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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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heute aufgegangen und würde sicher auch morgen und übermorgen wieder scheinen. Das war fünfhunderttausend Jahre hindurch die Philosophie der Menschen gewesen.
    Erst jene Generation, die den Dampf und die Elektrizität in ihre Dienste zwang, wagte sich an das Problem der Sonnenenergie, und das Ergebnis war wenig erfreulich. Tyndall und Siemens, Helmholtz und Thomson, wer immer auch von jenen Physikern und Technikern sich mit dem Problem befaßte, der kam zum Schluß: Wir leben in einer sterbenden Welt, wir leben im Weltenherbst, auf den der ewige, eisige Weltenwinter folgen muß. Sie alle übertrugen die Erfahrungen, die sie an einem kleinen Erdfeuer sammelten, auf den gewaltigen Weltmechanismus. Sie alle stellten den Satz, daß jede Temperatur in einem Gefälle von höheren zu tieferen Stufen fließt, als allgemein gültig auf, und so kamen sie zu einem traurigen Dogma, zur Lehre vom bevorstehenden Kältetod der Erde und des Weltalls. Auf der einen Seite ein unerhörter Aufschwung aller Technik, eine weitgehende Befreiung der Menschheit vom Druck der Materie und der materiellen Arbeit und auf der anderen Seite die niederdrückende Aussicht, daß alles das doch nur einem traurigen Ende, einer allgemeinen Erstarrung und Vereisung entgegentriebe. Wie von einer ganz sicheren Sache sprach man von dem Tag, an dem das letzte Stückchen Steinkohle aus der Erde herausgeholt sein würde und die Menschheit wieder zu dem kleinen Handwerksbetrieb des Mittelalters zurückkehren müsse. Wie von einer sicheren Sache auch sprach man von jenen letzten Jahrtausenden, in denen nur noch die Gegenden um den Äquator bewohnbar sein würden, und das Menschengeschlecht, von Millionen auf Tausende und von Tausenden schließlich auf Hunderte zusammengeschmolzen, ein trauriges Eskimodasein führen und schließlich in Mangel und Kälte verkommen würde.

5
    Im Jahre 1900 saß ein französisches Forscherpaar, Herr und Frau Curie, bei emsiger Arbeit. Es handelte sich um die geheimnisvollen Strahlen, die vom Uran, jenem schweren Metall, und ganz besonders von einem Uranerz, der Uranpechblende, ausgingen. Man wird fragen, wie es möglich war, daß so viele Jahrtausende, daß insbesondere das neunzehnte Jahrhundert, das Jahrhundert der gesteigerten Naturerkenntnis, an diesen Strahlen achtlos vorübergehen konnte. Aber darauf ist zu erwidern, daß diese Strahlen ja so unendlich seltsam und eigenartig waren. Das Auge konnte sie überhaupt nicht unmittelbar wahrnehmen. Die fotografische Platte nur, die darum so unendlich viel empfindlicher ist als das Auge, weil sich die Wirkungen mit der Zeit auf ihr addieren, konnte von diesen Strahlen etwas sehen. Wenn wir mit unseren Augen drei Monate hindurch unverwandt auf einen Stern starren, so wird er dadurch für uns nicht heller, als er in der ersten Sekunde war. Wenn wir aber eine fotografische Platte in das Fernrohr schieben und das Licht eines Sternes Stunden und Tage hintereinander auf sie einwirken lassen, so bekommen wir schließlich auch von den lichtschwächsten Objekten noch gute Aufnahmen.
    Wenn wir irgendeinen Stein oder ein Stück Erz, das uns der Strahlung verdächtig ist, auf eine wohl eingewickelte fotografische Platte legen, so wird die wahre Natur dieses Steines oder Erzes zutage kommen. Es kann Minuten oder Jahre dauern. Aber wenn die Stücke Strahlen aussenden, so werden sie schließlich die Platte beeinflussen, sie werden sie schwärzen.
    Nach diesem Prinzip arbeiteten die Curies zuerst, und sie fanden, daß das Uranerz, die Pechblende, sehr viel stärker strahlte als das reine Uran. Sie schlossen, daß also das strahlende Mittel neben dem Uran in der Pechblende vorhanden sein müsse, und sie begannen die Blende nach bekannten chemischen Verfahren in ihre einzelnen Bestandteile, in Uran, in Baryum, in Wismut, in Blei und die anderen Stoffe, zu zerlegen. Jeder Bestandteil wurde in der geschilderten Weise auf seine fotografischen Wirkungen geprüft, und da zeigte es sich, daß das Baryum viele hundertmal stärker strahlte als die Pechblende. Es schwärzte die fotografische Platte in wenigen Sekunden, während man doch anderes Baryum kannte, das freilich nicht aus der Pechblende stammte und das durchaus keine Strahlen aussandte. Also schlossen die Curies, daß das eigentliche strahlende Material neben dem Baryum bestehen müsse, daß es diesem aber chemisch sehr ähnlich sein müsse. Mit unendlicher Mühe gingen sie daran, die Bromverbindungen des Baryums, des strahlenden Baryums der

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