Ein Mann zum Abheben
Bett aufgesetzt, das Licht angemacht und den Mann an der Schulter gerüttelt: »Wach auf, wir müssen miteinander reden.«
»Sie hat ihn dazu gebracht, mit ihr zu reden. Inzwischen sind sie zwanzig Jahre zusammen.« Diese letzten Worte sagt sie mit Triumph in der Stimme, als würde es sich um die Pointe eines Witzes handeln. Anscheinend ist es das, was nötig ist, um zwanzig Jahre zusammenzubleiben. Du musst eine Ehe so unbedingt wollen, dass du bereit bist, sie einem Mann abzuringen, während er schläft.
»Manche Leute finden eine Möglichkeit, einfach alles
zum Laufen zu bringen«, antwortet Kelly mit dieser heiteren Stimme, die ich nie ganz deuten kann. Entweder ist sie zustimmend oder sehr sarkastisch. Ihre Baseballkappe hat sie tief ins Gesicht gezogen. »Man hört immer wieder von Leuten, die mit wenig anfangen, aber irgendwie schaffen sie es.«
»Schaut euch Megan an.« Nancy meint die Chorleiterin der Kirche. »Ihr Mann war so eifersüchtig, dass er ihr bis in die Arbeit gefolgt ist und auf dem Behindertenparkplatz gewartet hat, bis er sicher war, dass sie im Gebäude verschwunden ist.«
»Ja, ich hätte keine zwei Cent auf Megan gesetzt, als sie diese schlechte Stelle angenommen hat«, sagt Kelly. »Aber sie sind noch immer zusammen, oder?«
»Sie schlagen die ganze Rückseite ihres Wohnzimmers raus und bauen einen Wintergarten an.« Nancys Stimme wird vor Begeisterung schrill. Sie hebt einen Stock auf und zeichnet den neuen Grundriss von Megans Haus in den Staub. »Das Erdgeschoss wird doppelt so groß.«
»Erstaunlich«, sagt Kelly, »doppelt so groß.«
»Sie hält durch. Die Zeit hilft immer. Du musst nur bereit sein, es auszufechten, es auszusprechen, mehr oder weniger deine Ehe Stein für Stein aufzubauen.«
Ich kann zu dieser Unterhaltung offensichtlich nichts Besonderes beisteuern.
»Hast du eine Beratung in Erwägung gezogen?« Unvermittelt dreht sich Nancy zu mir um. »Jeff könnte nämlich die ideale Person dafür sein. Ich weiß, dass er dich mag, Elyse. Er versucht ständig, mit dir ins Gespräch zu kommen, sei es über Politik oder über Religion. Ist dir das aufgefallen, Kelly?«
»Er rennt ihr bei jedem Fest nach«, antwortet Kelly, zieht ein Fernglas heraus und wendet sich Tory zu. »Über was habt ihr euch beim Grillfest im Schwimmclub die ganze
Zeit unterhalten? Ihr beide habt eine Stunde lang drüben in einem Clubsessel gesessen.«
»Ich habe ihm den Prolog aus den Canterbury Tales rezitiert. In altem Englisch.«
»Genau so etwas habe ich mir gedacht«, sagt Kelly.
»Bevor er das theologische Seminar besucht hat, hat Jeff vor hundert Jahren im Hauptfach Geschichte studiert«, erklärt Nancy.
»Ja«, sage ich, »das hat er mir erzählt.«
»Er mag dich.« Nancys Stimme klingt etwas flach. »Er behauptet, die Komplexität deines Verstandes würde ihn faszinieren.«
Kelly gibt einen Ton von sich, der irgendwo in der Mitte zwischen einem Husten und einem Schnauben liegt.
»Am Montag um zehn Uhr suchen wir jemanden auf. Eine Frau. Natürlich haben wir an Jeff gedacht, aber dann haben wir beschlossen, dass es einfacher sein würde, mit jemandem zu reden, den wir nicht kennen.«
Das ist eine kleine Lüge. Ich musste mächtig anschieben, bis Phil zugestimmt hat, sich mit jemandem zu treffen, und wir haben nie darüber gesprochen, Jeff zu konsultieren. Selbst ich kann mir nicht vorstellen, mit einem Mann zu sprechen, der (a) Phils bester Freund ist, (b) Nancys Ehemann, (c) unser Pfarrer und (d) von der Komplexität meines Verstandes fasziniert ist.
»Ich glaube, das kann ich verstehen«, sagt Nancy derart langsam, dass klar ist, dass sie es nicht kann. »Das Wichtigste ist, dass ihr an der Ehe arbeitet.«
Vom Spielfeld her ist plötzlich ein Schrei zu hören, und wir richten uns alle auf. Es handelt sich nicht um eines von unseren Kindern, aber Nancy steht noch immer und geht zum Zaun.
»Falls ihr Eis braucht, ich habe welches«, ruft sie, und die
Lehrkraft, die sich über das wimmernde Kind beugt, winkt und nickt. Nancy bringt zu jedem auch nur annähernd sportlichen Ereignis Eis in einem Kühlbehälter und Zippertüten mit, egal ob es sich um unser tägliches Walking auf der Laufbahn oder um Volleyballspiele in der Kirche handelt. Wir ziehen sie damit auf, aber sie sagt, wenn ihr das Leben etwas beigebracht hat, dann die Tatsache, dass sich früher oder später immer einer verletzt.
Die Lehrkraft zieht das kleine Mädchen auf die Füße und gibt uns zu verstehen, dass
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