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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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was ich begann. Der erste Teil meiner Entdeckung, die Vervielfachung der Ernten mit Hilfe der Wachstumstrahlen, hat sich allgemein durchgesetzt. Der zweite – vielleicht wird er gleiche Wichtigkeit erlangen. Alles, was ich darüber feststellen konnte, liegt hier in diesen Papieren aufgezeichnet für den Fall, daß ich einmal abberufen werde.«
    »Lieber Professor«, begann Doktor Reuter, »wir hoffen alle, daß Sie uns noch lange …«
    »Lassen Sie, Doktor, jeder weiß am besten, wie er sich fühlt! Hören Sie, was ich zu sagen habe! Durch eine ultraviolette Strahlung von genau bemessenem Kraftgehalt und bis auf Millionstel eines Millimeters genau festgestellter Wellenlänge können wir die Ernten der Menge nach beeinflussen, praktisch wenigstens verfünffachen. Durch andere Strahlen aus dem gleichen ultravioletten Gebiet – alle Einzelheiten darüber stehen hier geschrieben –«, er legte die Hand auf das Schriftstück vor sich, »können wir das Wachstum auch zeitlich beeinflussen und ganz wesentlich beschleunigen.«
    »Sie meinen?« unterbrach ihn Arnoldi. »Sie glauben …«
    »Bevor ich Ihnen meine Gedanken und Meinungen im einzelnen auseinandersetze, meine Herren, will ich Ihnen einen Versuch zeigen, der mehr als viele Worte sagt. Einen Versuch, der vielleicht auch die Erklärung für ein so lange unerklärliches Experiment der indischen Gaukler enthält.«
    Der Professor brachte einen Blumentopf mit fruchtbarer Erde und ein Schälchen mit im Wasser aufgequollenen Erbsen herbei. Mit einem Streichholz kratzte er kleine Höhungen in die Oberfläche und legte die Erbsen so hinein, daß sie mit den Keimstellen, die an den erweichten Hülsenfrüchten deutlich zu sehen waren, in der freien Luft lagen. Sorgsam drückte er die Erde um die einzelnen Erbsen fest und sprach dabei weiter: »Wenn wir diesen Topf der Natur und sich selber überlassen, so werden die Erbsen im Laufe der nächsten drei Tage keimen, im Laufe von drei Wochen werden sich, die nötige Wärme und Sonne vorausgesetzt, Erbsenranken daraus entwickeln. Wenn wir sie gleichzeitig den Wachstumstrahlen aussetzen, so werden wir, wie Sie ja wissen, Riesenerbsen von zwei Zentimeter im Durchmesser erzielen.«
    Der Professor war mit der Glättung der Erdoberfläche fertig und schob den Topf bis zur Mitte des Tisches. Nun begann er daneben eine Apparatur aufzubauen, zunächst eine Quecksilberquarzlampe von der Art, wie sie zu jener Zeit allgemein für die Bestrahlung der Felder im Gebrauch waren. Ein versilberter Parabolspiegel umschloß den Quarzkörper der Lampe. Ein Woodsches Filter bedeckte die Spiegelöffnung, so daß nur die unsichtbare ultraviolette Strahlung, aber keinerlei optisch wahrnehmbares Licht aus dem Scheinwerfer in das Freie fallen konnte. Nun schob er ein zweites Stativ mit einer großen Quarzlinse vor den Scheinwerfer und danach ein drittes, das ein mächtiges Quarzprisma trug. Dann zündete er eine einfache Stearinkerze an und winkte dem Doktor, die dichten Fenstervorhänge zu schließen.
    Tiefe Dämmerung, nur schwach von der flackernden Kerze durchbrochen, herrschte in dem Gemach. Ein viertes Stativ, das einen Fluoreszenzschirm trug, brachte der Gelehrte herbei, rückte es in den Gang der aus dem Quarzprisma austretenden unsichtbaren Strahlung und löschte die Kerze aus. Volle Finsternis war jetzt vorhanden. Das Klinken eines Schalters unterbrach die Stille. Elektrischer Strom durchflutete die Lampe, und gleichzeitig leuchtete der Schirm in mattem, geisterhaftem Fluoreszenzlicht auf. Breit ausgezogen zeigte sich das Spektrum der an sich unsichtbaren ultravioletten Strahlung auf ihm. Sorgsam prüfte es Olearius mit einer Lupe, bezeichnete durch einen Nadelstich eine bestimmte Stelle auf dem Schirm, griff dann nach dem Blumentopf und stellte ihn mit Hilfe eines fünften Stativs so in den Strahlengang, daß die Erbsen von einer ganz bestimmten Wellenlänge getroffen werden mußten.
    »Nun die Vorhänge wieder auf!« rief er dem Doktor zu. »Sie sollen das alte Fakirwunder bei hellem Tageslicht erleben.«
    Doktor Reuter eilte zu den Fenstern und zog an den Schnüren. Breit floß das Sonnenlicht in den Raum, so daß die drei geblendet für einen Augenblick die Augen schließen mußten. Blinzelnd öffneten sie sie wieder, rissen sie weit auf und starrten wie verzaubert auf den schlichten Blumentopf auf dem Tisch dort.
    Lebendig schienen die Erbsen da geworden zu sein. Was sie alle gelegentlich schon bei kinematographischen Zeitrafferaufnahmen

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