Ein Ring aus Asche
wie er funktionieren würde, was er mit uns oder ihnen anstellen würde.«
»A bgesehen davon, dass wir unsterblich würden«, erwiderte Thais.
»J a, genau. Abgesehen davon. Zumindest behaupten sie das. Aber ich habe noch nie von so etwas gehört.«
»L uc sagte, er würde gerne sterben.« Thais sah mich nicht an. »E r sei der Unsterblichkeit müde und würde gerne sterben.«
Luc. Würde ich jemals nicht zusammenzucken, wenn ich seinen Namen hörte? Luc-André. Ich hatte ihn als André kennengelernt. Thais als Luc. Jede von uns war mit ihm ausgegangen, hatte ihn geküsst, sich in ihn verliebt. Er hatte uns zweifach betrogen: einmal miteinander und dann aufgrund der Tatsache, dass er ein Mitglied der Treize war. Sogar jetzt, während die Wut noch in mir brannte, sehnte sich ein Teil von mir nach ihm und wünschte, er würde mir gehören. Mir und nicht Thais.
Aber er liebte sie.
Ich schluckte schwer. »I ch wäre bereit, ihm dabei zu helfen.«
Thais warf mir einen scheelen Blick zu, doch der Ausdruck verschwand sogleich wieder von ihrem Gesicht. »G laubst du, er meint es ernst?«
Ich erwiderte ihren Blick. »K ümmert dich das?«
Schweigend wandte sie sich ab.
Ich holte tief Luft und schob meine Schüssel von mir weg. »W ürdest du unsterblich sein wollen?«
»I ch weiß es nicht.«
»W ir sollten uns langsam darüber klar werden. Jetzt, wo wir sie alle kennengelernt haben– wer aus der Treize versucht, uns zu töten?«
»W enn es überhaupt jemand aus der Treize ist. Sicher wissen wir es nicht«, betonte Thais.
»O kay«, stimmte ich zu. »A ber sie sind die Hauptverdächtigen. Ich meine, die Angriffe waren ganz eindeutig magischer Natur.« Seit Thais nach New Orleans gezogen war, hatte irgendjemand versucht, ihr und mir etwas anzutun. Zunächst hatte alles nach einer Serie von »U nfällen« ausgesehen, doch als uns dieser Jemand– wer auch immer es war– einen wütenden Wespenschwarm auf den Leib gehetzt hatte, hatten wir kapiert, dass eine Verbindung zu den anderen missglückten Anschlägen bestehen musste.
»J a, du hast recht. Also dann. Einer aus der Treize. Aber nicht Petra«, sagte Thais.
»N ein. Und auch nicht Axelle, Daedalus oder Jules«, fügte ich hinzu und nannte damit drei der Hexen und Hexer, die wir vor Kurzem kennengelernt hatten. »S ie hätten problemlos die Möglichkeit dazu gehabt.« Seit ihr– unser– Dad gestorben war, hatte Thais bei Axelle gelebt.
»U nd auch nicht Ouida. Hoffe ich.« Thais wirkte beunruhigt. »I ch fand sie wirklich nett. Obwohl ich ein gemeinsames Abendessen einfach nicht mehr geschafft hätte– nach der ganzen Sache.«
»N ein, Ouida bestimmt nicht. Und Sophie und Manon waren gerade erst in die Stadt gekommen«, sagte ich. »A lso können wir sie ebenfalls ausschließen.«
»U nd die, die noch nicht hier sind, wie heißen die gleich? Marcel? Und… Claire? Die beiden waren es auch nicht.«
Ich nickte, erhob mich und schnappte mir ein Blatt Papier und einen Stift, um alle diejenigen aufzuschreiben, die wir auf die »U nschuldig«-Liste gesetzt hatten. »W er ist noch übrig?«
Thais dachte nach. »D u, ich und Richard«, sagte sie. Sie sprach den Namen »R iii-schar« aus. »U nd Luc.«
»R ichard hat doch ebenfalls oft bei Axelle rumgehangen, oder nicht? Also war er’s wahrscheinlich auch nicht. Und wir sowieso nicht«, sagte ich. Ich schaute auf das Papier. Blieb nur Luc, aber das war nicht möglich. Nicht zu glauben. Oder? »W arte– was, wenn Axelle, Jules, Richard oder Daedalus nur deshalb nicht versucht haben, dich in Axelles Wohnung zu töten, weil es zu offensichtlich gewesen wäre? Damit sind sie nicht unbedingt außer Verdacht.«
»A ber es war doch Axelle, die mich aus meinem Traum gerettet hat«, widersprach Thais. »S ie hat mich davon abgehalten, mich selbst zu erwürgen.«
Ich sah sie an. »S o hat sie es dir erzählt. Aber besteht nicht die Möglichkeit, dass sie in Wirklichkeit genau das Gegenteil getan und das verdrehte Bettlaken um deinen Hals geschlungen hat? Nur, dass du dann aufgewacht bist und sie davon abgehalten hast?«
Thais runzelte die Stirn. »I ch weiß nicht.« Sie seufzte und blickte auf die Uhr. Fast zwei. »D amit bleiben noch Richard, Luc und die besagten drei. Und Richard ist nicht bloß ein seltsamer Fünfzehnjähriger mit Tattoos und einer gepiercten Augenbraue. Er ist erwachsen. Ein sehr alter Erwachsener in einem Jungenkörper.«
Ich zwang mich, es auszusprechen: »W as ist mit Luc? Er hat uns in
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