Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
Vom Netzwerk:
zu kosten und sich durch den eigenen Geschmack zu überzeugen, daß die Früchte gut sind«, rief Professor Olearius mit lauter Stimme in den Saal. Seiner Aufforderung wurde von allen Seiten Folge geleistet, und bald verriet allgemeines Kauen, Kosten und Schmecken, daß hier in der Tat ein auserlesener Genuß geboten wurde.
    »Ich bin einfach platt und erschlagen«, wandte sich der Domänenrat an den Doktor. »Die Dinger sind vorzüglich. Doktor, wenn diese Erfindung wirklich für die große Praxis brauchbar wäre – wir stünden wahrhaftig vor einer neuen Zeit in der Landwirtschaft. Wenn ich mir vorstelle, daß ich jedes Jahr hundert solcher Trauben an meinem Weinspalier ziehen könnte – Himmel, was für Geld würde das in die Kasse bringen! Und wenn es glückte, das Verfahren auf Getreide und Kartoffeln anzuwenden – mit einem Schlage wäre es ja mit der Not der Landwirtschaft überhaupt vorbei.«
    Die Zuhörer bildeten Gruppen, in denen die wunderbaren Forschungsergebnisse des Professors lebhaft besprochen wurden. Der stand noch eine Weile vor dem Pult, gab hier und da eine Auskunft und wollte sich dann still zurückziehen. In diesem Augenblick ergriff der Doktor den Domänenrat beim Arm und schob sich mit ihm durch das Gedränge dem Professor nach. Gerade als der die kleine Schlupftür öffnete, hatten sie ihn erreicht und folgten ihm.
    »Hallo, Herr Professor!«
    Der wandte sich um.
    »Sie sind doch – ah, Herr Doktor Reuter. Was bringen Sie mir Gutes?«
    Der Doktor schob seinen Begleiter vor. »Gestatten Sie, daß ich die Herren bekannt mache. Mein Freund, Herr Domänenrat Arnoldi – mein alter Lehrer, Herr Professor Olearius. Herr Professor, hier bringe ich Ihnen den Mann, auf dessen Gütern Sie Ihre Versuche in größerem Stil fortsetzen müssen.«
    Vergeblich suchte ihn der Domänenrat zu unterbrechen. Unbeirrt fuhr der Doktor fort: »Er hat mir selbst schon vorhin den lebhaften Wunsch ausgesprochen, seine Weintraubenzucht nach Ihrem Verfahren zu verbessern. Im übrigen verfügt er über ausgedehnte Obstplantagen und zweitausend Hektar guten Weizenboden. Es müßte merkwürdig zugehen, wenn sich da nicht Platz für einige Versuchsfelder finden sollte.«
    Lange saßen die drei an diesem Abend noch zusammen, erwogen Möglichkeiten, schmiedeten Pläne und besprachen alles Notwendige.

2
    »Arnoldi ist vollkommen verdreht«, sagten die Nachbarn der Domäne Rexow, wenn die Rede auf deren Pächter kam. »Er hat sich mit dem Doktor Reuter und einem verschrobenen Professor aus Berlin zusammengetan und stellt kostspielige Versuche an, bei denen er noch alles verlieren wird.«
    Die Reden der Nachbarn waren nicht ganz ungerechtfertigt. Im frühen Frühjahr waren wunderliche Apparate auf Rexow angefahren worden. Monteure waren gekommen, die diese merkwürdigen Dinger, riesenhafte Scheinwerfer schienen es zu sein, rings um ein Feld herum aufstellten. Elektrische Leitungen wurden bis dorthin gezogen und mit den Scheinwerfern verbunden. Es konnte nicht ausbleiben, daß sich immer wieder Neugierige bei diesem Feld versammelten, obwohl der Domänenrat jeden Unbefugten davonjagte.
    Trotzdem kamen Sie immer wieder, und die Glossen, die hier gemacht wurden, als die Sommersaat aufzugehen begann, waren alles andere als schmeichelhaft für das neue Unternehmen.
    »Was ist bloß in den Arnoldi gefahren?« hieß es. »Das hier soll eine Weizensaat sein! Die Körner sind ja ausgelegt, als ob es sich um Kartoffeln handelte. Hier ein Korn und erst dreißig Zentimeter weiter das nächste. So etwas hat man doch noch nicht gesehen, seitdem Weizen gebaut wird.«
    Dann sahen sie die Halme aus dem Boden sprießen und faßten sich an den Kopf. Ja, war denn das überhaupt Weizen? Waren diese tiefgrünen, reichlich fingerstarken Triebe, die dort aus dem Boden des Versuchsfeldes emporbrachen, nicht Mais- oder Hirsesprossen? Und was hatte es mit den merkwürdigen Scheinwerfern auf sich? Kein Mensch hatte sie bisher weder bei Tag noch bei Nacht jemals leuchten sehen, obwohl die Elektriker der Domäne im Dorfkrug versicherten, daß die Anlage jeden Tag vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang in Betrieb sei.
    Tage vergingen, Wochen reihten sich zu Monaten. Auf dem Versuchsfeld stand die rätselhafte Saat jetzt voll im Halm. Mais war es nicht und Hirse auch nicht, darüber waren sich die Nachbarn klar. Reichlich fingerstarke Halme von doppelter Mannshöhe standen da, und an ihren oberen Enden trugen sie wohl auch Weizenähren, Ähren

Weitere Kostenlose Bücher