Ein neuer Anfang?
Schreibtisch.“
Tja, sein Pech, dachte sie sich. „Wie sind Sie denn eigentlich hergekommen?“
„Geflogen.“
„Im Ernst?“
Er warf ihr einen irritierten Blick zu. „Natürlich nicht. Der nächste Flugplatz ist meilenweit weg. Das war ironisch gemeint, Kiloran. Ich bin gefahren.“
„Heute Morgen?“
„Ja. Sehr früh heute Morgen.“
Er musste bei Tagesanbruch aufgebrochen sein, denn selbst bei idealen Verkehrsverhältnissen dauerte die Fahrt von London gut zwei Stunden. Vermutlich hatte er deshalb Schatten unter den Augen. Oder war er am Wochenende kaum zum Schlafen gekommen? Wahrscheinlich, wenn man den Zeitungen Glauben schenken konnte.
Kiloran wusste nicht, was er von ihr erwartete. „Soll ich Ihnen einen Kaffee bringen lassen?“
Adam zählte im Stillen bis zehn. „Nein, Kiloran“, antwortete er dann ruhig. „Ich möchte keinen Kaffee. Nehmen Sie sich einen Stuhl, und setzen Sie sich zu mir.“
„Sie sitzen auf meinem Stuhl“, sagte sie eisig. „Das ist mein Büro, mein Schreibtisch. Und mein Stuhl!“
„Haben Sie denn einen Raum, den Sie mir zur Verfügung stellen können?“
„Nein, noch nicht.“
Er kanzelte sie ab wie ein Lehrer seine Schülerin, die ihre Aufgaben nicht rechtzeitig abgegeben hatte. „Sie wussten, dass ich heute kommen würde. Also hatten Sie zwei volle Tage Zeit, etwas zu organisieren.“ Daraufhin lehnte er sich zurück und musterte sie forschend. „Warum haben Sie nichts unternommen?“
Sie konnte sich nicht erinnern, dass schon einmal jemand so mit ihr gesprochen hatte. Nicht einmal in ihrem allerersten Job, als sie in der Firmenhierarchie ganz unten gestanden hatte. „Ich werde es sofort veranlassen!“
„Nein, nicht sofort.“ Er wies auf den Drehstuhl neben seinem. „Kommen Sie, setzen Sie sich hier hin!“
Kiloran fühlte sich wie Rotkäppchen, das dem bösen Wolf zu nahe kam. Doch Adam Black hatte eine so autoritäre Art, dass sie automatisch gehorchte.
„Na? Wie ist das?“ fragte er amüsiert.
Es war schrecklich. Und dann wieder gar nicht so schlimm. Im Grunde das Gegenteil. Sie war sich noch nie im Leben eines Mannes so bewusst gewesen wie in diesem Moment. Da sie sehr dicht neben Adam saß, atmete sie den leichten Moschusduft seines After Shaves ein. Unwillkürlich musterte sie seine Wangen. Ein leichter Schatten zeigte neuen Bartwuchs an. Dabei musste Adam sich doch erst vor einigen Stunden rasiert haben.
„Perfekt“, antwortete sie lässig. „Aber nur als vorläufige Lösung.“
Darin stimmte er mit ihr überein. Kiloran saß ihm ein bisschen zu nahe, als dass er sich noch hätte wohl fühlen können. Adam versuchte, sich die Faszination auszureden, die von ihr ausging. Das hatte er schon seit dem Moment getan, als er sie wiedergesehen hatte. Die Frau, mit der er Samstagabend ausgegangen war, war schließlich genauso schön gewesen.
Was war denn bloß so Besonderes an Kiloran Lacey? Oder an ihren grünen Katzenaugen und dem glänzenden blonden Haar? Fand er sie vielleicht attraktiv, weil sie für ihn nicht infrage kam?
Adam musterte sie noch einmal. Das schlichte Sommerkleid reichte ihr bis zum Knie. Die Knie gefielen ihm. Ihre unbekleideten Arme waren sonnengebräunt und kräftig. Ob sie eine Fitnessfanatikerin war? Es hätte ihn nicht sonderlich überrascht, wenn sie einen privaten High-Tech-Fitnessraum irgendwo in diesem weitläufigen Gebäude untergebracht hätte. Natürlich auf Kosten der Firma. Er presste verächtlich die Lippen zusammen.
„Dann wollen wir mal!“ Es kostete ihn einige Anstrengung, sich wieder der eigentlichen Aufgabe zuzuwenden. Er nahm einen Bogen beigefarbenen Schreibpapiers aus dem Dokumentenstapel auf dem Schreibtisch. „Lassen Sie uns sehen, was wir hier haben.“
Kiloran warf einen Blick auf die markante Handschrift. Oje!
„Erkennen Sie die Schrift?“ fragte er.
„Ja. Der Brief stammt von Tante Jaqueline.“
„Hm. Aber sie ist mehr als nur Ihre Tante, stimmt’s, Kiloran?“
Sie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her.
„Soweit ich weiß, ist sie diejenige, die den zweitgrößten Aktienanteil an Lacey’s Seifenfabrik hält, und sie …“
„Soll ich raten? Ist sie verärgert?“
„Verärgert?“ Adam überflog den Brief. „Das wäre noch stark untertrieben. Ich muss zugeben, dass ich es ihr nachfühlen kann.“
Das war zu erwarten gewesen. „Darf ich den Brief mal lesen?“
„Er wird Ihnen nicht gefallen.“
„Oh, ich bin hart im Nehmen!“ Allerdings war sie doch
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