Ein Millionär und Verführer
weiß ja nicht“, sagte sie zweifelnd. „Vielleicht war das gerade ein Zeichen dafür, dass ich heute Abend nichts mehr trinken sollte. Es war zwar mein erster Margarita, aber anscheinend war auch das schon einer zu viel.“
Er zuckte die Schultern. „Einer ist keiner.“ Dann reichte er ihr die Hand. „Leo Grant.“
„Calista“, erwiderte sie und legte ihre weiche, gepflegte Hand in seine. „Calista French. Danke, dass Sie so verständnisvoll sind. Es tut mir wirklich sehr leid.“
Ihr Nachname kam ihm bekannt vor. Leo durchforstete sein Gedächtnis nach weiteren Informationen. Im Laufe der Jahre waren da so viele Namen gewesen, Namen von Menschen, die sein Adoptivvater über den Tisch gezogen und ausgenutzt hatte. Doch nachdem Leo diesem Leben entkommen war, hatte er versucht, sie alle zu vergessen. Schnell verdrängte er den Gedanken daran. „Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, immerhin haben Sie mich gerade vorm Sterben aus Langeweile gerettet.“
Sie zwinkerte ihm zu und lächelte. „Sie wirken nicht gerade wie jemand, der Langeweile erträgt.“
Ihre Augen glitzerten verheißungsvoll, was Leo nicht entging. „Da haben Sie recht“, antwortete er. „Um ehrlich zu sein, wollte ich gerade gehen.“
„Haben Sie ein Glück“, flüsterte sie ihm verschwörerisch zu. „Ich gehöre zum Komitee, das diesen Abend organisiert hat, deshalb muss ich noch eine ganze Weile bleiben. Offen gesagt halte ich nur durch, weil ich wirklich an das glaube, was wir hier tun. Dieses Jahr unterstützen wir missbrauchte Kinder. Neben dem finanziellen Aspekt versuchen wir auch, ein Mentorenprogramm aufzubauen.“
„Sind Sie auch Mentorin?“ Ihn überraschte, dass eine attraktive Frau von ihrem Format bereit war, ihre Freizeit für bedürftige Kinder zu opfern.
„Natürlich“, erwiderte sie und warf ihm einen herausfordernden Blick zu. „Sie etwa nicht?“
„Es ist nie zu spät“, antwortete er. „Vielleicht haben Sie ja Lust, mir bei einem Abendessen mehr über Ihr Programm zu verraten?“ Er zog eine Karte aus seiner Hosentasche und reichte sie ihr.
Calista biss sich auf die Lippe und musterte ihn fragend. „Unsere Vorsitzende könnte Sie anrufen. Sie versteht mehr von dem Ganzen als ich.“
„Lassen Sie mich etwa gerade abblitzen?“ Er zog die Augenbrauen hoch und lächelte amüsiert.
Räuspernd straffte sie die Schultern. „Mir ist beigebracht worden, dass eine Dame niemals gleich die erste Einladung annimmt. Besonders nicht, wenn sie gerade einen Margarita über den entsprechenden Mann gekippt hat.“ In charmantem Ton fügte sie hinzu: „Ich sollte jetzt wirklich gehen. Es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen.“
Mit diesen Worten drehte sie sich um und ließ Leo einfach stehen. Noch immer amüsiert sah er ihr nach und beobachtete, wie sie mit wiegendem Gang im Gedränge verschwand. Sie erwartete Hartnäckigkeit? Für Leo gab es kaum eine einfachere Übung. Calistas Telefonnummer herauszufinden würde ein Kinderspiel sein.
Entschlossen zog er sein Handy aus seiner Tasche und sendete eine Anfrage an seinen Assistenten. Calista French machte ihn neugierig. Wenn es um Frauen ging, bekam Leo immer, was er wollte. Leider Gottes redeten sie ihm allesamt nach dem Mund, sobald sie herausgefunden hatten, wie reich er war – und genau das langweilte ihn maßlos. Aber Calista schien anders zu sein. Ihre funkelnden Augen, ihre herausfordernde Art und ihr helles Lachen reizten ihn.
So viel, wie er in den letzten Monaten gearbeitet hatte, konnte er eine Ablenkung jetzt gut gebrauchen. Außerdem roch seine neue Bekanntschaft förmlich nach Wohlstand, Bildung und altem Geld. Kurzum: Sie war die Verkörperung der Tochter aus gutem Hause. Und wenn es irgendetwas gab, das Leo in seinem Leben fehlte, dann war es eine Frau, die ihn von der Schande seiner Vergangenheit befreien konnte.
Calistas Puls raste, während sie sich von Leo Grant entfernte. So war er also – einer der reichsten Männer des Landes.
Dankend nahm sie eine Flasche Wasser von einem der Kellner entgegen und blieb schwer atmend am anderen Ende des Festsaals stehen. Sie trank so gut wie nie Alkohol, denn seit dem Tod ihres Vaters war sie diejenige, die ihre Familie zusammenhielt. Und dafür waren Kontrolle und Selbstbeherrschung unabdinglich.
Schon bald würde sie herausfinden, ob Leo Grant ihr auf den Leim gegangen war. Er war ein Mann, der Herausforderungen liebte. Und in den letzten zwei Monaten hatte sie mithilfe eines
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