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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
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sind scheinbar an Ihre gestoßen.«
    Das stimmt so sehr und ist so freundlich gesagt, dass ich wieder zu weinen anfange und antworte: »Würden Sie das bitte meinem Mann sagen?«
    Dr. Bennett fordert mich auf, mich anzuziehen und zu ihm in sein Sprechzimmer zu kommen, das in fröhlichen Kürbisfarben gestrichene Wände voller Fotos von Kindern auf einem Segelboot hat. Ich gebe ihm Phils Büronummer. Mir fällt auf, dass ihm das etwas peinlich ist, denn obwohl Phil Zahnarzt und kein praktischer Arzt ist, ist dies doch eine Frage der Berufsehre.
    »Hier spricht Dr. Bennett, ich habe eben die Untersuchung Ihrer Frau abgeschlossen.« Er macht eine Pause und fährt fort: »Nein, ihr Blutzucker ist normal.« Er macht nochmals eine kurze Pause und sagt: »Es hat nicht den Anschein, dass sie bald in die Menopause kommt. Wir haben ihren Hormonspiegel getestet.« Pause. »Dr. Bearden, Ihre Frau befindet sich in einem guten gesundheitlichen Zustand, aber sie ist depressiv.« Pause. »Nein, das ist keine Diagnose, sondern eine Beobachtung. Ist Ihnen aufgefallen, dass sie sehr viel weint?« Und schließlich, nach der längsten Pause von allen: »Ja, ich denke, seelsorgerische Beratung könnte ein guter Ausgangspunkt sein.«
    Ich bin erledigt!

    Ein Teil von mir hat gewusst, dass wir diese Therapeutin niemals aufsuchen würden. Als ich angerufen habe, um den Termin zu vereinbaren, und die Sprechstundenhilfe mir Anweisungen erteilt hat, habe ich mich nicht damit aufgehalten, sie aufzuschreiben. Eine Therapie aufzusuchen ist für einen Mann wie Phil anscheinend ein großer Schritt, ein öffentliches Eingeständnis, dass etwas schiefgegangen ist. Phil ist kein Freund von großen Problemen. Phil bevorzugt Probleme, die er lösen kann.
    Bis er abends nach Hause kommt, habe ich mich beruhigt und schneide Gemüse für einen Salat. Er bleibt an der Theke stehen und legt die Post darauf ab. »Ich nehme an, du bist stinksauer«, sagt er.
    Ich zucke die Achseln. »Ich dachte, wir essen auf der Veranda.«
    »Ich nehme an, du bist stinksauer«, sagt er ein zweites Mal und spricht, ohne meine Antwort abzuwarten, hastig weiter: »Ich weiß, dass du wahrscheinlich eine Therapeutin bevorzugt hättest, aber ich glaube nicht, dass das mir gegenüber fair gewesen wäre. Eine Frau würde sich automatisch auf deine Seite schlagen.«
    Phils Wissen über Frauen ist ziemlich lückenhaft.
    Ich schaue zu ihm hoch und zucke einmal mehr die Achseln, dieses Mal etwas deutlicher, so dass er gezwungen ist, meine enorme Gleichgültigkeit gegenüber dieser Situation wahrzunehmen. »Sie wäre vielleicht sowieso nicht in der Lage gewesen, uns zu helfen.«
    Meine Zustimmung macht ihn noch nervöser, so nervös wie einen Spieler, der gleich am Anfang ein gutes Blatt in Händen hält. »Wahrscheinlich bist du nicht mit meinem Wunsch einverstanden, dass wir mit Jeff sprechen. Er hat heute angerufen, und irgendwie ist wie aus dem Nichts das Thema Eheberatung aufgetaucht. Er ist einverstanden, uns
übermorgen zu treffen.« Offenbar wurde ich in der ganzen Stadt zum Notfall erklärt. »Und das ist auch nicht so drastisch, weißt du, wir fahren nur ab und zu hinüber, um mit Jeff zu reden.«
    »Drastisch?«
    »Es besteht doch keine Notwendigkeit, es so zu behandeln, oder? So, als würden wir uns mitten in einer Art Krise befinden? Um ehrlich zu sein, wäre mir nicht einmal bewusst, dass wir ein Problem haben, wenn du mir nicht ständig sagen würdest, dass wir eins haben.«
    »Du könntest den Grill anwerfen.«
    »Er wird gerecht sein«, sagt mir Phil. »Egal was du über Jeff denkst, er ist gerecht.«
    »Das nehme ich an.«
    »Du glaubst nicht, dass Jeff gerecht sein wird?«
    »Ich denke, dass Jeff gerecht sein wird.«
    »Und er könnte uns eine christliche Perspektive geben.«
    »Na toll.«
    »Sei nicht sarkastisch. Wir wissen nicht, was passieren wird.«
    Natürlich wissen wir, was passieren wird. Ich bereite mich darauf vor, mit der Bibel eins über den Kopf gezogen zu bekommen. Ich habe den ganzen Nachmittag darüber nachgedacht; mir war klar, in welche Richtung Phil lenken wird, bevor er es selbst weiß, außerdem hat es Vorteile, wenn wir Jeff aufsuchen. Wenn ich weg bin, könnte sich das positiv auswirken; manchmal denke ich so und erlaube mir tatsächlich die Formulierung »Wenn ich weg bin«. Phil wird jemanden brauchen, mit dem er reden kann, es ist also vielleicht klug, Jeff in die Sache einzubeziehen, ihn zu dem Loch hinzubugsieren, das ich in die Mitte dieser

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