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Ein pikanter Köder

Ein pikanter Köder

Titel: Ein pikanter Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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hätten sie einander noch nie gesehen.«
    »Falls es sich wirklich um ein Stelldichein handelt, warum setzen sich die beiden dann nicht lieber hier oben hin?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht befürchten sie, ihr Zusammentreffen könnte dann zu intim wirken...Jetzt geht sie mit ihrem Tablett los. Passen Sie auf, sie wird sich einen Tisch für zwei Personen aussuchen.«
    »Na, daran ist doch nichts Außergewöhnliches. So ziemlich jede Frau, die allein in einem Lokal ißt, setzt sich -«
    »Warten Sie. Beobachten Sie jetzt den Mann. Er geht gerade durch die Kontrolle.«
    Der Mann, den Maybe anpeilte, stellte sein Tablett an der Kasse ab, bezahlte und wanderte dann ziellos von einem Tisch zum anderen. Schließlich geriet er in die Nähe des Zweiertischchens, an dem die Frau saß, verbeugte sich höflich und sagte etwas. Vermutlich erkundigte er sich bei ihr, ob der andere' Stuhl noch frei sei. Die Frau nickte, ohne ihn weiter zu beachten. Sie war nicht direkt unfreundlich, verhielt sich jedoch kühl und sehr reserviert. Der Mann nahm Platz, und beide beschäftigten sich mit ihrem Essen.
    »Na, was sagen Sie nun?« May sah mich triumphierend an.
    »Daß Sie entweder telepathische Fähigkeiten haben oder mir einen dicken Bären aufbinden wollen. Ich bin kein heuriger Hase mehr und von Berufs wegen darauf gedrillt, Leute zu beobachten und aus ihrem Verhalten gewisse Schlüsse zu ziehen. Aber den beiden da unten hätte ich niemals angemerkt, daß sie verabredet waren.«
    »In solchen Sachen irre ich mich nie. Ich hab’ förmlich einen sechsten Sinn dafür.«
    »Blech! Klettern Sie lieber vom hohen Roß und rücken Sie mit der Wahrheit heraus. Solche Mätzchen verfangen bei mir nicht.«
    Sie machte ein Gesicht, als würde sie gleich anfangen zu weinen. »Ja, aber Donald, haben Sie denn gar kein Vertrauen zu mir?«
    »Bestimmt nicht, solange Sie mir die Hucke volllügen.«
    »Dann bin ich...« Sie starrte auf ihren Teller hinunter. »Also, ich dachte, ich würde Sie mögen...aber jetzt...«
    Ich wartete, aber es kam nichts mehr. »Sprechen Sie weiter.«
    »Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher...ich weiß nicht mal, ob mir überhaupt noch was dran liegt, Ihnen in der Sache mit dem Telegramm einen Tip zu geben.«
    Sie hüllte sich in gekränktes Schweigen und stocherte mißmutig auf ihrem Teller herum. Ich ließ Messer und Gabel sinken und sah sie forschend an.
    »Hören Sie auf damit, Donald, bitte!«
    »Womit?«
    »Mich mit Ihren Blicken zu sezieren. Ich bin schon ganz kribblig.«
    »Okay. Aber dann hören Sie gefälligst auch mit Ihrem Theater auf. Das macht mich nämlich auch kribblig.«
    Ich konzentrierte mich wieder auf das Paar, das Maybe für heimliche Liebesleute hielt. Daß die zwei verheiratet waren, allerdings nicht miteinander, konnte stimmen. Der Mann war schätzungsweise 45 bis 50 Jahre alt, hatte volles Haar, und seine resignierte Miene schien anzudeuten, daß er sein ganzes bisheriges Leben seiner Vorstellung vom Glück nachgejagt war, nur um schließlich herauszufinden, daß es sie gar nicht gab. Seine Schultern waren unter dem Gewicht einer unsichtbaren Last leicht gebeugt. Er war groß und schlank und strahlte eine lässige, unaufdringliche Würde aus. Sein Anzug stammte von einem erstklassigen Schneider. Eine Ahnung sagte mir, daß der Bursche reich war und zur Prominenz gehörte.
    Der Mann führte das große Wort, und sie hörte zu. Aufs Zuhören verstand sie sich, aber in der Augensprache war sie eine Expertin. Sie blickte ihren Gefährten vertrauensvoll an, lächelte, senkte die Lider, ließ ihre Wimpern flattern und wandte sich ab. Das Spielchen wiederholte sich mit immer neuen Variationen. Ihr Alter war schwer abzuschätzen. Ich tippte auf Ende Zwanzig. Es tat mir jetzt leid, daß ich sie mir vorhin nicht gründlicher angesehen hatte. Soweit ich mich erinnerte, war sie gut gewachsen.
    Als ich meine Augen schweifen ließ, entdeckte ich plötzlich Bernice Clinton. Ihr Anblick versetzte mir einen Schock. Sie saß allein an einem Ecktisch und beobachtete das Paar, mit dem ich mich auch gerade beschäftigt hatte. Ihre Miene war angsteinflößend, und wenn Blicke töten könnten, dann wäre die Frau, die sie aufs Korn nahm, schon längst entseelt zu Boden gesunken.
    Ich hatte Bernice nicht hereinkommen sehen. Allerdings hatte ich mich kaum um die übrigen Gäste gekümmert. Aber wenn sie von Anfang an da gewesen wäre, hätte ich sie vermutlich bemerkt. Fragt sich nur, ob sie mich etwa auch erspäht

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