Ein Noah von heute
beinahe meterhoch, und es ist ein wundervoller Anblick, wenn die Disteln blühen; dann scheint das grüne Gras von rotem Nebel bedeckt zu sein.
Die Jagd ist in diesem offenen Grasland nicht so einfach, wie man zuerst annehmen mag. Die Tiere leben nämlich in Erdlöchern und wagen sich nur bei Nacht hinaus. Außerdem gibt es sehr wenig Deckung in Form von Sträuchern oder Bäumen, und so kann die Beute den Jäger meistens schon von fern erspähen. Und wenn sie ihn nicht sieht, wird sie wahrscheinlich von dem schnellen Regenpfeifer gewarnt werden, der vom Standpunkt des Tiersammlers aus der lästigste Vogel der Pampa ist. Es ist ein sehr hübscher Vogel, ähnlich dem Kiebitzregenpfeifer der Alten Welt, mit seinem schwarzweißen Gefieder, und er tritt immer paarweise auf. Die Regenpfeifer haben bemerkenswert scharfe Augen und sind außerordentlich mißtrauisch; wenn irgend etwas Ungewöhnliches in ihrem Blickfeld auftaucht, stieben sie vom Boden auf und kreisen in der Luft, dabei ihr schrilles warnendes «Tlieji-tlieji-tlieji» ausstoßend, das jedes Tier meilenweit in der Runde auf der Hut sein läßt.
Zu den gewöhnlichsten Geschöpfen, die man in diesen großen Grasgebieten findet, gehört das Borstengürteltier. Diese Hartgürteltiere leben in gangförmigen, selbstgegrabenen Höhlen, die sich bis zu zehn oder dreizehn Meter unter der Erdoberfläche erstrecken können, und wenn das Borstengürteltier, das nachts hervorkommt, durch irgend etwas gestört oder beunruhigt wird, stürzt es schnurstracks zu seiner Höhle und verschwindet in Sicherheit. Natürlich muß man sich nachts auf die Jagd begeben, vorzugsweise in einer mondlosen Nacht.
Wir ritten von der Ranch, wo wir uns aufhielten, zu einer möglichst weit abgelegenen Stelle. Von dort folgten wir, bewaffnet mit Taschenlampen, zu Fuß den Jagdhunden, die sich darauf verstanden, die Gürteltiere aufzustöbern. Man muß sehr schnell laufen können, wenn man Gürteltiere jagen will, denn die Hunde springen meistens voraus und rennen kreuz und quer mit der Nase am Boden. Sowie sie ein Gürteltier gefunden haben, geben sie Laut, worauf die Beute zur sicheren Höhle zurückrast. Ist die Höhle in der Nähe, so besteht kaum eine Möglichkeit, das Tier zu fangen.
Als wir zum erstenmal auf Borstengürteltiere Jagd machten, fingen wir gleichzeitig einige andere Exemplare der Pampafauna.
Wir hatten etwa drei Kilometer zurückgelegt, sorgsam die großen Disteln meidend, die wie die Spieße eines Stachelschweins stechen konnten, wenn man ihnen zu nahe kam, da hörten wir plötzlich die Hunde weiter vorn bellen. Sofort schlugen wir alle einen Laufschritt an, stolperten und sprangen über die Grasbüschel und wanden uns zwischen den Disteln durch. Es war so dunkel, daß ich mehrmals geradenwegs in einen Distelbusch lief, so daß ich vollständig zerstochen war, als ich die Stelle erreichte, wo die Hunde ihre Beute umtanzten. Sie drängten sich in ehrerbietigem Abstand um irgend etwas im Gras. Im Schein unserer Taschenlampen sahen wir ein Geschöpf von der ungefähren Größe einer Katze sehr trotzig dort stehen; es hatte ein glänzendes Fell von schwarzer Grundfarbe und vom Scheitel bis zum Schwanz über den Rücken laufend eine weiße Streifenzeichnung. Es war ein Surilho, das Stinktier Südamerikas.
Es beobachtete uns ohne eine Spur von Unruhe, offensichtlich überzeugt, daß es mit uns und den Hunden leicht fertig werden könnte. Ab und zu schnaubte es ein wenig, und dann vollführte es ein paar kleine Sprünge auf uns zu. Wenn wir uns zu nahe heranwagten, zeigte es uns sein Hinterteil, wobei es warnend über die Schulter blickte.
Die Hunde, die recht gut wußten, daß das Stinktier sie mit seinem übelriechenden Sekret bespritzen konnte, hielten klug Abstand; doch als es allzusehr prahlte, ergriff einer der Hunde bedenkenlos die Gelegenheit, vorzustoßen, und versuchte nach ihm zu schnappen. Das Stinktier sprang bolzengerade in die Luft und drehte sich in der gleichen Bewegung um, so daß es dem Hund das Hinterteil zukehrte, und in der nächsten Minute wälzte sich der Hund winselnd im Gras und rieb sich mit den Pfoten das Gesicht, während die kalte Nachtluft vom durchdringendsten und denkbar widerlichsten Gestank erfüllt wurde.
Obwohl wir etwas entfernt standen, wichen wir hustend und keuchend zurück, und die Tränen liefen uns über die Wangen, als ob wir mit tiefem Atemzug an einer Flasche Ammoniak gerochen hätten.
Nach dieser Machtentfaltung trabte das
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