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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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vierhundertvierundzwanzig Meter hoch heben, so würden wir also eine Arbeit von vierhundertvierundzwanzig Meterkilogramm hineinpacken. Wenn wir dann weiter diesen Bleiklotz aus seiner Höhe auf eine zur ebenen Erde befindliche andere Bleiplatte herunterstürzen ließen, so würde die ganze Hebungsarbeit durch diesen Sturz zunichte werden. Aber nur scheinbar. In Wirklichkeit würden sich Bleiklotz und Bleiplatte durch den Zusammenstoß ein wenig erwärmen, und wir können feststellen, daß diese Wärmemenge, die hier auftritt, genau gleich einer Kalorie ist. Wir haben nun in einem Kilogramm Kohle achttausend Kalorien, und jede Kalorie entspricht einer Hebungsarbeit von vierhundertvierundzwanzig Meterkilogramm, in einem Kilogramm Kohle steckt also eine mechanische Arbeit von 8000 * 424, das heißt 3.392.000 Meterkilogramm. Das ist eine Arbeit, die genügen würde, eben jenes Kilogramm Kohle mehr als drei Millionen Meter oder dreitausend Kilometer in die Höhe zu reißen.
    Ein gewaltiger Kraftspeicher ist die Kohle, und wir verstehen es, mit Hilfe der Dampfmaschine wenigstens einen Teil dieser Arbeit nutzbar zu machen.
    Wo früher Hunderttausende von Menschen in schwerer Fron dahinsiechten, da regen die eisernen Sklaven, die Maschinen, jetzt ihre mächtigen Glieder, und das Feuer tut die Arbeit der Menschen. Hundert Jahre haben einen Umschwung gebracht, wie vorher nicht tausend, ja nicht einmal zehntausend.
    Aber ein leises Gefühl des Unbehagens geht durch jene Zeit gedrängten Fortschrittes und gehäufter Erfolge. Gewiß, man hat große Erfolge. Aber man treibt ja Raubbau. Man reißt die Schätze aus dem Boden, die eine frühere Sonne in Jahrtausenden schuf, um sie in Jahrzehnten zu verbrauchen. Immer wieder und immer häufiger taucht die bange Frage auf: Was wird das Ende solcher Wirtschaft sein?

4
    Wieder ein Menschenalter vorwärts. Aber in unserer Zeit zählt eine Generation mehr als tausend Generationen der Steinzeit. Wo vor dreißig Jahren zehn Dampfkessel glühten, da stehen jetzt hundert. In sinnverwirrender überwältigender Weise hat sich die Ausnützung des Feuers zur Arbeit gesteigert. Die Elektrotechnik trat hinzu und lehrte, die grobe Dampfmaschinenarbeit in tausendfach verfeinerter Form in jedes Haus zu leiten. Das Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität, die schönste Blüte menschlichen Erfindungsgeistes.
    Nicht mehr mit Hacke und Schaufel, sondern mit tausendpferdigen Maschinen reißt man die kostbare Kohle aus der Erde. Nicht mehr nach Tausenden, sondern nach Millionen Tonnen rechnet die jährliche Ausbeute in den einzelnen Ländern. Von schwarzen Diamanten spricht man, und Kohle ist gleichbedeutend mit Macht geworden.
    Aber während hunderttausend Schlote qualmen, während hunderttausend Maschinen arbeiten, sitzen die Statistiker mit sorgenschwerer Stirn über ihren Rechnungen. Da findet der eine heraus, daß Englands Kohlenvorrat in vierhundert Jahren erschöpft sein wird, wenn der Verbrauch so bleibt, wie er jetzt ist, daß aber die Kohlen höchstens noch einhundertzwanzig Jahre reichen, wenn der Verbrauch so weiter wächst wie bisher. In einhundertzwanzig Jahren also wird England kohlenarm, wird es ein machtloses Land sein, wird seine Industrie eingehen müssen. Wieder andere untersuchen die deutschen Kohlenlager und kommen zu dem Schluß, daß die in zweihundert Jahren zur Neige gehen werden. Man denkt an neue Stätten in Afrika, in China, aber in jedem Fall läßt sich ein Zeitpunkt und ein gar nicht so fern liegender Zeitpunkt angeben, da das letzte Stückchen Kohle aus der Erde geholt sein wird und man wieder in die alte Sklaverei und Unfreiheit zurücksinken muß. Die Kohle, die Trägerin nutzbarer Energie, lodert im Kessel auf, und die Energie wird aus nutzbarer in nutzlose Form verwandelt. Alle die Energie, die noch im vorigen Jahr für die Menschheit arbeitete, ist verraucht, in das Weltall zerstäubt, nie wieder nutzbar für die Menschen zu machen. So folgert man, und man überträgt den Schluß auf Erde und Sonne. Unaufhörlich strahlt unser Sonnenball Energie aus, und sein Vorrat kann nicht unerschöpflich sein. Einst wird kommen der Tag, an dem das letzte Stück Kohle aus der Erde in den Ofen wanderte, und dann jener andere und noch schrecklichere, wo auch die Sonne ausgebrannt ist und die ganze Welt den Kältetod stirbt.
    Jene alten Jäger der Tertiärzeit hatten sich nicht um Sonne und Sonnenenergie gekümmert. Die Sonne schien, und das genügte ihnen. Sie war gestern und

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