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Ein pikanter Köder

Ein pikanter Köder

Titel: Ein pikanter Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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nachschlagen wollte, stellte ich fest, daß es die Straße gar nicht gibt. Den Namen übrigens auch nicht.«
    »Warum sind Sie so reserviert?«
    »Wir haben unsere Vorschriften, Mr. Lam.«
    »Sicher, und ich habe meine Probleme. Vielleicht können wir Ihre Vorschriften meinen Problemen anpassen.«
    Sie dachte darüber nach, sah mich an und wandte die Augen hastig ab.
    »Oder sind Sie vielleicht für eiserne Disziplin?«
    »Nein.« Sie vergewisserte sich mit einem raschen Blick über die Schulter, ob der Mann am Fernschreiber uns beobachtete. »Was möchten Sie denn sonst noch wissen?«
    »Erzählen Sie mir zunächst mal, warum das Telegramm Ihren Argwohn erregte und warum Sie die Angaben des Absenders nachprüften. Oder schlagen Sie jedesmal im Telefonbuch nach?«
    »Nein. Aber es war eigentlich nicht Mißtrauen, wenigstens nicht am Anfang. Zuerst war ich bloß neugierig.«
    »Weshalb?«
    Wieder ein wachsamer Blick über die Schulter. »Ich kannte die junge Frau, die das Telegramm aufgab, vom Sehen. Sie erinnerte sich nicht an mich, aber wir haben ein paarmal im gleichen Lokal zu Mittag gegessen.«
    »In welchem Lokal?«
    »In einem Schnellimbiß, ungefähr vier Blocks weiter unten an der Straße.«
    »Sie wissen nicht, wie sie heißt?«
    »Nein.«
    »Können Sie sie beschreiben?«
    »Ich dürfte Ihnen das alles eigentlich gar nicht erzählen, Mr. Lam. Und...also, man wird sich wundern, warum ich mich so lange bei Ihnen auf halte.«
    »Ich sehe hier nur einen einzigen Mann, der sich wundern könnte.«
    »Den meine ich. Er ist mein Chef.«
    »Wann gehen Sie zum Lunch?«
    »Um halb eins.«
    »Ich warte draußen auf Sie. Wir gehen in den Schnellimbiß. Vielleicht können Sie mir die betreffende junge Dame zeigen. Und falls sie nicht da ist, können Sie sie mir beschreiben.«
    Ich nickte ihr zu und wandte mich ab.
    »Wollen Sie denn nicht wenigstens meine Antwort abwarten? Sie wissen ja noch gar nicht, ob ich einverstanden bin.«
    »Wenn es ein Ja ist, brauche ich es nicht zu hören, und wenn es ein Nein ist, will ich es nicht hören.«
    »Klingt ganz poetisch.« Sie lächelte. »Also bis halb eins. Wir treffen uns am besten einen halben Block weiter unten.«
    Ich mußte die Zeit bis zum Lunch irgendwie totschlagen. Zur Agentur wollte ich nicht zurückfahren. Deshalb begab ich mich zu der Imbißstube, besah sie mir von außen und innen, entdeckte eine Telefonzelle und erledigte einige Anrufe, die mir eine Menge Laufereien ersparten. Dann ging ich zum Agenturwagen zurück, parkte ihn einen halben Block vom Telegrafenbüro entfernt am Rinnstein und faßte mich in Geduld.
    Sie war auf die Minute pünktlich. Ich stieg aus und hielt ihr die Wagentür auf. Dann klemmte ich mich wieder hinters Lenkrad und sagte: »Meinen Namen kennen Sie. Wie heißen Sie?«
    »May.«
    »Nur May und sonst nichts?«
    »Meine Freunde nennen mich Maybe.«
    Ich zog erstaunt eine Braue hoch.
    »Das B bedeutet Bernadine. May Bernadine - Maybe. Verstehen Sie?«
    »Und wie geht’s weiter?«
    »Maybe genügt«, erwiderte sie und musterte mich forschend.
    »Warum waren Sie vorhin so reserviert? Hat der Chef Sie auf dem Kieker?«
    »So kann man’s auch ausdrücken.« Sie fügte mit erbitterter Miene hinzu: »Ich wollte, er hätte mich auf dem Kieker. Dann könnte ich ihm wenigstens meine Meinung sagen.«
    »Hat er zuviel für Sie übrig?«
    »Leider. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und ist bis über beide Ohren in mich verliebt.«
    »Stellt er Ihnen nach?«
    »Nein, leider nicht. Ich meine damit, wenn er das täte, würden wir uns aussprechen und zu irgendeiner Verständigung kommen. Aber das Ganze ist gräßlich verkorkst.«
    »Wie äußern sich denn seine Gefühle?«
    »Gar nicht.«
    »Das geht über meinen Horizont.«
    »Ich weiß nicht mal, ob er weiß, daß er in mich verliebt ist. Ob er’s sich eingesteht, meine ich. Er steckt voller Komplexe und Skrupel und traut sich nicht, offen und natürlich über seine Gefühle zu sprechen. Und wenn ich mich mit irgendeinem netten, gutaussehenden jungen Mann am Schalter unterhalte - schließlich muß man die Kundschaft höflich behandeln -, da wird er unausstehlich und macht eine Szene. Guter Gott, Ihretwegen mußte ich vorhin direkt ein Kreuzverhör über mich ergehen lassen.«
    »Was haben Sie ihm über mich erzählt?«
    »Dasselbe, was ich ihm immer erzähle. Ich tische ihm eine Erklärung auf, die ihn zufriedenstellt und mir eine Atempause verschafft. Aber die Situation wird von Tag zu Tag

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