Ein Mann zum Abheben
und starre sie an, gleite mit meinem Finger über die erhabene Schrift. Ich habe die Nummer auswendig gelernt, obwohl ich diese Nummer niemals wählen werde. Ich arbeite an meiner Ehe . Mein Mann und ich haben kommenden Montag einen Termin bei der Eheberatung. Frauen, die an ihren Ehen arbeiten , haben kein Recht auf Tagträume von Fremden, die sie in Flugzeugen kennenlernen.
»Wie kommst du auf die Idee, dass sich Leute immer
dann Wintergärten anbauen, wenn sie Affären haben?«, fragt Kelly.
Nancy dreht sich um, um sie anzusehen. »Glaubst du, Megans Mann hat ein Verhältnis?«
»Nein.«
»Na, Megan ist es sicher nicht.«
»Da hast du wahrscheinlich Recht. Aber warum, glaubst du, entwickeln Leute, die jahrelang im Dunkeln gesessen haben, plötzlich das Bedürfnis, eine Wand rauszuhauen?«
Nancy durchschaut endlich, dass Kelly sie nur aufzieht, lehnt sich zurück und entspannt. »Wenn Umgestaltung heißt, dass man ein Verhältnis hat, dann muss ich die Hure von Babylon sein.«
»Nein, ich finde nur, dass Elyse vielleicht eine Affäre haben sollte.«
»O Gott. Mit wem? Die einzigen Männer, die ich kenne, sind eure Ehemänner, und eure Ehemänner sind schlimmer als meiner.« Kelly und Nancy lachen.
Ich bin so weit gegangen, neun der zehn Ziffern dieser Telefonnummer zu wählen, bevor ich aufgelegt habe.
»Na, der Softball-Trainer scheint offensichtlich interessiert zu sein«, behauptet Kelly.
»Die Männer stehen auf Elyse«, sagt Nancy träge. »Ich frage mich schon immer, warum das so ist.« Sie zwinkert mir zu. »Ich habe es nicht so gemeint, wie es klingt.«
»Machst du Witze? Das liegt daran, dass sie eine Sprayerin ist, immer schon war. Männer können das auf einen Kilometer Entfernung riechen. Ich habe mein halbes Leben damit zugebracht, mich durch die Dunstschleier ihrer Sexualität hindurchzutasten, die sie überall, wohin sie geht, versprüht. ›Elyse? Elyse? Bist du irgendwo da drin, Mädchen?‹«
»Also bitte. Vielleicht war ich das mal, aber das ist vorbei. Schon lange.«
Nancy sieht nachdenklich aus, als würde sie versuchen, die These, dass ich eine Sprayerin sei, mit der These, dass mein Mann und ich Probleme im Bett haben, in Einklang zu bringen. »Das sehe ich einfach nicht«, sagt sie schließlich.
»Weil es nichts zu sehen gibt.« Ich nehme Kelly das Fernglas aus der Hand.
»Frauen sehen das nie«, sagt Kelly. »Männer schon.« Sie senkt ihre Stimme und ahmt sehr gut den Trainer mit seinem tiefen, schleppenden Akzent vom Land nach. »Ich habe zu mir gesagt, ›Das kleine Bearden-Mädchen ist schnell …‹.«
Wieder lachen wir. Tory ist gerade mit Weitsprung fertig geworden und stellt sich zum Hürdenlauf auf. Sie winkt, und wir drehen uns alle gleichzeitig zu ihr um - wie Gazellen an einem Wasserloch.
»Ich weiß nicht, warum«, sage ich, »das Muttersein fällt mir so leicht, das Ehefrausein dagegen so schwer …«
»Ab Montag kann alles ganz anders aussehen«, sagt Nancy. »Es bringt Unglück, wenn du so etwas auch nur behauptest. Willst du wie Lynn enden?«
»… oder warum Tory, mein größter Erfolg, sich als Ergebnis meines größten Scheiterns herausstellt.«
»Sag nicht ›Scheitern‹.«
»Meine Ehe ist gescheitert.«
»Du darfst dieses Wort nicht benutzen.«
Nein, ich darf nicht, aber seit ich es im Flugzeug zu Gerry gesagt habe, kann ich scheinbar nicht mehr damit aufhören.
»Es ist das passende Wort«, sage ich zu Nancy.
Sie verzieht das Gesicht. »Es gibt eine Menge Worte.«
Ich habe meine Ehe nicht sofort als gescheitert angesehen.
Am Anfang habe ich es versucht. Ich versuchte es jahrelang. Ich unternahm all diese kleinen Bemühungen, diese
albernen Gesten wie den Kauf einer CD mit dem Titel Es ist nicht zu spät, eine großartige Ehe zu führen . Ich bestellte sie bei QVC, weil der Titel derart nach großem Leiden klang, dass es mir zu peinlich war, sie im hiesigen Buchladen zu kaufen. Bei meinem Glück würde mich damit einer in der Schlange stehen sehen und all meinen Freunden Bericht erstatten. Bei der ganzen Angelegenheit ist ein kleines bisschen Scheinheiligkeit dabei - jeder sagt dir, das du an deiner Ehe arbeiten sollst, aber wenn du einmal dabei erwischt wirst, wie du an deiner Ehe arbeitest , machen sie sich über dich lustig.
Und das Einzige, was noch schlimmer ist, als unglücklich verheiratet zu sein, ist, sich lächerlich zu machen.
Die CD-Reihe kam also per UPS an. Auf dem Schuber war vorne eine Frau abgebildet, die ihren Mann
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