflug absetzt. Im Auto sind wir übereingekommen, dass wir uns nicht zum Abschied küssen, deshalb bin ich überrascht, dass ich seine Hand auf meinem Kreuz spüre, während wir auf die breiten Glastüren zugehen, die brav vor uns aufgleiten. Sie drückt sich mit einem Hauch von Besitzanspruch an mich, als wir am Automaten stehen bleiben und darauf warten, dass er meine Bordkarte ausspuckt. Wir verfolgen uns gegenseitig mit Blicken, und dann ist er weg.
    Ich gehe durch die Personenkontrolle, kaufe Snacks, ein T-Shirt der Boston Red Sox für Tory und irgendeine anspruchlose Illustrierte, wie ich sie zu Hause nie kaufe. Ich mache mein Gate ausfindig, überprüfe mein Handy auf Nachrichten. Es sind keine da, was ein gutes Zeichen ist. Phil erwartet nicht, dass ich anrufe, wenn ich weg bin, und er ruft seinerseits nur an, wenn es ein Problem gibt. Früher habe ich es ihm übelgenommen, dass sich meine Kehle beim Anblick seiner Nummer auf dem Display vor Angst zuschnürte, inzwischen erscheint es mir eine folgerichtige und
besonnene Haltung für einen Ehemann. Ich sitze hier an meinem Gate mit der Illustrierten auf dem Schoß und einer Flasche Mineralwasser in der Hand und schaue zu dem Flugzeug hinaus, das mich bald zu meinem - aus Ermangelung eines besseren Ausdrucks - wirklichen Leben zurückbringt. Tory hat morgen einen Schulausflug. Ich muss ihr ein Lunchpaket mitgeben, und wahrscheinlich ist nichts im Kühlschrank. Vielleicht sollte ich auf dem Heimweg vom Flughafen beim Lebensmittelmarkt vorbeifahren. Vielleicht ist es aber auch sinnvoller, zuerst zu Hause vorbeizufahren und die Küche in Augenschein zu nehmen, denn wir haben sicher auch von anderen Sachen nur noch wenig. Die dritte Charge mit Töpfen steht zum Verpacken und Wegschicken bereit, und der Geburtstag meiner Mutter steht bevor. Ich habe vor meiner Abreise eine Karte in die Post gegeben, aber ich darf nicht vergessen, morgen mit Blumen vorbeizuschauen. Dieser Übergang von der horizontalen Welt einer Geliebten zur vertikalen Welt einer Ehefrau ist schwierig. Geht man ihn zu schnell an, kann es gut sein, dass einem schwindlig wird, deshalb brauche ich diese Zeit auf dem Flughafen, diese nutzlosen Stunden, die ich in der Gesellschaft von Süchtigen und Filmstars verbringe.
    Ich blättere schnell zu meiner Lieblingskolumne, die fast am Ende steht, wo Humoristen böse, aber witzige Sachen über schlecht gekleidete Promis schreiben. Was hat sie sich bloß dabei gedacht? Was wohl. Keiner weiß je, was die anderen denken. Ich reiße eine Tüte Kartoffelchips auf. In die andere Richtung fliegt sich’s leichter. An jedem Morgen, an dem ich fliege, um ihn zu treffen, hole ich mein bestes Parfüm heraus, von Issey Miyake, und meine beste Unterwäsche. Ich stehe in der Badewanne und rasiere mich von oben bis unten. Im Auto höre ich mir Ella und Frank an, und in der Flughafenbar trinke ich ein Glas des besten
Weines, den sie führen, und ich trinke ihn sehr langsam. Ich habe Jane Austen in der Tasche, ich atme bewusst und rede mir zu, mich zu öffnen.
    Das ist einfacher. Natürlich ist es das. Es ist einfacher, das Tempo zu drosseln und sich zu öffnen, leichter, sich in diese weichen, kantenlosen Tage zu begeben, die ich mit Gerry verbringe. Aber das hier, dieser Teil, dieses Wegfliegen - das erfordert ein anderes Ritual, ähnlich dem Abschließen des Strandhauses am Ende des Sommers. Ich stopfe mir einen Kartoffelchip in den Mund, schaue mir die Stars in ihren herunterhängenden Rüschen und Leopardenfellimitationen an. Ja, das ist es. Braves Mädchen. So ist es gut. So musst du gehen. Du blätterst in deiner Illustrierten, isst dein Salz, gehst in Gedanken den Inhalt deines Kühlschranks durch. Wasch dir dein Parfüm in dem angeschlagenen Flughafenwaschbecken ab. Pass auf, dass du der Person, die neben dir sitzt, nicht zu viel Platz wegnimmst. Morgen wird das Telefon klingeln, Leute werden kommen und gehen, und es wird dir gutgehen, aber jetzt musst du die zweite

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