Ein pikanter Köder
versetzen?«
»Das - das geht nicht so ohne weiteres. Es würde ihn furchtbar kränken und...na, höchstwahrscheinlich würde er es hintertreiben. Ich - ich habe Angst vor ihm.«
»Liebt er Sie denn wirklich?«
»Ja, auf eine verrückte, puritanische, heimlichtuerische Art.«
»Gut, Maybe, ich werde an Sie denken. Falls ich was hören sollte, geb’ ich Ihnen Bescheid. Leider kann ich Sie nicht zum Telegrafenbüro zurückfahren. Ich hab’ was anderes vor.«
»Macht nichts. Ich laufe sowieso lieber. Wir hätten uns nicht auf der Straße treffen dürfen. Wenn er uns zusammen gesehen hat, dann jammert er mir nachher wieder was vor.«
»Zum Kuckuck, hören Sie doch endlich mal mit dem Theater auf! Sie können doch nicht Ihr ganzes Leben lang auf die mimosenhaften Gefühle Ihres Chefs Rücksicht nehmen.«
»Eben, und deshalb möchte ich gern weg.«
»Wie heißen Sie mit Nachnamen?«
»Hines. H-i-n-e-s.«
»Warum haben Sie vorhin so geheimnisvoll getan, als ich Sie danach fragte?«
»Mein Gott, Donald, ich wollte Eindruck auf Sie machen. Sie sollten nicht denken, daß ich mich von jedem einladen und ausfragen lasse. Ich wollte Sie näher kennenlernen, weil Sie mir vom ersten Moment an gefallen haben.« Sie sah auf ihre Uhr. »Ich muß gleich gehen, Donald. Ich trau’ mich nicht, auch nur eine Minute zu spät zum Dienst zu kommen.«
»Für ein paar Fragen reicht’s noch. Sie brauchen mir nicht zu antworten, wenn Sie nicht wollen. Aber wenn Sie was sagen, dann halten Sie sich strikt an die Wahrheit. Verstanden?«
»Ja. Ich werde Sie nicht mehr anschwindeln, das verspreche ich Ihnen.«
Ich blickte sie fest an. »Hat Ihnen Ihr Chef nachgestellt?«
Sie schlug die Augen nieder und zögerte. »Ja.«
»Hatte er Erfolg?«
»Ja.«
»Fürchten Sie sich deshalb vor ihm?«
»Ja.«
»Das ist besser.«
»O Donald, was haben Sie bloß mit mir gemacht! Es war nicht fair, wie Sie mir das abgeluchst haben! Ich...Falls seine Frau jemals dahinterkäme...das wäre schrecklich -«
»Wenn Sie Wert auf meine Hilfe legen, müssen Sie Ihre dummen Mätzchen beiseite lassen. Ich weiß nicht, was Sie wollen. Sie haben dieses ganze alberne Getue doch gar nicht nötig.«
»Allmählich kriege ich direkt Angst vor Ihnen.«
»Fein. Das wird Sie künftig vielleicht zur Aufrichtigkeit anhalten. Sie wären eine gute Märchentante. Aber man soll nichts übertreiben.«
»Na, ich finde, ich war einfach verheerend ehrlich. Sie haben mich richtig überrumpelt.«
Während meines Gesprächs mit Maybe hatte ich mich ab und
zu vergewissert, daß das interessante Dreigespann - Bernice Clinton und das heimlich verabredete Paar - noch anwesend war. Nun schob die Frau ihr Tablett zurück, erhob sich, ohne ihren Partner auch nur eines Blickes zu würdigen, und eilte auf den Ausgang zu.
»Ich muß Sie jetzt Ihrem Schicksal überlassen, Maybe. Da unten tut sich was.« Ich stand auf, klopfte dem Mädchen auf die Schulter und sauste die Treppe hinunter.
Da ich kein Verlangen danach hatte, Bernice Clinton über den Weg zu laufen, verdrückte ich mich durch den Seitenausgang. Mein Wild überquerte gerade die Straße und ging auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig stadteinwärts. Ich folgte ihr in einem Abstand von etwa zehn Metern, unbekümmert darum, ob sie mich bemerkte.
Fünf Minuten später überholte uns ein Wagen, ein Oldsmobile. Am Lenkrad saß der Mann, mit dem sie sich im Schnellimbiß getroffen hatte. Er fuhr vorbei, ohne sie zu grüßen, und sie wandte nicht einmal den Kopf. Ich warf einen raschen Blick auf die Wagennummer. Sie lautete: JYJ 114.
Wir wanderten noch zwei Blocks weiter bis zu einer Bushaltestelle, und ich stieg unmittelbar hinter ihr in den Bus ein. Inzwischen mußte ihr aufgegangen sein, daß ihr ein Mann nachstieg, aber sie verzog keine Miene. Vermutlich war sie daran gewöhnt, oder sie war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um auf ihre Umgebung zu achten.
Meine Verfolgungsjagd endete in einem Bürohaus, einem großen Kasten aus Glas und Beton. Wir betraten den Lift hintereinander und standen uns zum erstenmal Auge in Auge gegenüber. »Siebte Etage«, sagte sie zum Fahrstuhlführer. Als ich nur nickte, senkte sie verschämt den Kopf, wie man das von einer Frau, die von einem Schürzenjäger angepirscht wird, erwartet.
Im siebten Stockwerk schwenkten wir nach links, sie voran und ich immer drei Schritte hinter ihr her. Sie sah sich nicht um und gab durch nichts zu erkennen, daß sie sich meiner Nähe bewußt
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