Ein neues Paradies
unbeschreiblich gewaltiges Dröhnen und Krachen drang herüber. Mit unwiderstehlicher Gewalt fegte in Luft und Wasser die Explosionswelle heran. Mit Orkanstärke packte sie die Freunde auf dem Verdeck und schleuderte sie auf die Planken nieder. Mit Riesenkraft erfaßte sie die ›Dorothea‹, hob sie einen Augenblick hoch aus dem Wasser und brach wie Glas die Ankerketten. Den Rumpf der ›Dorothea‹ warfen die entfesselten Elemente mit zerschmetternder Gewalt auf die Barre. In gigantischem Kampf stießen hier zwei Brandungen zusammen, die der See von außen und eine neue, stärkere, welche die Wut der Explosion ihr von der Insel her entgegenwarf.
Was war geschehen? Als Professor Belian den Mann, den er von ganzem Herzen und von ganzer Seele haßte, an seinen Apparaten stehen und Aufzeichnungen machen sah, hatte ihn die Selbstbeherrschung verlassen. In jähem Impuls hatte er Feldstärken und Frequenzen eingestellt, bei denen auch der flüssige Wasserstoff, der die Spule kühlte, zu Bruch gehen mußte. Mit jähem Ruck, im Bruchteil einer Sekunde waren mehrere Kilogramm Wasserstoff atomistisch explodiert. In riesenhaften, unvorstellbar gewaltigen Mengen brach die freiwerdende Energie nach allen Seiten hin aus der Explosionsstelle hervor. In einem feurigen Flammenmeer war der Alte zusammen mit seinen Feinden zugrunde gegangen. —
Die Stunden verstrichen, Stunden, in denen sich die riesige, so plötzlich freigewordene Energiemenge im Raum ausbreitete, verdünnte und allmählich unschädlich wurde.
Einem Glücksfall verdankten Fritz, Klaus und Heinz ihr Leben. Die erste Explosionswelle hatte sie in den Schutz der Schanzkleidung des Schoners geschleudert. So war die wabernde Lohe über sie hingebraust, ohne sie zu verbrennen. Nur die Masten der ›Dorothea‹ und ihr Rumpf waren in Brand geraten. Die folgenden Sturzseen hatten das Feuer gelöscht.
Lange Zeit verfloß, bis den Geretteten die Besinnung zurückkam, sie sich schwerfällig, taumelnd erhoben und zu begreifen vermochten, was hier geschehen sein mußte.
Die ›Dorothea‹ lag auf der Korallenbarre mit zerschmetterten Rippen auf der Seite, den Kiel der offenen See zugewandt. Ihr Deck war um fünfundvierzig Grad gegen die Horizontale geneigt. Wild schäumend brachen sich die Wogen der Brandung an ihrem Rumpf. Bei jedem Wogenprall bewegte sich das Schiff wie ein weidwundes Tier ein wenig hin und her. Bei dem schweren Sturz war der Rumpf auf die zackige Krone der Barre aufgespießt worden. So mußte das Schiff hier liegenbleiben, bis in Wochen, in Tagen, vielleicht schon in Stunden die wütende Brandung ihr Zerstörungswerk vollendete, den Rumpf zerschlug und die einzelnen Trümmerstücke an das Ufer der Insel warf. Schon krachte es in den Holzverbänden bedenklich bei jeder neuen Woge, die ihren glasig grünen Leib in schwerem Anprall gegen den Rumpf des Schoners schmetterte.
»Wir müssen zur Insel!« Fritz schrie die Worte, um sich im Toben der Elemente verständlich zu machen.
»Dat ist woll klar!« schrie Klaus zurück, »aber wie rüber kommen?«
»Ein Floß bauen!« mischte sich Heinz ein.
Dicht zusammengedrängt berieten sie den Plan. Die Lage war nicht einfach. Die Entfernung bis zum Ufer war fast vierhundert Meter weit. Die Möglichkeit, daß Haifische vorhanden waren, schien nicht ausgeschlossen.
Klaus arbeitete sich zu einem der Eingänge hin, die unter Deck führten. Er behielt dabei keinen trockenen Faden am Leib, aber er erreichte den Eingang und verschwand unter Deck. Nach einiger Zeit kam er zurück, womöglich noch nässer als zuvor, in der einen Hand eine schwere Zimmermannsaxt, in der andern ein langes, kräftiges Schiffstau. Zunftgerecht knotete er das Seil mit dem einen Ende an das flache, muldenförmige Dach des Aufbaus, unter dessen Seeseite sie Schutz vor der Brandung gefunden hatten, und befestigte das andere Ende an die Reling der ›Dorothea‹. Dann schmetterte die Axt gegen den Aufbau. Ihre Schläge unterstützten das Zerstörungswerk der Wogen. Späne flogen, Holzverbände krachten. Noch ein letzter gewaltiger Schlag mit der Axt. Eine mächtige Woge riß das Dach ganz los und schleuderte es leewärts fort über die Reling in die See. Da schwamm es und wäre sofort von den Ausläufern der Brandung gegen das Land getrieben worden, wenn das Tau es nicht gehalten hätte.
»Jetzt noch etwas zum Rudern!« schrie Klaus und führte mit der Axt von neuem Schläge gegen die Ruine des Aufbaus. Drei Schläge nur und jeder der drei hielt
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