Ein Pony auf großer Wanderung
etwas für dich“, sagte der Lehrer, „natürlich nur, wenn du Lust dazu hast.“
„Einen Job?“
„Ja, so könnte man es nennen.“
„Und was ist es?“
„Es dreht sich um Erik. Seine Eltern haben bei mir angefragt, ob du nicht Lust hättest, in den Ferien ihr Gast zu sein und dich um Erik zu kümmern. Sie würden dafür sorgen, daß es nicht langweilig wird, euch ein bißchen herumfahren, Theater- und Kinokarten besorgen, ihr könntet mal ins Museum gehn , einen Stadtbummel machen... Und darüber hinaus könntest du Erik jeden Tag eine Reitstunde geben.“
Peters Augen leuchteten auf.
„Das würde ich wahnsinnig gerne tun! Erik ist echt ein prima Kerl, so gescheit und erwachsen. Keine Spur von Selbstmitleid. Und man kann sich super mit ihm unterhalten, er interessiert sich für alles. Sollte mich nicht wundern, wenn der mal ein bekannter Wissenschaftler wird oder so was. Aber“, Peter zögerte, „das ist ein Job, für den es kein Geld gibt, oder? Es ist nur die Einladung, wohnen, essen und die Unternehmungen? Ich meine, ich finde das toll, ich würde da auch gar keine Bezahlung haben wollen. Nur wenn ich die Chance habe, irgendwo Geld zu verdienen, dann muß ich das machen. Sie wissen doch, Herr Albert, ich brauche jeden Pfennig, um mir das Geld für mein Pferd zusammenzusparen. “
„Das habe ich Eriks Eltern auch schon gesagt, und ich kann dir versprechen, daß du zufrieden sein wirst.“
„Ja dann — dann fände ich das natürlich super! In Godenfelde wohnen und jeden Tag zum Reiten herüberkommen können! Spitze!“
„In einer halben Stunde kommen Erik und seine Freunde zum Reitunterricht. Ich schlage vor, wir lassen ihn heute mal nicht mit dem Bus zurückfahren, sondern ich bringe euch beide direkt nach Godenfelde , dann kannst du alles mit Eriks Eltern besprechen. Ich werde gleich mal drüben anrufen und sie vorwarnen.“
„Okay, prima!“
Peter ging in seine Klasse zurück, um den Rest der Hausaufgaben zu erledigen, aber in seinem Kopf sang und klang ein ganzer Jubelchor mit Orchester. Die Ferien hatten wie ein riesiger, unübersteigbarer Berg vor ihm gelegen. Graue Herbsttage in der Hochhausetage, fern von den Pferden. Seine Eltern waren erst kürzlich in eine andere Stadt umgezogen, in der er noch niemanden kannte. Das Geschäft, das sie übernommen hatten, ging gut, aber sie hatten kaum eine Minute Freizeit.
Das alles brauchte ihn jetzt nicht mehr zu kümmern. Er durfte hierblieben, in dem behaglichen Gutshaus von Godenfelde , bei einem Jungen, mit dem ihn schon jetzt eine herzliche Freundschaft verband. Und wenn er darüber hinaus noch ein bißchen Geld verdienen konnte, war’s noch besser.
Gleich nach der Reitstunde verstauten sie Eriks Rollstuhl in Ignaz Alberts uraltem Mercedes-Diesel. Ignaz der Schreckliche hob Erik auf den Beifahrersitz und winkte Peter, sich hinter ihn auf den Rücksitz zu setzen. Ahnungsvoll zog Peter die Beine auf den Sitz, und richtig, als der Lehrer sich hinter das Lenkrad fallen ließ, drückte sich die Lehne unter seinem Gewicht quietschend bis an die hintere Sitzbank.
„Hast du Platz genug?“ fragte Ignaz der Schreckliche und blinzelte Peter durch den Rückspiegel an.
„O ja, danke! Reichlich!“ log Peter fröhlich .
„Na, dann los.“
Schaukelnd setzte sich das schon als Antiquität zu bezeichnende Gefährt in Bewegung, und bald darauf bogen sie in die von alten Eichen gesäumte Auffahrt ein, die auf das prächtige Gutshaus zuführte.
„Alles ziemlich herrschaftlich hier“, brummte Ignaz der Schreckliche. „Vielleicht hätte ich mir doch besser eine Krawatte umbinden sollen.“
Erik lachte. „Der äußere Eindruck täuscht. Mein Urgroßvater war noch ein ziemlich reicher Mann mit vielen Bediensteten und ständig einem Haufen Gäste. Aber das ist lange her, und bei uns geht es ganz normal zu. Sehen Sie da drüben die vielen flachen Gebäude mit den großen Volieren dahinter? Das sind die Hühnerställe, die haben meine Eltern bauen lassen. Im ehemaligen Schweinestall ist die Kükenaufzucht untergebracht, und in dem roten Backsteingebäude dort ist die Packstelle.“
„Sieht alles sehr gepflegt aus“, lobte Ignaz Albert die Anlage. „So, da wären wir.“
Peter holte den Rollstuhl aus dem Kofferraum und half Erik beim Aussteigen. Neben der Treppe, die zum Eingang hinaufführte, hatte man eine Rampe gebaut, und die beiden Gäste durften bestaunen, wie schnell und geschickt Erik seinen Rollstuhl dort hinauflenkte. Er öffnete die
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