Ein Prinz wie aus dem Maerchen
ungehobelter
Stiefvater Percy waren ein raffiniertes, geldgieriges Trio, das
keinerlei Skrupel kannte, wenn es um Profit ging. Wie viele andere
Männer mochte Faye für dumm verkauft haben? Wie viele Leben
hatte Percy durch Erpressung und kriminelle Geschäftspraktiken
ruiniert? Und nun hatte sich herausgestellt, dass Adrian, den Tariq
bislang als Einzigen für ehrenhaft gehalten hatte, genauso
korrupt war. Solche Leute gehörten bestraft.
Tariq
malte sich aus, wie ein Falke, der Wappenvogel seiner Familie, hoch
über der Wüste kreiste und nach Beute Ausschau hielt. Ein
bitteres Lächeln umspielte seine wohlgeformten Lippen.
Eigentlich gab es keinen Grund, warum er die Lage nicht ausnutzen und
gleichzeitig ein bisschen Spaß haben sollte.
Schweigend
saß Faye neben ihrem Stiefvater im Taxi. Ihre zierliche Gestalt
verschwand fast neben dem hünenhaften Mann.
Obwohl
es erst Vormittag war, herrschte drückende Hitze, und Faye war
nach dem langen Nachtflug von London erschöpft. Der Wagen raste
mit ihnen durch die breiten alten Straßen von Jumar zum
Gefängnis, wo ihr Bruder Adrian festgehalten wurde. Wäre
sie nicht besorgt um Adrian und so knapp bei Kasse gewesen, hätte
sie sich rundheraus geweigert, das Taxi mit Percy Smythe zu teilen.
Es
erschütterte sie nach wie vor, dass sie eine so abgrundtiefe
Abneigung gegen einen Menschen hegen konnte. Loyalität der
Familie gegenüber war ihr stets äußerst wichtig
gewesen, doch sie würde Percy nie verzeihen, dass er sie in den
Schmutz gezogen und jegliches Vertrauen zerstört hatte, das
Prinz Tariq ibn Zachir ihr je entgegengebracht hatte. Genauso wenig
konnte sie verwinden, dass sie zu verliebt gewesen war, um auch nur
eine Sekunde über Tariqs unerwarteten Heiratsantrag vor zwölf
Monaten nachzudenken.
"Es
ist reine Zeitverschwendung." Ungeduld spiegelte sich auf Percys
feistem, verschwitztem Gesicht. "Du musst dich mit Prinz Tariq
treffen und Adrians Freilassung verlangen!"
Faye
wurde noch eine Spur blasser. "Das kann ich nicht."
"Willst
du etwa, dass Adrian sich eine dieser ekelhaften Infektionen einfängt
und den Löffel abgibt?" fragte er mit brutaler Offenheit.
"Du weißt, dass er nie besonders kräftig war."
Ihr
Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen, denn die melodramatische
Warnung war mehr als berechtigt. Als Kind hatte Adrian unter Leukämie
gelitten, und obwohl er davon genesen war, neigte er noch immer dazu,
sich überall anzustecken. Seine schwache Gesundheit hatte
letztendlich seine Karriere bei der Armee beendet und ihn gezwungen,
seine Zukunft neu zu planen und sich in geschäftliche Abenteuer
zu stürzen, die zu seiner momentanen Misere geführt hatten.
"Die
Leute vom Auswärtigen Amt haben uns versichert, dass er gut
behandelt wird", erinnerte Faye den älteren Mann kühl.
"Insoweit
als er auf unbegrenzte Zeit eingesperrt ist! Wäre ich
abergläubisch, würde ich meinen, dass dein Wüstenkrieger
uns das ganze letzte Jahr mit einem Fluch belegt hat",
beschwerte Percy sich bitter. "Ich hatte damals eine
Glückssträhne, habe haufenweise Geld verdient, und sieh
mich jetzt an – ich bin praktisch ruiniert."
Du
hast es nicht anders verdient, dachte Faye resigniert. Ihr Stiefvater
würde über Leichen gehen, um seinen Vorteil zu sichern. Mit
einer einzigen Ausnahme: Adrian war ihm sonderbarerweise so lieb wie
ein eigener Sohn. Es war eine Ironie des Schicksals, dass Percy
seinen eigenen Wohlstand für den – wenn auch vergeblichen
– Versuch geopfert hatte, die Firma ihres Bruders zu retten.
Das
Gefängnis lag außerhalb der Stadtgrenze in einer düsteren
Festung, die von hohen Mauern und Wachtürmen umgeben war. Sie
mussten sich eine Weile gedulden, bis man sie in einen Raum brachte,
in dem eine Stuhlreihe vor einer massiven Glaswand aufgestellt war.
Der
nächste Schock erwartete sie, als Adrian hereingeführt
wurde. Er hatte an Gewicht verloren, und die Gefängniskleidung
schlotterte um seinen hageren Körper. Sein aschfahles Gesicht
erschreckte sie – ihr Bruder sah keinesfalls gesund aus. Seine
Augen waren gerötet, und er mied ihren Blick.
"Du
hättest nicht herkommen dürfen", flüsterte er ins
Telefon, mit dessen Hilfe sie sich unterhalten konnten. "Das
hier ist mein Problem. Ich war zu dreist und habe mich überschätzt.
Ich habe Lizzies Kaufwut nicht gebremst. Es ist der Lebensstil hier …
Man verliert irgendwie den Verstand, wenn man versucht, mit den
Einheimischen Schritt zu halten."
Percy
entriss Faye den Hörer. "Ich
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