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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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seinem Kampf weit auseinander gestoßen hatte. Das große Maul klappte auf und zu, so daß es sich anhörte wie ein Beil auf einem Hackblock, und der dicke Schwanz peitschte hin und her, das Wasser zu Schaum aufrührend, und er klatschte so gewaltsam gegen die beiden Kanus, daß wir uns wunderten, wieso sie nicht in die Brüche gegangen waren. Wir standen neben dem Baum, an dem das andere Ende des Seiles festgebunden war, und jedesmal, wenn sich der Kaiman mit seinem ganzen Gewicht entgegenstemmte, hörten wir das straff gespannte Seil schwirren. Der Baum bebte und schwankte auch dann noch, als der Kaiman seine Bemühungen, sich zu befreien, plötzlich aufgab und unversehens ganz still in dem schäumenden Wasser lag, als ob er vollständig erschöpft wäre, und da beging ich eine große Dummheit.
    Ich packte das Seil mit beiden Händen, lehnte mich vor und begann das Seil einzuholen. Sowie der Kaiman die Bewegung spürte, erneuerte er seine Bemühungen mit äußerster Kraft. Der Strick spannte sich wieder, und ich wurde über den Rand der Böschung gerissen, so daß ich mehr oder weniger in der Luft hing, das heißt, meine Zehen berührten den äußersten Rand der Böschung, und meine Hände umklammerten das Seil. Ich wußte, daß ich nicht loslassen durfte; sonst wäre ich geradenwegs auf den schuppigen Rücken des Reptils gekracht, und wenn es mich dann nicht zwischen seine Kiefern genommen hätte, wäre mir bestimmt von einem Schlag seines mörderischen Schwanzes der Schädel eingeschlagen worden. Ich mußte mich also wohl oder übel an dem Seil festhalten, und endlich gelang es meinem Gefährten, es ebenfalls zu packen. Dadurch konnte ich auf der Böschung Fuß fassen und mich zurückhanteln, bis ich in Sicherheit war, worauf wir beide das Seil losließen.
    Sogleich lag der Kaiman wieder still, und wir hielten es fürs beste, zum Haus zurückzukehren und weitere Stricke zu holen, um ihn festzubinden. Das eine Seil, das ihm um den Hals lag, hätte er wohl im Lauf der Nacht zerrissen, und dann hätten wir das Nachsehen gehabt.
    Eiligst holten wir alle Sachen, die wir brauchten. Als wir mit zwei Laternen und mehreren Taschenlampen wieder beim Fluß ankamen, lag der Kaiman still und blinzelte uns mit seinen walnußgroßen Augen an. Als erstes mußten wir seine mächtigen, zahnbewehrten Kiefer außer Gefecht setzen; zu diesem Zweck ließen wir behutsam eine Schlinge hinunter, streiften sie ihm übers Maul, zogen sie fest an und banden das Ende an dem Baum fest. Während mein Freund mir leuchtete, kletterte ich in das eine Kanu, und nach beträchtlicher Mühe glückte es mir, eine zweite Schlinge über den . Schwanz des Kaimans zu streifen und sie bei den Hinterbeinen zuzuziehen. Auch dieses Seil wurde an dem Baum festgeknüpft. Mit der dreifachen Verschnürung gaben wir uns zufrieden und gingen zu Bett.
    Am folgenden Morgen begaben wir uns mit einigen Eingeborenen zum Flußufer. Wir hatten einen Plan ausgearbeitet, wie wir das Riesenreptil aus dem Wasser und auf die Höhe der steilen Böschung bekommen könnten, wo es dann von einem Jeep weiterbefördert werden sollte. Die Eingeborenen hatten eine lange, dicke Planke mitgenommen, die wir so unter den Kaiman schieben wollten, daß er längs darauf lag. Er war jedoch in so seichtem Wasser, daß wir ihm die Planke nicht unterschieben konnten, da sein Bauch im Lehm vergraben war. Es blieb uns nichts anderes übrig, als seine Fesseln zu lockern und ihn ein paar Meter ins tiefere Wasser hinauszustoßen, wo wir ihm die Planke leichter unterschieben konnten. Das gelang, und wir banden ihn auf der Planke fest.
    Die nächste Aufgabe bestand darin, ihn aus dem Wasser und die Böschung hinauf zu schaffen. Zwölf Mann hoch, brauchten wir dazu anderthalb Stunden, denn wir arbeiteten auf schlüpfrigem Lehm, und immer wenn wir die Planke mit dem schweren Kaiman glücklich ein paar Zentimeter hinaufgeschoben hatten, mußten wir eine Pause machen, und dann rutschte er zu unserer Verzweiflung wieder ein Stückchen hinunter. Es war harte Arbeit, aber zu guter Letzt hatten wir die Böschung überwunden, und der Kaiman lag oben auf dem kurzen grünen Gras, wo wir, von Kopf bis Fuß mit Lehm bedeckt und tropfnaß, höchst erfreut aufatmeten.

    Ein anderes Flußtier, das viel Ärgernis hervorrief, war der Zitteraal. Das geschah, als ich im Lande der Bäche meinem Gewerbe nachging. Ich war mit meinem Freund den ganzen Tag in einem großen Kanu draußen gewesen; stromauf und stromab hatten wir

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