Ein Millionär und Verführer
ein Pfeil ins Herz. „Vielleicht ist es besser so“, flüsterte sie. „Vielleicht waren deine Erlebnisse schmerzhafter, als du ertragen könntest.“
„Ich hätte lieber schmerzhafte Erinnerungen als gar keine“, erwiderte er hart und wandte sich von ihr ab.
Er wirkte so verletzt, dass es ihr vorkam, als würde mit einem Mal eine undurchdringliche Wand zwischen ihnen aufragen. Calista konnte sich nicht gegen die Welle von Mitgefühl wehren, die in ihr aufbrandete. Verwirrt fragte sie sich, warum sie so viel Anteilnahme für den Menschen empfand, der ihre eigene Familie zerstört hatte. Wie war es möglich, dass sie sich ihm derart verbunden fühlte?
Sie versuchte, dagegen anzukämpfen, doch der Impuls, Leo zu trösten, war stärker. Vorsichtig legte sie den Arm um ihn und schmiegte sich an seinen Rücken.
Sie hörte ihn erleichtert aufatmen. Konnte es wirklich sein, dass sie so eine tiefe Wirkung auf ihn hatte? War sie dazu in der Lage, ihm ein wenig Frieden zu schenken?
Am folgenden Morgen ließ sich Leo vor dem Appartementhaus von George abholen. „Morgen! Wie geht es Mrs. Grant?“, fragte sein alter Freund.
„Gut“, erwiderte Leo und stieg in die Limousine.
„Kann mir kaum vorstellen, dass sich ein Kunde wirklich mit ihr im The Mark treffen wollte“, murmelte George missbilligend, als er anfuhr.
„Ich habe keinerlei Anlass, an ihren Worten zu zweifeln, und es scheint ihr dort nicht sonderlich gut gefallen zu haben“, erklärte Leo entschieden.
George schwieg eine Weile, bevor er reagierte. „Stimmt. Aber was willst du jetzt unternehmen?“
„Inwiefern?“
„Wegen ihrer Sicherheit.“
„Ich stelle ihr einen Bodyguard zur Seite, aber er soll sich im Hintergrund halten“, antwortete Leo. „Ich will nicht, dass sie sich eingeschränkt fühlt, nur weil sie mich geheiratet hat.“
George lachte trocken auf. „So dumm ist sie sicher nicht. Ihr war bestimmt klar, wie sehr sich ihr Leben ändern würde, wenn sie mit Leo Grant verheiratet ist.“
Leo zuckte die Schultern, auch wenn George ihn vielleicht gerade nicht im Rückspiegel sah. „Sie will es aber so.“
Wieder schwieg George. „Und das lässt du ihr durchgehen?“, fragte er schließlich.
„Calista und ich führen eine Ehe. Das ist keine Zwangsveranstaltung! Sie muss sich eben daran gewöhnen, und das dauert seine Zeit. Irgendwann wird sie schon anfangen, darauf zu vertrauen, dass ich weiß, was gut für sie ist. Und in der Zwischenzeit werden meine Leute aus der Ferne ein Auge auf sie haben.“
„Und was, wenn sie etwas herausfinden? Etwas, das dir nicht gefallen würde?“
„George, wovon redest du da bitte?“
„Keine Ahnung, beispielsweise, dass sie einen Exfreund trifft oder eine Affäre hat.“
„Beides ist nicht der Fall“, erwiderte Leo bestimmt. Vielleicht vertraute Calista ihm noch nicht ohne Wenn und Aber. Allerdings wusste er eins mit Sicherheit: Sie begehrte ihn – ihn allein.
Am Montagmorgen im Büro klingelte Calistas Handy.
„Herzlichen Glückwunsch“, sagte eine Stimme, die ihr irgendwie vertraut vorkam.
„Entschuldigung, wer spricht da bitte?“, fragte Calista verwirrt.
„Jennifer. Deine Zimmergenossin aus dem College. Ich weiß schon, dass wir nicht mehr viel Kontakt hatten in den letzten Jahren. Aber um ehrlich zu sein, hatte ich schon gedacht, dass du mich zu deiner Hochzeit einladen würdest.“
Irritiert runzelte Calista die Stirn. „Woher weißt du überhaupt davon?“
„Es stand heute in der Zeitung, ein kleiner Artikel in der Klatschspalte. Sag schon, wie hast du es geschafft, dir Philadelphias begehrtesten Junggesellen zu angeln?“, fragte Jennifer lachend.
„Wir haben uns bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung kennengelernt.“ Der Anruf kam wie aus dem Nichts, und Calista versuchte verzweifelt, sich an all die Floskeln zu erinnern, mit denen sie ihre Familie damals abgespeist hatte. „Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich frage mich nur, warum es ausgerechnet jetzt in der Zeitung steht … Die Hochzeit ist doch schon Wochen her!“ Calista schloss die Augen und fluchte stumm. Sie hatte nicht einmal ihren Kollegen von der Hochzeit erzählt und sogar gehofft, die Ehe so lange wie möglich geheim halten zu können.
„Wollen wir uns demnächst zum Lunch treffen? Ich will alles darüber wissen! Auf dem College warst du so ein Bücherwurm, dass du nicht mal Zeit für Dates hattest, und jetzt bist du mit Leo Grant verheiratet! Wann sehen wir uns?“, plauderte Jennifer
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